Leitsatz (amtlich)
Eine Badekur zur Erhaltung der Pflegefähigkeit nach dem BVG und eine von der Krankenkasse zu gewährende stationäre Maßnahme zur Rehabilitation dienen teilweise übereinstimmenden Zwecken. Die Versorgungsverwaltung, die eine solche Badekur gewährt hat, kann deshalb nach § 18c Abs 5 S 2 BVG von der Krankenkasse des Berechtigten Ersatz verlangen, wenn diese ohne die Badekur eine stationäre Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung geleistet hätte.
Stand: 15. Mai 2000
Beteiligte
Landesversorgungsamt Nordrhein-Westfalen |
Voith Betriebskrankenkasse |
Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. September 1998 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die beklagte Betriebskrankenkasse (BKK) wendet sich gegen ihre Verurteilung zur Erstattung der Kosten für eine Badekur an die Versorgungsverwaltung des klagenden Landes.
Die Versorgungsverwaltung hatte auf Grund von § 12 Abs 3 Bundesversorgungsgesetz (BVG) der während des Verfahrens verstorbenen R.R. (Versicherte) im Dezember 1992 / Januar 1993 eine stationäre Badekur in einem Kursanatorium zur Erhaltung der Pflegefähigkeit gewährt. Die Versicherte war als Rentnerin Mitglied der beklagten BKK und hatte ihren damals noch lebenden Ehemann gepflegt, der Beschädigtenversorgung nach einer MdE um 100 vH und Pflegezulage der Stufe III erhalten hatte. Vor der Kurbewilligung hatte die Versorgungsverwaltung die gesundheitlichen Voraussetzungen – insbesondere auch für eine Verkürzung der dreijährigen Wartezeit – geprüft und nach entsprechenden medizinischen Ermittlungen bejaht. Die BKK weigerte sich, die Kosten zu erstatten, weil der Medizinische Dienst der Krankenversicherung zum Ergebnis gekommen war, die gesundheitlichen Voraussetzungen seien weder für eine stationäre Maßnahme noch für die vorzeitige Wiederholung ausreichend belegt.
Die Klage des Landes hatte in den Vorinstanzen Erfolg (Urteile vom 4. Oktober 1995 und vom 29. September 1998), nachdem in erster Instanz ein chirurgisches und in zweiter Instanz ein internistisches Gutachten eingeholt worden war, in denen die Notwendigkeit einer vorzeitigen stationären Rehabilitationsmaßnahme übereinstimmend bejaht wurde. Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) im wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch ergebe sich aus § 18c Abs 5 Satz 2 BVG, der nicht voraussetze, daß die von der Versorgungsverwaltung bewilligte Leistung den gleichen Zweck verfolge wie eine Leistung der Krankenkasse. Die mit einer Badekur nach § 12 Abs 3 BVG bezweckte Erhaltung der Pflegefähigkeit schließe nicht aus, daß die erhobenen medizinischen Befunde zugleich eine Maßnahme iS des § 40 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) rechtfertigten, mit der die Ziele des § 23 Abs 1 oder des § 27 Abs 1 SGB V erreicht werden sollten. Wegen der möglichen Überschneidungen müsse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Einzelfall geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die vom jeweiligen Träger zu gewährende Leistung vorliegen. Diese Prüfung sei mit der Erweiterung des versorgungsrechtlichen Heilbehandlungsanspruchs um eine dem § 40 Abs 2 SGB V entsprechende Rehabilitationsleistung durch § 11 Abs 1 Nr 6 BVG in der seit Anfang 1989 geltenden Fassung nicht überholt. Die Auffassung der BKK, Badekuren nach § 12 Abs 3 BVG seien gegenüber den neu in den Leistungskatalog aufgenommenen versorgungsrechtlichen stationären Maßnahmen zur Rehabilitation subsidiär, werde weder durch die gesetzliche Systematik noch die Entstehungsgeschichte gestützt. Im konkreten Fall seien die Voraussetzungen für eine Leistung der Krankenversicherung erfüllt. Die medizinische Notwendigkeit einer vorzeitigen Rehabilitationsmaßnahme nach § 40 Abs 2 SGB V sei durch die eingeholten Gutachten belegt und werde von der BKK nicht in Zweifel gezogen. Das in dieser Vorschrift der Krankenkasse eingeräumte Ermessen stehe dem Erstattungsanspruch nicht entgegen.
Mit der Revision rügt die beklagte BKK Verletzungen von § 18c Abs 5 und § 11 Abs 1 iVm § 10 Abs 7 Satz 1 Buchst d, § 12 Abs 3 BVG. Das LSG habe den inneren Zusammenhang der Sätze 1 und 2 des § 18c Abs 5 BVG nicht beachtet. Der Erstattungsanspruch setze zwei Leistungen mit demselben Zweck voraus, der hier nicht gegeben sei. Abgesehen davon, daß das LSG den Zweck der an Stelle der Badekur zu gewährenden krankenversicherungsrechtlichen Rehabilitationsmaßnahme nicht konkret ermittelt habe, stimmten die in § 11 Abs 2, § 27 Abs 1 SGB V genannten Ziele schon allgemein mit dem Zweck der Erhaltung der Pflegefähigkeit nach § 12 Abs 3 BVG nicht überein. Eine rein zufällige Überschneidung der Leistungsinhalte oder der Zweckbestimmungen rechtfertige keine Erstattung. Nur wenn eine Zweckidentität im rechtstheoretischen Sinne vorliege, habe der Erstattungsanspruch einen Sinn. Im übrigen scheitere der Anspruch auch daran, daß die Versorgungsverwaltung eine Badekur zu Unrecht, nämlich unter Mißachtung der Subsidiarität gegenüber Maßnahmen zur Rehabilitation nach § 11 Abs 1 Nr 6 BVG gewährt habe. Rehabilitationsleistungen nach dieser Vorschrift seien wegen § 10 Abs 7 Satz 2 Buchst d BVG von den Krankenkassen nach krankenversicherungsrechtlichen Standards (§ 107 Abs 2, § 111 SGB V) zu erbringen. Dieser Grundsatz werde durch die Erstattung von Kosten für Badekuren nach § 12 Abs 3 BVG unterlaufen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. September 1998 und des Sozialgerichts Münster vom 4. Oktober 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Erstattungsanspruch des klagenden Landes zu Recht bejaht.
Die tatsächlichen Voraussetzungen für den Anspruch der Versicherten auf eine stationäre Badekur gegen das Land einerseits und auf eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation gegen die BKK andererseits waren erfüllt. Das ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der vorinstanzlichen Feststellungen. Soweit die BKK in der Revisionsbegründung in Zweifel zieht, ob die Pflegefähigkeit der Versicherten durch die Badekur gebessert werden konnte, hat sie nicht aufgezeigt, warum das LSG verfahrensrechtlich Anlaß gehabt hätte, auf diesen Punkt näher einzugehen oder weitere Ermittlungen anzustellen. Eine zulässige Verfahrensrüge, mit der die Feststellungen des LSG nach § 163 SGG in Frage gestellt wären, ist infolgedessen nicht erhoben. Damit ist im Rahmen von § 18c Abs 5 BVG die tatsächlich gewährte Badekur mit einer eigentlich von der BKK zu gewährenden stationären Maßnahme zur Rehabilitation zu vergleichen; davon gehen auch die rechtlichen Überlegungen der Revision aus.
Nach § 18c Abs 5 Satz 2 BVG hat die BKK dem Land die Kosten für die gewährte Badekur zu erstatten. Dieser Anspruch setzt voraus, daß ein öffentlich-rechtlicher Leistungsträger außerhalb der Versorgungsverwaltung eine Leistung gewährt hätte, aber deshalb nicht erbringt, weil eine Sachleistung bereits auf Grund des BVG gewährt wird. Damit soll dem in Satz 1 der Vorschrift und in § 10 BVG geregelten Nachrang der Behandlungsleistungen nach dem BVG auch für den Fall Geltung verschafft werden, daß der Leistungsempfänger seinen vorrangigen Anspruch nicht wahrnimmt und die Versorgungsverwaltung trotz des Vorrangs leistungspflichtig ist, weil keiner der Ausschlußgründe – etwa nach § 10 Abs 7 Satz 1 BVG – eingreift. Der Typ der vorrangigen Leistung (beispielsweise ambulant oder stationär) schließt den Erstattungsanspruch ebensowenig aus wie die Form der Leistungserbringung (Sach-, Zuschuß- oder reine Geldleistung) oder die Möglichkeit einer ablehnenden Ermessensentscheidung durch den vorrangig zuständigen Träger. Auch auf ein sonstiges im Leistungsrecht des vorrangigen Trägers begründetes besonderes Leistungshindernis kommt es nicht an; schon deshalb geht der Hinweis der BKK fehl, durch die Auslegung des LSG werde § 111 SGB V bzw § 107 Abs 2 SGB V umgangen (so schon BSG SozR 3100 § 18c Nr 9 S 25 mwN).
Bereits nach dem Gesetzeswortlaut ist entscheidende Voraussetzung des Erstattungsanspruchs der sich überschneidende Zweck der Leistungen, der allerdings anders zu verstehen ist, als die BKK diesen Begriff auslegen möchte. Damit kann nicht derjenige Grund für die Leistung gemeint sein, der ihren spezifisch versorgungs- oder krankenversicherungsrechtlichen Charakter ausmacht. Andernfalls würde der Erstattungsanspruch von vornherein leerlaufen, denn die organisatorische Trennung von verschiedenen Leistungsträgern hat gerade den Sinn, daß diese für unterschiedliche Bedarfslagen einzustehen haben, insofern also unterschiedliche „Zwecke” verfolgen. Von daher ist die Feststellung, im Krankenversicherungsrecht sei keine Leistung vorgesehen, mit der die Pflegefähigkeit gebessert werden solle, eine Selbstverständlichkeit und für den Anspruch nach § 18c Abs 5 Satz 2 BVG unerheblich. Daß es auf das Ziel, die Pflegefähigkeit zu erhalten, nicht ankommt, ergibt sich bereits aus § 12 Abs 3 Satz 4 iVm § 11 Abs 2 Satz 2 BVG, wo die Leistungspflicht der Versorgungsverwaltung auch bei einer „entsprechenden Leistung” der Krankenversicherung bekräftigt wird. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn der Zweckbegriff in dem hier abgelehnten engen Sinne zu verstehen wäre, denn für eine „entsprechende” Krankenversicherungsleistung mit derselben Zielrichtung wie eine Badekur wäre dann kein Raum. Die von der Revision gerügte Aussage des LSG, § 18c Abs 5 Satz 2 BVG setze nicht voraus, daß versorgungsrechtlich und krankenversicherungsrechtlich der gleiche Zweck verfolgt werde, meint im Ergebnis dasselbe, indem der Beklagten entgegengehalten wird, daß eine Zweckübereinstimmung in dem von ihr vertretenen engeren Sinne für den Erstattungsanspruch nicht gefordert werden dürfe.
Die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung geht zu Recht von einem weiteren Verständnis aus. Danach kommt es nicht auf die versicherungs- oder versorgungsspezifische Zielsetzung an, sondern darauf, ob sich die beiden Zielsetzungen auf einer allgemeineren Ebene überschneiden. Eine solche Überschneidung wurde für das spezifisch versorgungsrechtliche Ziel der Erhaltung der Pflegefähigkeit sowohl im Verhältnis zum spezifisch krankenversicherungsrechtlichen Ziel der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit als auch im Verhältnis zum spezifisch rentenversicherungsrechtlichen Ziel der Erhaltung der Erwerbsfähigkeit für den Fall bejaht, daß die jeweiligen Leistungsvoraussetzungen vorliegen (BSG USK 8884; BSG SozR 3100 § 18c Nr 9). Dabei müsse allerdings auch geprüft werden, ob der in § 18c Abs 5 Satz 1 BVG angeordnete generelle Vorrang anderer zweckidentischer Sozialleistungen durch eine auf die Leistungsart (damals: § 184a Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫) oder auf den Anspruchsgrund (damals: § 205 RVO) bezogene spezielle Nachrangregelung verdrängt ist (BSG SozR 3100 § 18c Nr 18 = USK 8426).
Eine Sondervorschrift über den Nachrang des krankenversicherungsrechtlichen Anspruchs auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Verhältnis zum Anspruch auf eine versorgungsrechtliche Badekur ist im Gesetz nicht enthalten. Da die Versicherte selbst Mitglied der BKK war, greift § 18c Abs 5 Satz 3 BVG iVm § 10 SGB V nicht ein. § 40 Abs 4 SGB V enthält zwar einen Nachrang im Verhältnis zu anderen Sozialversicherungsträgern, aber nicht zu Leistungen nach dem BVG; insofern hat die früher in § 184a Abs 1 RVO getroffene Regelung keine Entsprechung im SGB V. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein Versehen des Gesetzgebers, denn in der Begründung zum Gesetzesentwurf ist von der „Beseitigung des Nachrangs gegenüber entsprechenden Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz” die Rede (BT-Drucks 11/2237 S 179 zu § 39 Abs 5 des Entwurfs).
Die beiden Leistungen verfolgen auch sich überschneidende Zwecke, nämlich das Ziel der Erhaltung und Besserung des Gesamtgesundheitszustands. Dabei erübrigt sich die Prüfung, welcher Zweck einer Maßnahme im konkreten Einzelfall zukommt. § 10 Abs 7 Satz 2 und 3 BVG ist vielmehr zu entnehmen, daß es auf den Leistungszweck ankommt, wie er in den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck gebracht ist, denn darin wird generell nur auf „Leistungen” iS von Leistungstypen und nicht auf den konkreten Fall Bezug genommen. Das LSG hat unangegriffen festgestellt, daß die BKK eine stationäre Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung nach § 40 Abs 2 SGB V geleistet hätte, wenn der Versicherten keine Badekur gewährt worden wäre. Der Zweck dieser Krankenversicherungsleistung ergibt sich über § 40 Abs 1 aus § 27 Abs 1 Satz 1 und § 11 Abs 2 SGB V. Er besteht im hier interessierenden Zusammenhang darin, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. In diesem umfassenden Leistungszweck ist der engere Zweck einer Badekur nach dem BVG enthalten. Die Überschneidung liegt in der Vorbeugung vor einer in absehbarer Zeit zu erwartenden Verschlechterung des Gesundheitszustands, die neben anderen als mögliches Ziel einer Badekur in § 11 Abs 2 Satz 1 BVG festgelegt ist und die in der Verhütung einer Verschlimmerung nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V ihre Entsprechung findet.
Dem kann ein systematischer Vergleich der verschiedenen krankenversicherungsrechtlichen und versorgungsrechtlichen Leistungen nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Es trifft zwar zu, daß krankenversicherungsrechtlich zwischen Vorsorgeleistungen nach § 23 SGB V, Behandlungsleistungen nach § 27 SGB V und Rehabilitationsleistungen nach § 40 SGB V zu unterscheiden ist und daß dabei auch die unterschiedlichen Leistungszwecke eine Rolle spielen. Es gibt auch gewisse Anhaltspunkte dafür, daß im Versorgungsrecht ähnliche Unterscheidungen gelten, die auf entsprechende Leistungszwecke schließen lassen könnten. Die genauere Betrachtung ergibt jedoch, daß die gesetzliche Systematik keine konkreten Schlüsse für den hier zu beurteilenden Erstattungsanspruch zuläßt.
Abgesehen von Zweifeln, ob die fragliche Unterscheidung schon krankenversicherungsrechtlich wirklich streng durchgehalten ist, können jedenfalls die verschiedenen Leistungen nach dem BVG den erwähnten drei krankenversicherungsrechtlichen Leistungssparten nicht sicher zugeordnet werden. Insbesondere gibt das Gesetz Badekuren nicht eindeutig als Maßnahmen mit Vorsorgecharakter zu erkennen. Zwar werden Leistungen zur Förderung der Gesundheit und zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten seit 1989 in einem eigenen § 10 Abs 6 BVG zusammengefaßt, der auf die Vorschriften über Badekuren ausdrücklich verweist, und auch in der Begründung zum Gesetzentwurf wird ein entsprechender Zusammenhang zwischen Badekuren und Vorsorgeleistungen hergestellt (BT-Drucks 11/2237 S 262 zu Nr 1 Buchst a). Gleichzeitig wird mit § 11 Abs 1 Nr 6 BVG eine systematische Trennung zwischen Behandlungs- und Rehabilitationsleistungen einerseits und Vorsorgeleistungen andererseits nahegelegt. Weder mit dem Gesetzestext noch mit der Gesetzesbegründung ist jedoch eine Auslegung unvereinbar, wonach Badekuren neben der Vorsorge auch andere Leistungszwecke umfassen können. Gegen eine Beschränkung auf das krankenversicherungsrechtliche Konzept der Vorsorge spricht auch § 9 Nr 1 BVG, der – soweit hier erheblich – den Umfang der Versorgung nach dem BVG auf die Begriffe Heilbehandlung und Krankenbehandlung beschränkt; daraus ist zu schließen, daß Badekuren zu diesen beiden Sparten zählen und die in § 10 Abs 1 Satz 1 bzw Abs 4 Satz 1 BVG genannten Leistungszwecke mit erfassen. Schließlich können Badekuren nach § 11 Abs 2 Satz 1 BVG ausdrücklich auch zur Sicherung des Heilerfolgs gewährt werden, was sie aus krankenversicherungsrechtlicher Sicht zu Rehabilitationsleistungen macht (früher: § 187 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO; nach neuem Recht: BT-Drucks 11/2237 S 178 f zu § 39 des Entwurfs).
Unter diesen Umständen läßt sich die These nicht aufrecht erhalten, Badekuren seien Vorsorgeleistungen, die ihre krankenversicherungsrechtliche Entsprechung ausschließlich in den Vorsorgekuren nach § 23 Abs 4 SGB V fänden. Überschneidungen in der gesetzlichen Zweckbestimmung bestehen infolgedessen auch zu den Leistungen nach § 40 Abs 2 SGB V. Das entspricht auch der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Versorgungsrecht. Im Zusammenhang mit einem Erstattungsbegehren des Rentenversicherungsträgers im Hinblick auf eine Maßnahme zur Rehabilitation im Anschluß an eine Krankenhausbehandlung hat der 9. Senat des BSG auf der Grundlage des vor 1989 geltenden Rechts entschieden, daß wegen des fließenden Überganges zwischen kurativer medizinischer Behandlung und Rehabilitation eine zeitliche Abgrenzung oder eine Abgrenzung nach der Art der gewährten Leistungen im Versorgungsrecht schon immer untunlich gewesen sei, so daß die Heil- und Krankenbehandlung mit der Rehabilitation im BVG zu einer Einheit zusammengefaßt worden sei. Daran habe sich durch die Änderungen im Zusammenhang mit der Einführung des SGB V nichts geändert; der frühere Rechtszustand sei vielmehr nur klargestellt worden (BSG SozR 3100 § 11 Nr 18 S 24 f; vgl auch BSG USK 8986). Im Lichte dieser Rechtsprechung hält der Senat eine scharfe Trennung zwischen Vorsorge und Rehabilitation im Versorgungsrecht vom Gesetz nicht für gedeckt, zumal an ihr schon im Krankenversicherungsrecht selbst gewisse Zweifel bestehen. Die möglicherweise im Verhältnis von der Krankenversicherung zur Rentenversicherung gebotene entsprechende Abgrenzung läßt sich ohne klaren Gesetzesbefehl auf das Versorgungsrecht nicht übertragen. Ein diesbezüglicher Wille kann den gesetzlichen Änderungen durch das Gesundheits-Reformgesetz nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnommen werden, so daß es insoweit beim bisherigen Rechtszustand geblieben ist, wonach im Verhältnis zur versorgungsrechtlichen Badekur sowohl Rehabilitationsleistungen als auch Vorsorgeleistungen die gleichen Leistungszwecke verfolgen (vgl nochmals BSG SozR 3100 § 18c Nr 9; BSG USK 8884). Im übrigen scheinen die Spitzenverbände der Krankenversicherung ebenfalls davon auszugehen, daß Badekuren nach § 11 Abs 2 BVG sowohl Rehabilitations- als auch Vorsorgezwecke verfolgen. Denn nach dem Gemeinsamen Rundschreiben vom 9. Dezember 1988 sollen Badekuren die zunächst dreijährige und nunmehr vierjährige Wartefrist sowohl bei Vorsorgekuren als auch bei Rehabilitationskuren unterbrechen, obwohl rein krankenversicherungsrechtlich die Wartefristen in beiden Sparten getrennt gerechnet werden (Anmerkungen zu § 23 und zu § 40, jeweils Nr 11 „Leistungsintervalle”, Abs 4: „Vorsorgemaßnahmen im Rahmen der Heilbehandlung und Krankenbehandlung nach dem BVG ≪§ 11 Abs 2, § 12 Abs 4 BVG≫” bzw Abs 3: „Kurmaßnahmen nach § 37 BSHG und § 11 Abs 2 BVG”).
Bei sich überschneidender Zweckbestimmung ist die beklagte BKK zu Recht zur Erstattung dem Grunde nach verurteilt worden. Ihre Revision war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 543160 |
br 2000, 185 |