Beteiligte
Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat am 9. Dezember 1986 ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11. Mai 1983 und das Urteil des.. |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Innungskrankenkasse (IKK) für die Zeit vom 1. November 1982 an mit Recht das Ruhen der Leistungsansprüche festgestellt hat.
Der Kläger, der eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Castrop-Rauxel verbüßte, befand sich seit Anfang 1982 im offenen Strafvollzug. Tagsüber durfte er einer Beschäftigung nachgehen und mußte nur noch abends in die Justizvollzugsanstalt zurückkehren. Von seinem Lohn wurden u.a. Krankenversicherungsbeiträge einbehalten. Vom 27. Juni 1982 bis zum 6. Dezember 1982 war der Kläger arbeitsunfähig. Die Beklagte gewährte ihm Krankenhilfe und - nach Erschöpfung des Anspruchs auf Lohnfortzahlung - Krankengeld. Nachdem sie erfahren hatte, daß sich der Kläger im Strafvollzug befand, teilte sie ihm mit Bescheid vom 9. Dezember 1982 mit, daß Leistungen der Krankenhilfe ab 1. November 1982 nicht mehr gewährt werden könnten. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde durch Bescheid vom 31. Januar 1983 zurückgewiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 15. Juli bis zum 5. Dezember 1982 Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. In der Berufungsverhandlung ist die Klage zurückgenommen worden, soweit sie sich auf die Zeit vom 15. Juli bis 31. Oktober 1982 bezieht. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, entgegen der Auffassung der Beklagten ruhe der Anspruch des Klägers auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gemäß § 216 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Nach dem Wortlaut würde die genannte Vorschrift zwar auch den offenen Strafvollzug erfassen. Denn auch der offene Strafvollzug sei Vollzug einer Freiheitsstrafe. Bei dieser Wortauslegung könne es aber nicht sein Bewenden haben. Entscheidend sei der Regelungsgedanke. Mit der Vorschrift solle der Bezug von Doppelleistungen im Krankheitsfalle verhindert werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei es nicht ausgeschlossen, die Krankenkasse entgegen dem Wortlaut des § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO zur Leistung zu verpflichten, wenn der Gefangene im konkreten Fall keinerlei Ansprüche auf Gewährung von Gesundheitsfürsorge gegen die Vollzugsbehörde habe. Das sei aber bei Gefangenen im offenen Strafvollzug der Fall. Der Gesetzgeber habe es versäumt, für diese Gruppe der Strafgefangenen eine entsprechende Bestimmung zu schaffen. Zur Ausfüllung der Regelungslücke sei § 20 Abs. 1 Nr. 1 RVO daher einschränkend dahin auszulegen, daß das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht für Gefangene im offenen Strafvollzug eintrete.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Es sei keine Regelungslücke vorhanden, die durch die Rechtsprechung ausgefüllt werden müßte. Auch für die Gefangenen im offenen Strafvollzug bestehe nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzG) ein ausreichender Anspruch auf Leistungen im Krankheitsfalle. Deshalb bedürfe es keiner einschränkenden Auslegung des § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO.
Die Beklagte beantragt (vgl. Bl. 7 und 14 GA),die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Die Revision hat Erfolg.
1. Das LSG hat, ohne dies allerdings zu begründen, zutreffend angenommen, daß die Berufung in vollem Umfange zulässig ist. Der Statthaftigkeit des Rechtsmittels steht insbesondere nicht § 144 Abs. 1 SGG entgegen. Weder das zeitlich begrenzte Leistungsbegehren noch die Anfechtung der zeitlich unbegrenzten Feststellung des Ruhens betrifft eine Leistung für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen.
Soweit der Kläger sich mit der Klage gegen die Entziehung von Leistungen wendet und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von "Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung" erstrebt, betraf das Rechtsmittel zum allein maßgeblichen Zeitpunkt der Einlegung der Berufung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 7. Dezember 1983 - 7 RAr 65/82 - SozR 1500 § 144 Nr. 24 m.w.N.; Meyer-Ladewig, SGG, Komm, 2. Aufl., § 144 Anm. 10) einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen von mehr als 13 Wochen, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch die Verurteilung der Beklagte zur Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 15. Juli bis zum 5. Dezember 1982 verlangte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat er seinen Antrag zwar dann auf die Zeit vom 1. November bis zum 5. Dezember 1982 beschränkt. Dadurch ist die Berufung der Beklagten aber nicht unstatthaft geworden. Die Rechtsprechung hat von dem Grundsatz, daß es auf die Beschwer im Zeitpunkt der Berufungseinlegung ankommt, nur für den Fall eine Ausnahme gemacht, daß der Berufungskläger selbst sein Rechtsmittel während des Berufungsverfahrens willkürlich beschränkt. Das gilt aber nicht für eine Beschränkung durch den Berufungsbeklagten; denn der Berufungsgegner kann nicht durch eine Beschränkung seines Antrags während des Rechtsmittelverfahrens erreichen, daß ein einmal zulässiges Rechtsmittel unstatthaft wird.
Die Anfechtung der zeitlich unbegrenzten Feststellung des Ruhens betraf auch bis zum Abschluß des Berufungsverfahrens keine zeitlich begrenzte Leistung i.S. des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG.
2. Die Revision der Beklagten hat schon deshalb teilweise Erfolg, weil das LSG die Verurteilung der Beklagten zur Leistung für die Zeit vom 1. November bis 5. Dezember 1982 zu Unrecht bestätigt hat. Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Entziehung bereits bewilligter bzw. die Ablehnung künftiger Leistungen richtet. Ob die vom Kläger hierfür gewählte Klageart als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) oder als Feststellungsklage nach § 55 SGG anzusehen ist (s. dazu BSG, Urteil vom 20. Juni 1985 - 11b/7 RAr 99/83 - SozR 4460 § 5 Nr. 3), kann offenbleiben. Der Kläger hat es versäumt, die einzelnen in Betracht kommenden Leistungsansprüche zu substantiieren (vgl. dazu BSG, Urteil vom 20. Juli 1976 - 3 RK 79/74 - SozR 1500 § 54 Nr. 12). Auch die Auslegung der von ihm in erster und zweiter Instanz gestellten Anträge i.V.m. seinen Schriftsätzen läßt nicht hinreichend erkennen, welche konkreten Leistungsansprüche er geltend machen will. Da sich die Klage nur auf Leistungen für einen Zeitraum bezieht, der bereits bei Klageerhebung abgeschlossen in der Vergangenheit lag, so daß die entstandenen Ansprüche bereits feststanden, ist auch eine undifferenzierte Klage unabhängig davon unzulässig, ob die Feststellung der Leistungsverpflichtung oder die Verurteilung zur Leistung begehrt wird (BSG, Urteil vom 20. Juli 1976, a.a.O.).
Dagegen ist der Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember. 1982, soweit er die Rechtsfolgen des kraft Gesetzes eingetretenen Ruhens ausspricht, zulässig mit der isolierten Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG angegriffen worden. Der Bescheid enthält insoweit einen Verwaltungsakt, der deklaratorisch das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses - das Ruhen auch zukünftiger Ansprüche -feststellt (vgl. dazu BSGE 26, 98, 100 und 30, 105, 107 zu den Ruhensregelungen in § 1278 RVO bzw. § 55 des Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG-). Wird ein solcher Bescheid auf die Anfechtungsklage hin aufgehoben, so ist das Ziel der Klage voll erreicht; denn die Krankenkasse darf weder laufende noch künftige Leistungsansprüche bei gleichem Sachverhalt mit der Begründung ablehnen, daß der Leistungsanspruch ruht.
3. Entgegen der Auffassung des LSG und des SG sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten - soweit der Senat sie auf ihre Übereinstimmung mit dem materiellen Recht überprüfen kann - nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage für die Prüfung ist allein § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23. März 1983, - 3 RK 57/81 - SozR 2200 § 216 Nr. 6). Die Anwendung der §§ 44 ff. Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB X) kommt nicht in Betracht, weil durch die angefochtenen Bescheide, soweit sie über die Entziehung bzw. Ablehnung bereits gewährter oder beantragter Leistungen hinausgehend das Ruhen feststellen, weder ein Verwaltungsakt zurückgenom-men noch widerrufen bzw. aufgehoben wird.
Nach § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO ruht u.a. der Anspruch auf Krankenhilfe, solange sich der Berechtigte in Untersuchungshaft befindet oder gegen ihn eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird; ist der Versicherte durch Krankheit arbeitsunfähig geworden und hat er von seinem Arbeitsverdienst bisher Angehörige ganz oder teilweise unterhalten, so ist ihnen Krankengeld zu gewähren. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen jedenfalls für den im Bescheid vom 9. Dezember 1982 ange-nommenen Zeitraum ab 1. November 1982 vor. In dieser Zeit wurde gegen den Kläger eine Freiheitsstrafe vollzogen. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger bis zum 23. Oktober 1982 außerhalb der Strafvollzugsanstalt einer Beschäftigung nachgegangen ist. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG sieht als Lockerung des Vollzuges eine solche Außenbeschäftigung vor (vgl. dazu auch § 39 StVollzG). Wie schon der Wortlaut des § 11 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 6 StVollzG zeigt, wird weder durch die Gestattung einer Außenbeschäftigung noch durch den sogenannten Freigang (vgl. dazu § 11 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG) der Vollzug der Freiheitsstrafe ausgesetzt oder aufgehoben. Es handelt sich bei diesen Lockerungen des Strafvollzugs lediglich um Maßnahmen, die den Gefangenen auf ein Leben in Freiheit vorbereiten sollen (Schwind/Böhm, StVollzG, Großkommentar, 1983, § 11 Anm. 2). Diese Maßnahmen sind aber Teile des fortdauernden Strafvollzugs.
Aber auch aus dem Sinn und Zweck des § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO läßt sich nicht ableiten, daß diese Vorschrift nicht für Gefangene gelten soll, die während des Strafvollzugs durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung außerhalb der Strafvollzugsanstalt den Versiche-rungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung erwerben. Die Vorschrift bezweckt - worauf schon das RVA in seiner Entscheidung vom 7. August 1941 (II aKE- 39/40 1.- AN 1941, 362) hingewiesen hat - Doppelleistungen zu vermeiden. Zu Doppelleistungen könnte es - ohne die Ruhensregelung des § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO - aber kommen, wenn Strafgefangene einerseits durch eine Außenbeschäftigung einen Anspruch gegen die Krankenkasse erwerben, andererseits aber als Gefangene Anspruch auf Krankenpflege gegen die Landesjus-tizverwaltung haben. Nach § 58 StVollzG erhält der Gefangene - auch der sogenannte Freigänger - vom Beginn der Krankheit an Kranken-pflege. Sie umfaßt insbesondere ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln, Brillen, Kör-perersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, sowie Zuschüsse zu den Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen oder Übernahme der gesamten Kosten. Ob die Strafvollzugsanstalt, in der sich der Gefangene befindet, alle Leistungen, die erforderlich sind, in ausreichendem Maße zur Verfügung stellen kann, ist unerheblich. Für die Anwendung des § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO ist seit dem Inkrafttreten des StVollzG allein entscheidend, daß der Gefangene einen entsprechenden Leistungsanspruch gegen die jeweilige Landesjustizverwal-tung hat. Für das Ruhen des Anspruchs auf Krankenhilfe genügt daher grundsätzlich der Vollzug der Freiheitsstrafe (BSG, Urteil vom 23. März 1983, a.a.O.). Daran ändert auch nichts, daß die Vorschriften der §§ 58ff. StVollzG dem Gefangenen keinen Anspruch auf Kranken-geld gewähren. Zwar ist insoweit die Möglichkeit einer Doppelleistung nicht gegeben. Von der Ruhensregelung des § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO wird aber nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift auch der Anspruch auf Krankengeld erfaßt. Denn das Krankengeld ist gemäß § 182 Abs. 1 RVO ein Teil der Krankenhilfe. Das Ruhen auch des Anspruchs auf Krankengeld ergibt sich im übrigen deutlich aus § 216 Abs. 1 Nr. 1 zweiter Halbsatz RVO. Danach haben die Angehörigen des Berechtigten, für den Fall daß sie von dem Versicherten bisher ganz oder teilweise unterhalten worden sind, einen eigenen Anspruch auf Krankengeld. Es handelt sich um eine Ausnahmeregelung, bei der an die Stelle des ruhenden Anspruchs des Berechtigten der Anspruch der Angehörigen tritt. Diese Regelung ist auch sinnvoll. Während der Gefangene - auch im offenen Strafvollzug - bei Arbeitsunfähigkeit auf Kosten des Staates in der Justizvollzugsanstalt unterhalten wird und das Krankengeld nicht als Lohnersatz für das infolge der Erkrankung ausgefallene Arbeitsentgelt für seinen Unterhalt benötigt, besteht bei den von ihm bisher ganz oder teilweise unterhaltenen Angehörigen ein entsprechender Bedarf.
Selbst wenn bei den Beratungen des StVollzG davon ausgegangen worden sein sollte, daß der Anspruch eines Gefangenen, der außer-halb der Strafvollzugsanstalt einer Beschäftigung nachgeht, nicht ruht, so könnte dies bei der Auslegung des § 216 Abs. 1 Nr. 1. RVO nicht berücksichtigt werden, weil eine derartige Vorstellung des Gesetzgebers im Gesetzeswortlaut keinen hinreichenden Niederschlag gefun-den (vgl. dazu BVerfGE 1, 312) hat. Auch der bereits genannte Zweck des Gesetzes, Doppelleistungen zu vermeiden, zwingt nicht zu einer einschränkenden Auslegung des § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Denn die Einschränkung könnte sich im Hinblick auf den Krankenpflegean-spruch des § 58 StVollzG nur auf den Krankengeldanspruch beziehen. Gegen eine derartige einschränkende Auslegung spricht aber die ausdrückliche Regelung des § 216 Abs. 1 Nr. 1 zweiter Halbsatz RVO.
Richtig ist zwar, daß der Strafgefangene, der einer versicherungspflichtigen Beschäftigung außerhalb der Justizvollzugsanstalt nachgeht, Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung entrichten muß, obwohl er während der Haft nicht selbst in den Genuß von Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung kommen kann. Dies verstößt indessen nicht gegen die Verfassung, insbesondere nicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). In der gesetzlichen Krankenversicherung muß nämlich der Umfang der zu gewährenden Leistungen keines-wegs immer der Höhe der entrichteten Beiträge entsprechen. So haben ledige Versicherte bei gleich hohem Arbeitsentgelt genau so hohe Beiträge zu zahlen wie verheiratete Versicherte, obwohl bei diesen die Inanspruchnahme von Leistungen in der Regel höher sein wird, weil sie gemäß § 205 RVO für ihre Familienangehörigen einen Anspruch auf Familienkrankenhilfe haben (vgl. dazu BSGE 37, 127, 129; 56, 259, 260 f). Daß der Umfang der Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung unterschiedlich sein kann, zeigt auch die Regelung des § 183 Abs. 6 RVO. Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, wenn der Berechtigte einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, Übergangsgeld oder andere Sozialleistungen mit Lohnersatzcharakter hat. Allerdings könnte eine Sozialversicherungsregelung dann bedenklich sein, wenn sie nur zur Entrichtung von Beiträgen verpflichtete, ohne daß der Beitragszahler in irgendeiner Form einmal in den Genuß von Leistungen kommt. Diese Wirkung hat § 216 Abs. 1 Nr. 1 RVO indessen nicht. Das in der Vorschrift gesetzlich angeordnete Ruhen des Anspruchs auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, auf Krankenhilfe und auf sonstige Hilfen, endet kraft Gesetzes in dem Augenblick, in dem der Vollzug der Freiheitsstrafe entweder ausgesetzt oder beendet wird. Ein Gefangener hat also nach Verbüs-sung der Freiheitsstrafe oder bei Haftunterbrechung durchaus die Möglichkeit, in den Genuß von Leistungen der gesetzlichen Krankenkas-se zu kommen, selbst dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Beschäftigungsverhältnis noch während des Strafvollzuges endet (s. dazu auch § 214 RVO - nachgehender Versicherungsschutz für 26 Wochen; vgl. dazu Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenver-sicherung, Komm. 2. Aufl., § 214 Anm. 3; Erl. d. RAM vom 2. November 1943, AN 1943, 485; BSG, Urteil vom 23. November 1966 - 3 RK 45/65 - SozR § 214 Nr. 5). Ob es wünschenswert erscheint, dem Strafgefangenen im offenen Strafvollzug auch während der Haft anstelle der bisherigen Ansprüche gegen die Landesjustizverwaltung uneingeschränkt Ansprüche auf Krankenhilfe gegen die Träger der gesetzli-chen Krankenversicherung einzuräumen, ist nicht durch Auslegung des § 216 RVO, sondern im Wege der Gesetzgebung zu entscheiden.
Auf die Revision der Beklagten waren nach alledem die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.8 RK 9/85
Bundessozialgericht
Fundstellen
BSGE, 62 |
NStZ 1987, 381 |
StV 1987, 400 |