Beteiligte
Kassenzahnärztliche Vereinigung Nordrhein |
1. AOK Rheinland – Die Gesundheitskasse |
4. Krankenkasse der rheinischen Landwirtschaft |
2. Innungskrankenkasse Nordrhein |
3. Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen |
9. Bundesrepublik Deutschland |
Bundesministerium der Verteidigung |
6. Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung |
7. Bundesrepublik Deutschland |
Bundesministerium des Innern |
8. Bundesrepublik Deutschland |
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen der klagenden Hochschule und der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung ist umstritten, ob die Beklagte berechtigt ist, die der Klägerin zustehende Vergütung für die in ihrer Notfallambulanz durchgeführten zahnärztlichen Behandlungen neben dem Investitionskostenabschlag von 10 vH um einen weiteren Abschlag in Höhe von 20 vH für Forschung und Lehre iS des § 120 Abs 3 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu reduzieren.
Die Klägerin betreibt neben vier poliklinischen Zahnklinken eine zentrale Notfallambulanz, in der sie sowohl ärztliche wie zahnärztliche Notfallbehandlungen durchführen läßt. Die Notfallambulanz ist räumlich von den Zahnkliniken getrennt und werktags nach 16.30 Uhr sowie an Wochenenden und Sonn- und Feiertagen geöffnet. Jährlich werden dort ca 4500 zahnmedizinische Behandlungen durchgeführt, die die Klägerin gegenüber der Beklagten als Notfallbehandlungen abrechnet.
Gegen die Honorarbescheide der Beklagten für die drei ersten Quartale des Jahres 1992, mit der diese das Honorar für die in der Notfallambulanz durchgeführten Behandlungen um 30 vH gegenüber den Vergütungssätzen für die ambulante kassenzahnärztliche Behandlung reduziert hatte, legte die Klägerin jeweils Widerspruch ein. Diese wies die Beklagte zurück (Bescheid vom 29. Juli 1993). Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide geändert und der Klage in Höhe von 39.042 DM (nach Korrektur des Tenors auf der Grundlage des § 138 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) stattgegeben. Es hat sich der Auffassung der Klägerin angeschlossen, bei Notfallbehandlungen sei ein zusätzlicher Abschlag auf die kassenzahnärztlichen Vergütungssätze von 20 vH nicht gerechtfertigt, weil die Notfallbehandlungen nicht den Zwecken von Forschung und Lehre dienten, sondern allein im Hinblick auf die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung durchgeführt wurden (Urteil vom 22. Februar 1995).
Auf die Berufungen der Beklagten und des zu 3) beigeladenen Landesverbandes der Betriebskrankenkassen hat das Landessozialgericht (LSG) das sozialgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Vergütungsanspruch der Klägerin ergebe sich nicht aus § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V, weil sie nicht auf der Grundlage des § 117 Satz 1 SGB V (Poliklinikermächtigung) ermächtigt worden sei. Ihre Ermächtigungsanträge vom Dezember 1988 und Januar 1990 seien vom Zulassungsausschuß nicht beschieden worden. Der zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der Beklagen geschlossene Vertrag vom 1. September 1973, nach dem beide Beteiligten hinsichtlich der Abrechnung der poliklinischen Leistungen der Klägerin weiterhin verführen, sei durch § 120 Abs 3 SGB V seit dem 1. Januar 1989 derogiert und nicht mehr wirksam. Allerdings stehe den von Versicherten der Krankenkassen in Notfällen über den Kreis der zugelassenen (Zahn-)Ärzte hinaus in Anspruch genommenen Personen und Institutionen für die von ihnen erbrachten Leistungen ein Vergütungsanspruch aus der Gesamtvergütung zu. Das gelte auch für Krankenhäuser, wobei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in entsprechender Anwendung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V ein Abschlag von 10 vH auf die vertrags(zahn)ärztlichen Vergütungssätze vorzunehmen sei. Soweit die Notfallbehandlungen seitens der Klägerin den poliklinischen Leistungen zugeordnet werden könnten, sei darüber hinaus ein weiterer Abschlag von 20 vH in entsprechender Anwendung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V für Forschung und Lehre geboten. Dieser Abschlag müsse auch solche Leistungen erfassen, die in einer von der poliklinischen Ambulanz räumlich getrennten eigenen Notfallambulanz erbracht werden. Die von den bei der Klägerin angestellten Zahnärzten durchgeführten Behandlungen seien ungeachtet des Zeitpunktes und des Ortes der Leistungserbringung den „Leistungen der Poliklinik” iS des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V gleichzustellen, weil es die Klägerin anderenfalls in der Hand habe, durch organisatorische Vorkehrungen die Höhe der ihr zustehenden Vergütung zu beeinflussen. In der Notfallambulanz werde ausschließlich Personal eingesetzt, das im übrigen in den Kliniken und Polikliniken für Zahn-, Mund- und Kiefer-Heilkunde sowie für plastische Gesichtschirurgie tätig sei (Urteil vom 12. Februar 1997).
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 120 Abs 1 Satz 1 sowie Abs 3 Satz 2 SGB V. Es sei nicht zulässig, die Regelung über die Vergütungsminderung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V auf die Vergütung der in ihrer Notfallambulanz erbrachten zahnärztlichen Leistung anzuwenden. Der sog Poliklinikabschlag solle verhindern, daß die Krankenkassen teilweise mit den von den Bundesländern zu tragenden Kosten für Einrichtungen von Forschung und Lehre an den Hochschulen belastet würden. Dieser Gesetzeszweck rechtfertige nicht die Erstreckung des Abschlags auf die zahnärztlichen Behandlungen in ihrer Notfallambulanz, denn dort fänden Forschung und Lehre tatsächlich nicht statt. Dies habe das Berufungsgericht mit der Wendung festgestellt, daß die von ihr abgerechneten Fälle tatsächlich Notfälle seien. Wenn der Senat dies nicht für ausreichend festgestellt halte, müsse der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Der fehlende Bezug zu Forschung und Lehre verbiete es, die in der Notfallambulanz erbrachten Leistungen schlechter als die Notfallbehandlungen anderer Krankenhäuser zu vergüten.
Soweit das Berufungsgericht angenommen habe, die Kosten der zahnmedizinischen Notfallambulanz würden aus öffentlichen Mitteln finanziert, so daß tatsächlich eine Doppelförderung stattfinde, habe es verkannt, daß tatsächlich nur eine Restaufwandsfinanzierung erfolge. Diese greife nur ein, wenn die Kosten einer Einrichtung nicht aus anderen vorrangig in Betracht kommenden Finanzierungsquellen gedeckt seien. Dazu gehörten selbstverständlich die Notfallvergütungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung. Wegen der strikten Nachrangigkeit der Förderung der Notfallambulanz aus Haushaltsmitteln könne eine Doppelförderung von vornherein nicht in Betracht kommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 1997 abzuändern und die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen zu 3) gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 1995 zurückzuweisen soweit dieses die Beklagte zur Zahlung von 37.512,46 DM an die Klägerin verurteilt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das BSG habe bereits entschieden, daß generell die Vergütung der Leistungen von Polikliniken um den Investitionskostenabschlag von 10 vH sowie einen weiteren Abschlag für Forschung und Lehre von 20 vH zu kürzen sei, um Doppelförderungen zu vermeiden. Da die Notfallambulanz der Klägerin an der öffentlichen Förderung teilhabe und als Bestandteil der poliklinischen Einrichtungen auch den Zwecken von Forschung und Lehre diene, sei es gerechtfertigt, auch die Vergütung für Notfallbehandlungen entsprechend zu reduzieren. Das Berufungsgericht habe zutreffend enge Verflechtungen zwischen den Polikliniken der Klägerin und der räumlich von diesen getrennten Notfallambulanz festgestellt.
Die Beigeladenen zu 1), 3) und 6) beantragen ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.
Die zu 6) beigeladene Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung hält es für konsequent, neben dem 10 %igen Investitionskostenabschlag auch den 20 %igen Abschlag im Hinblick auf Forschung und Lehre für die von Polikliniken erbrachten Notfallbehandlungen vorzunehmen. Auch insoweit liege wegen der öffentlichen Förderung der Universitätskliniken dort eine günstigere Kostensituation als beim niedergelassenen Zahnarzt vor. Die Doppelförderung ergebe sich schon daraus, daß die Klägerin einen Rechtsanspruch gegen das Land Nordrhein-Westfalen auf Abdeckung des ihr durch den Betrieb der Notfallambulanz entstandenen Aufwands habe, soweit dieser nicht durch die Zahlungen von Kostenträgern finanziert werde. Darin liege ein zentraler Unterschied zur wirtschaftlichen Situation von niedergelassenen Zahnärzten, die zahlreiche Leistungen erbringen müßten, die nicht kostendeckend vergütet würden.
Die Klägerin habe im übrigen aus den Ausführungen des LSG zu Unrecht geschlossen, dieses habe sich ihren Standpunkt zu eigen gemacht, wonach in der Notfallambulanz von vornherein Forschung und Lehre nicht stattfänden. Eine solche Feststellung habe das Berufungsgericht gerade nicht getroffen, sondern vielmehr erhebliche Zweifel daran geäußert, ob die in der Notfallambulanz erbrachten Leistungen rechtlich überhaupt als „Notfälle” zu bewerten seien. Das LSG habe letzteres lediglich zugunsten der Klägerin unterstellt und weiterhin unterstellt, daß bei Notfallbehandlungen die Zwecke von Forschung und Lehre nicht im Vordergrund der Behandlung stünden. Tatsächlich habe die Klägerin im Verfahren zu keinem Zeitpunkt schlüssig dargelegt, weshalb bei Notfallbehandlungen nicht auch diesen Zwecken gedient werde.
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Auf den Vergütungsanspruch der Klägerin für die in ihrer Notfallambulanz erbrachten zahnärztlichen Leistungen ist die Bestimmung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V entsprechend anzuwenden.
Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß sich der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der in ihrer Notfallambulanz durchgeführten Behandlungen nur aus den Rechtsgrundsätzen ergeben kann, die der Senat vor allem aus dem Regelungszusammenhang der Vorschriften über die vertragsärztliche Versorgung und der Berechtigung der Versicherten entwickelt hat, in Notfällen auch nicht zugelassene Ärzte bzw Zahnärzte in Anspruch zu nehmen (grundlegend BSGE 71, 117, 119 = SozR 3-2500 § 120 Nr 2 S 12/13).
Aus § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V kann ein Vergütungsanspruch der Klägerin nicht abgeleitet werden, weil weder ihre Polikliniken noch ihre Notfallambulanz – soweit entsprechend der Rechtsauffassung der Klägerin zwischen beidem zu unterscheiden sein sollte – auf der Grundlage des § 117 SGB V oder anderer gesetzlicher Vorschriften im Jahre 1992 zur Teilnahme an der ambulanten kassenzahnärztlichen Versorgung ermächtigt waren. Die Vorschriften über die Ermächtigung von (Zahn-)Ärzten bzw (zahn-)ärztlich geleiteten Einrichtungen zur Teilnahme an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung in den §§ 116 ff SGB V weisen ungeachtet der jeweils unterschiedlichen tatbestandlichen Ermächtigungsvoraussetzungen die Gemeinsamkeit auf, daß die Ermächtigung durch statusbegründenden Bescheid des Zulassungsausschusses (§ 96 SGB V) erfolgt (vgl nur BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 5 S 33 zur Unzulässigkeit rückwirkender Ermächtigungen). Eine Ermächtigung unmittelbar kraft Gesetzes ist auch in den Fällen nicht vorgesehen, in denen Kliniken bzw ärztlich geleitete Einrichtungen einen bedarfsunabhängigen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ermächtigung haben (zB § 117 Satz 1 SGB V, § 118 Abs 1 Satz 1 SGB V). Wenn eine Zulassung bzw Ermächtigung unmittelbar kraft Gesetzes gewollt ist, wird dies im Gesetz ausdrücklich klargestellt. Das ist etwa in § 311 Abs 2 SGB V hinsichtlich bestimmter Gesundheitseinrichtungen geschehen (vgl dazu BSGE 74, 64, 66 = SozR 3-2500 § 311 Nr 2 S 12). Eine Ermächtigung hat der Zulassungsausschuß der Klägerin nach der Umgestaltung des Zulassungsrechts durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) zum 1. Januar 1989 nach den insoweit für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 163 SGG) nicht erteilt. Deshalb kann sie aus der Vorschrift des § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V, die die Vergütung von ermächtigten (zahn-)ärztlich geleiteten Einrichtungen wie zB den Polikliniken regelt (vgl BSGE 76, 48, 51 = SozR 3-2500 § 120 Nr 5 S 29), von vornherein nichts für sich herleiten. Ein Vergütungsanspruch ergibt sich auch nicht aus dem zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der Beklagten geschlossenen Vertrag vom 1. September 1973, wie das LSG in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung aller Beteiligter dargelegt hat.
Die Leistungen von Nicht-Vertrags(zahn)ärzten bzw von Krankenhäusern im Rahmen der Notfallbehandlung sind grundsätzlich so zu vergüten, als wenn sie von zugelassenen Vertrags(zahn)ärzten erbracht worden wären. Aus § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V hat der Senat jedoch den allgemeinen Rechtsgedanken abgeleitet, daß es im Hinblick auf die unterschiedliche Kostensituation in öffentlich geförderten Krankenhäusern einerseits und in Praxen niedergelassener Ärzte andererseits generell gerechtfertigt ist, die Vergütungen für die im Krankenhaus als Institutsleistung – nicht als Leistung von persönlich ermächtigten Ärzten – erbrachten Notfallbehandlungen um 10 vH gegenüber den Sätzen der vertrags(zahn)ärztlichen Vergütung zu reduzieren (BSGE 71, 117 ff = SozR 3-2500 § 120 Nr 2; BSGE 75, 184, 185 = SozR 3-2500 § 120 Nr 4 S 24; BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 S 37; zuletzt Senatsurteil vom 19. März 1997 – 6 RKa 61/95 – insoweit in SozR 3-1500 § 166 Nr 6 nicht abgedruckt). Die Anwendung des in § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsatzes gestattet nicht nur eine Vergütungsreduzierung für Notfallbehandlungen in Krankenhäusern, sondern entfaltet insoweit auch Schutzwirkung zu deren Gunsten, als eine über den 10 %igen Abschlag hinausgehende Begrenzung des sich auf bundesrechtlicher Grundlage ergebenden Vergütungsanspruchs für Notfallbehandlungen als Krankenhausleistung grundsätzlich unzulässig ist. Zusätzliche Einschränkungen des Vergütungsanspruchs sind allenfalls statthaft, wenn die (weitergehende) Vergütungsminderung auf sachlichen Gründen beruht. Solche hat der Senat etwa für den Ausschluß der Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen der Gebührenordnung ebensowenig erkannt wie für einen gesamtvertraglich vereinbarten generellen Abschlag von weiteren 15 vH der für die vertragsärztliche Vergütung vereinbarten Sätze (vgl BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 7 sowie Senatsurteil vom 19. März 1997 aaO).
Der Investitionskostenabschlag in Höhe von 10 vH bei in öffentlich geförderten Krankenhäusern erbrachten Leistungen ist auch bei der Vergütung solcher ärztlicher Behandlungen vorzunehmen, die in den Polikliniken der Hochschulen erbracht worden sind. Diese poliklinischen Leistungen werden grundsätzlich nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet (§ 120 Abs 1 Satz 1 SGB V), wobei § 120 Abs 3 Satz 1 SGB V die Pauschalierung der Vergütung gestattet (vgl dazu BSGE 76, 48, 50 = SozR 3-2500 § 120 Nr 5 S 29). Das Honorar für poliklinische Leistungen ist gemäß § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V zusätzlich zu dem Investitionskostenabschlag in Höhe von 10 vH um einen Abschlag in Höhe von 20 vH für Forschung und Lehre, also um insgesamt 30 vH, gegenüber den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen iS des § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V zu reduzieren (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 6 S 31). Dies hat der Senat aus dem Wortlaut des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V („zusätzlich”) und aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift abgeleitet. Danach sollten die Polikliniken in die Regelung über den Abzug des Investitionskostenanteils im Hinblick auf die auch bei ihnen stattfindende öffentliche Förderung von Investitionskosten neben der Förderung des laufenden Betriebs im Hinblick auf Forschung und Lehre eingeschlossen sein (aaO, S 32). Der Vergütungsabschlag in Höhe von 30 vH erfaßt nach der Zielsetzung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V alle in den Polikliniken als Institutsleistungen erbrachten ambulanten (zahn)ärztlichen Leistungen und damit auch diejenigen, die nicht in Ausübung einer Ermächtigung nach § 117 Satz 1 SGB V erbracht worden sind, sondern für die sich ein Vergütungsanspruch allein aus der Anwendung der Grundsätze über die Vergütung von Notfallbehandlungen durch Nicht-Vertrags(zahn)ärzte ergibt.
In § 120 Abs 3 Sätze 1 und 2 SGB V ist von den „Leistungen der Polikliniken” sowie allgemein „den Polikliniken” die Rede. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf die Leistungen, die Gegenstand der den Polikliniken auf der Grundlage des § 117 Satz 1 SGB V zu erteilenden Ermächtigung sind, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. Eine solche Beschränkung ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Die Regelung über den Vergütungsabschlag für poliklinische Leistungen in § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V hat im wesentlichen die bis zum 31. Dezember 1988 geltende Vorschrift des § 368n Abs 3 Satz 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) idF des Krankenhauskostendämpfungsgesetzes vom 21. Dezember 1981 (BGBl I, S 1568) übernommen. Die frühere wie die nunmehr geltende Regelung sollte bzw soll verhindern, daß die Krankenkassen mit den von den Bundesländern zu tragenden Kosten für Einrichtungen von Forschung und Lehre an den Hochschulen belastet werden (vgl bereits BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 4 S 25 sowie BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 6 S 32, 34). Die Anordnung über den generellen Vergütungsabschlag für poliklinische Leistungen trägt dem Umstand angemessen Rechnung, daß poliklinische Behandlungen typischerweise den Zielen von Forschung und Lehre dienen, ohne daß jedoch der Forschungs- und Lehranteil in jedem einzelnen Behandlungsfall präzise bestimmt werden kann. Andererseits stellen alle poliklinischen Leistungen stets auch medizinisch notwendige (zahn)ärztliche Behandlungen dar, die grundsätzlich aus der vertrags(zahn)ärztlichen Gesamtvergütung zu honorieren sind. Nach der Rechtsprechung des Senats war es schon nach dem bis zum 30. Juni 1982 geltenden Recht generell unzulässig, in Polikliniken zu Lasten der kassenärztlichen Gesamtvergütung Leistungen zu erbringen, die ausschließlich den Zwecken von Forschung und Lehre und nicht der ärztlichen Behandlung von konkret bei den Patienten vorhandenen Gesundheitsstörungen dienen (BSG USK 82249). Ebenso ist es nach geltendem Recht ausgeschlossen, hinsichtlich der poliklinischen Institutsleistungen einzelfall- oder fallgruppenbezogen zu unterstellen, daß einzelne Leistungen in bestimmten Behandlungsfällen konkret überhaupt keinen Bezug zu den Zwecken von Forschung und Lehre aufweisen, so daß der gesetzlich vorgesehene Vergütungsabschlag nicht gerechtfertigt sei. Solange eine (zahn)ärztliche Behandlung als poliklinische Leistung bzw als Leistung der Poliklinik zu behandeln ist, ist auf das dafür von der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung geschuldete Honorar der Vergütungsabschlag des § 120 Abs 3 Satz 2 2. Halbsatz SGB V vorzunehmen. Ausnahmen sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor und solche sind im Hinblick auf die bewußt generalisierende und typisierende Regelung des Gesetzes einerseits sowie wegen des mit der Ermittlung des auf Forschung und Lehre entfallenden Kostenanteils im einzelnen Behandlungsfall verbundenen Aufwands andererseits weder geboten noch praktisch durchführbar.
Die von der Klägerin im Jahre 1992 abgerechneten Notfallbehandlungen sind trotz des Umstandes, daß sie in einer von den Polikliniken getrennten Notfallambulanz erbracht worden sind, als poliklinische Leistungen zu beurteilen und unterliegen der – wegen der Leistungserbringung außerhalb einer Ermächtigung – entsprechenden Anwendung der Regelung über den Vergütungsabschlag. Das ergibt sich nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 163 SGG) daraus, daß eine rechtliche und/oder organisatorische Trennung zwischen zahnmedizinischer Notfallambulanz und Polikliniken nicht besteht. Die Behandlungen in der Notfallambulanz werden an Werktagen nach 16.30 Uhr sowie am Wochenende und an Feiertagen von denjenigen Zahnärzten durchgeführt, die ansonsten in den Hochschulkliniken und den zahnmedizinischen Polikliniken der Klägerin tätig sind. Der Dienst dieser Zahnärzte und der sie unterstützenden Fachhelferinnen im Rahmen der Notfallbehandlung ist demnach Teil der Aufgabenerfüllung der Zahnkliniken der Klägerin im stationären bzw poliklinisch/ambulanten Bereich. An dieser rechtlichen Zuordnung der Notfallbehandlungen zu den poliklinischen Leistungen ändert die räumliche Trennung zwischen den vier zahnmedizinischen Polikliniken und der allgemeinen Notfallambulanz, in der sowohl ärztliche wie zahnärztliche Notfallbehandlungen durchgeführt werden, nichts. Diese aus Gründen des einfacheren Patientenzugangs vorgesehene Konzentration der allgemeinen ärztlichen bzw zahnmedizinischen Notfallambulanz an einem Ort kann für die Zuordnung von Behandlungen zu den poliklinischen Leistungen ebensowenig ausschlaggebend sein wie der Zeitpunkt, an dem die einzelne Behandlung erfolgt. Andernfalls hätte es die Klägerin in der Hand, allein durch eine rein räumliche Trennung der Durchführung der zahnärztlichen Behandlungen in Notfällen von den übrigen ambulanten zahnärztlichen Leistungen mittelbar die Höhe der ihr zustehenden Vergütungen zu beeinflussen. Dafür ist eine Rechtfertigung nicht erkennbar.
Die entsprechende Anwendung des Poliklinikabschlags auf die Vergütungsansprüche der Klägerin für Notfallbehandlungen steht im Einklang mit dem Ziel der Regelung des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V, Doppelförderungen zu vermeiden und die Krankenkassen grundsätzlich nicht an der Finanzierung der Aufgaben von Forschung und Lehre zu beteiligen. Die Kliniken der Klägerin werden aus öffentlichen Mitteln gefördert, die im Haushalt des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen veranschlagt sind. Eine Förderung in der Weise, daß die Investitionskosten und die Kosten für den laufenden Betrieb der Notfallambulanz von den übrigen Kosten für die poliklinische Krankenversorgung seitens der Klägerin klar abgegrenzt wären und zumindest ein eigener Stellenplan für die zahnärztliche Notfallambulanz bestünde, hat das Berufungsgericht auf Grundlage des von der Klägerin vorgelegten Kapitels 06142 des Haushaltsplans des Landes („Medizinische Einrichtungen der RWTH Aachen”) nicht festgestellt. Soweit die Klägerin demgegenüber auf das Prinzip der sogenannten „Restaufwandsförderung” verweist, wonach aus Landesmitteln nur der Teil des Aufwands gefördert wird, der nicht durch Erträge des Klinikums gedeckt ist, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Es ist nämlich weder dargelegt noch sonst ersichtlich, daß es sich bei der Restaufwandsförderung um ein haushaltsrechtliches Verfahren handelt, das nur für die Notfallambulanz, nicht aber für den gesamten anderen poliklinischen Bereich des Klinikums zur Anwendung kommt. Der Umstand, daß das Land die Kosten für die allgemeine Krankenversorgung in den Universitätskliniken nur subsidiär fördert und daher nur den Aufwand finanziert, der nicht aus Vergütungen von Kostenträgern für (zahn)ärztliche Behandlungen zu decken ist, ändert nichts daran, daß die Universitätspolikliniken im Hinblick auf die Zwecke von Forschung und Lehre im Unterschied zu den anderen öffentlich geförderten Krankenhäusern iS des § 120 Abs 3 Satz 2 SGB V haushaltsrechtliche „Zuführungen” auch für den laufenden Betrieb erhalten und diese Mittel auch die Kosten einer Notfallambulanz zu decken bestimmt sind.
Im Hinblick auf die fehlende personelle, rechtliche und finanzielle Trennung zwischen Polikliniken und Notfallambulanz ist der Einwand der Klägerin, die Notfallbehandlungen hätten faktisch keinen Bezug zu Forschung und Lehre, unerheblich. Im übrigen hat das LSG für den Senat bindend festgestellt, daß die durchschnittliche Honorarforderung der Klägerin für Notfallbehandlungen mit 70,75 DM pro Fall nur unwesentlich hinter derjenigen für überwiesene Fälle (73,75 DM pro Fall) und für „normale” Behandlungen (78,75 DM pro Fall) zurückgeblieben ist. Diese nur geringfügig variierenden Fallwerte lassen ebenso wie der Umstand, daß die Klägerin Leistungen ihrer Notfallambulanz auch zu Zeiten anbietet, in denen üblicherweise die Praxen von Vertragszahnärzten noch geöffnet sind (zB werktags ab 16.30 Uhr – abgesehen von Mittwoch) und ansonsten ein zahnärztlicher Notfalldienst seitens der Beklagten organisiert ist, daran zweifeln, daß die Klägerin ihre Notfallambulanz allein unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer ansonsten nicht gewährleisteten zahnärztlichen Notfallversorgung im Raum Aachen betreibt. Der Sicherstellungsaspekt könnte allenfalls hinsichtlich solcher insbesondere mund- und kieferchirurgischer Leistungen von Bedeutung sein, die typischerweise nicht im Rahmen des von niedergelassenen Zahnärzten durchgeführten zahnärztlichen Notdienstes erbracht werden können. Auch insoweit spielen jedoch – nicht anders als beim Angebot eines allgemeinen zahnärztlichen Notdienstes durch die Klägerin – Belange zumindest der Lehre legitimerweise eine gewisse Rolle. Wenn Studenten der Zahnmedizin in den Polikliniken auf ihre künftige zahnärztliche Tätigkeit vorbereitet werden sollen, ist es naheliegend, daß diese dort auch lernen können und müssen, wie zahnärztliche Notfallbehandlungen sachgerecht durchgeführt werden. Dazu gehört auch die nähere Kenntnis darüber, was im Rahmen einer akut erforderlich werdenden Notfallbehandlung zahnmedizinisch zu veranlassen ist und wie sich Notfallbehandlungen von regulären zahnmedizinischen Behandlungen unterscheiden. In der späteren Tätigkeit in eigener Praxis muß ein Vertragszahnarzt diesen Unterschied kennen und wissen, was er im Rahmen der Notfallbehandlung zu veranlassen und was er dem jeweils behandelnden Zahnarzt zu überlassen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 651708 |
ArztR 1999, 77 |
NZS 1999, 84 |
SGb 1998, 310 |
SozSi 1999, 298 |
ZauR 1999, 9 |