Gesetzestext
1Familienrechtliche Unterhaltsansprüche gegen den Schuldner können im Insolvenzverfahren für die Zeit nach der Eröffnung nur geltend gemacht werden, soweit der Schuldner als Erbe des Verpflichteten haftet. 2§ 100 bleibt unberührt.
1. Systematik und Regelungszweck
Rn 1
§ 40 regelt Ansprüche von Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Schuldner. Abweichend von dem in § 38 normierten Grundsatz, dass Insolvenzforderungen dem Grunde nach bereits vor Verfahrenseröffnung rechtlich begründet worden sein müssen, beinhaltet § 40 Satz 1 eine Sonderregelung für bestimmte familienrechtliche Unterhaltsansprüche.
Die Begründung von Unterhaltsansprüchen erfolgt nicht zu einem bestimmten Stichtag; vielmehr werden diese Verbindlichkeiten laufend neu begründet. Es handelt sich somit um sog. Wiederkehrschuldverhältnisse, die für die Zeit nach Verfahrenseröffnung sowohl als Insolvenzforderungen im Rang nach § 38 als auch als Masseverbindlichkeiten nach § 55 ausscheiden. Sie nehmen als Neugläubiger nicht am Verfahren teil und werden auch nicht von einer etwaigen Restschuldbefreiung nach Abschluss des Verfahrens (§ 301 Abs. 1) erfasst. Begründet wird dies mit der familienrechtlichen Verbundenheit des Unterhaltsberechtigten mit dem leistungspflichtigen Schuldner, der sich bei laufender Entrichtung von Unterhaltszahlungen im Übrigen auf die erhöhte Pfändungsfreigrenze im Sinne des § 850 c ZPO berufen kann. Die beschriebene familienrechtliche Verbundenheit fehlt indes, wenn die originäre Verpflichtung des Schuldners allein durch Erbfolge entstanden ist, weshalb § 40 Satz 1 in diesen Fällen bestimmt, dass abweichend von § 38 auch die nach Eröffnung entstehenden Ansprüche als Insolvenzforderungen im Verfahren angemeldet werden können. Die Gläubiger solcher Ansprüche sind demnach mit nach Eröffnung entstehenden Forderungen keine Neugläubiger, deren Ansprüche nach § 301 grundsätzlich auch von der Restschuldbefreiung erfasst werden.
Rn 2
Unterhaltsgläubiger außerhalb der Regelung des § 40 können aufgrund der Einbeziehung des Neuerwerbs in das laufende Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren (§ 35 Abs. 1 Alt. 2) nur dann mit einer Befriedigung der laufenden Unterhaltsansprüche rechnen, wenn der Schuldner freiwillig seinen Verpflichtungen nachkommt oder in den erweitert pfändbaren Bereich vollstreckt werden kann, was nach § 89 Abs. 2 Satz 2 zulässig ist.
Rn 3
§ 89 Abs. 2 Satz 2 lässt die Zwangsvollstreckung in den erweitert pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens (§ 850 d ZPO) zu und beinhaltet somit eine grundsätzliche Besserstellung des Unterhaltsgläubigers. Dieser erweitert pfändbare Teil des Arbeitseinkommens ist nicht pfändbar und damit nicht Teil der Insolvenzmasse; er steht nur den bevorzugt berechtigten Unterhaltsgläubigern zur Verfügung. Die Regelung gilt jedoch nur für Neugläubiger von Unterhalts- und Deliktsansprüchen, nicht jedoch für Unterhalts- und Deliktsgläubiger, die mit den bis zur Eröffnung aufgelaufenen Ansprüchen auch am Insolvenzverfahren teilnehmen.
Außerdem können Unterhaltsgläubiger – im Gegensatz zum Verwalter – den Schuldner wegen § 170 b StGB sogar durch Strafandrohung zur Arbeit anhalten. Der Umfang des erweitert pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ist jedoch regelmäßig auf einen relativ geringen monatlichen Betrag begrenzt und führt somit in den meisten Fällen nicht zu einer vollen Befriedigung der laufenden Verpflichtungen. § 89 Abs. 2 Satz 2 schafft demnach regelmäßig nur begrenzt Abhilfe.
Rn 4
Daneben kann sich aus dem insolvenzbedingten Wegfall sonstiger Belastungen eine Besserstellung des Unterhaltsberechtigten ergeben. Allerdings werden die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten den zur Verfügung stehenden (schmalen) Rahmen regelmäßig übersteigen. Die entstehenden Rückstände summieren sich auf und können erst nach Verfahrensende geltend gemacht werden. Insgesamt ist damit die Beschreibung von einer "Flucht der Schuldner auf Kosten der Unterhaltsberechtigten" durchaus zutreffend.