Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg)
Beteiligte
1. 2. Klägerinnen und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I
Streitig ist Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. bis 28. Januar 1984.
Die 1925 geborenen Klägerinnen waren seit 1970 bzw. 1949 kaufmännische Angestellte der W. W. AG. Die Kündigungsfristen betrugen jeweils sechs Monate zum Vierteljahresschluß. Durch Aufhebungsverträge vom 11. Mai 1983 beendeten die Klägerinnen ihre Arbeitsverhältnisse zum 31. Dezember 1983 gegen eine Abfindung in Höhe von 19.750,-- DM bzw. 35.500,-- DM. Diese Aufhebungsverträge beruhten auf einer Betriebsvereinbarung zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat vom 29. April 1983, in der die Unternehmensleitung bis zum 30. April 1984 auf betriebsbedingte Kündigungen von 50 Arbeitnehmern im Handwerkerbereich und 80 im Angestelltenbereich (von insgesamt über 3.000 Arbeitnehmern) verzichtete, wenn bis zum 30. September 1983 insgesamt 130 Arbeitnehmer ihre Bereitschaft zum Ausscheiden gegen Abfindung erklären würden. Die Beendigung der Arbeitsverhältnisse sollte terminlich so gestaltet werden, daß die Abfindungen nicht auf Alg angerechnet werden könnten. Den ausscheidenden Arbeitnehmern wurde eine Wiedereinstellungsoption eingeräumt. Unternehmensleitung und Betriebsrat warben durch Aushang Nr. 24 vom 29. April 1983 dafür, zwecks Vermeidung von arbeitgeberseitigen Kündigungen zur Reduzierung der Belegschaft von dem Angebot Gebrauch zu machen.
Die Klägerinnen meldeten sich zum 1. Januar 1984 arbeitslos und beantragten Alg. Das Arbeitsamt Celle bewilligte das Alg, nicht aber für die Zeit vom 1. Januar bis 25. Februar 1984, weil die Klägerinnen ihr Arbeitsverhältnis selbst gelöst und dadurch grob fahrlässig ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt hätten, so daß nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) eine Sperrzeit von acht Wochen eingetreten sei. Die Klägerinnen hätten keinen wichtigen Grund für ihr Ausscheiden aus dem Betrieb gehabt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß gerade sie mit einer Kündigung hätten rechnen müssen, seien nicht ersichtlich. Von einem drastischen Abbau der Belegschaft, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) älteren Arbeitnehmern einen wichtigen Grund abgeben könnte, gegen Abfindung den Arbeitsplatz freiwillig aufzugeben, könne keine Rede sein (Bescheide vom 22. Dezember 1983 und 2. Januar 1984; Widerspruchsbescheide vom 7. August 1984).
Das Sozialgericht (SG) hat die genannten Bescheide aufgehoben und die Berufung zugelassen (Urteile vom 26. November 1985). Die Berufungen der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und durch Urteil vom 23. Juni 1987 zurückgewiesen.
Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, ein wichtiger Grund, der den Eintritt einer Sperrzeit hindere, sei anzunehmen, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Grundsätzlich sei auch einem älteren Arbeitnehmer zuzumuten, zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit an seinem Arbeitsverhältnis festzuhalten, selbst wenn er damit den Arbeitsplatz für einen anderen Arbeitnehmer blockiere. In einzelnen Fällen könnten jedoch überlagernde Sachzwänge in der betrieblichen Situation des Arbeitgebers und den daraus folgenden Bedingungen der betroffenen Arbeitnehmer gegeben sein, die eine Aufgabe des Arbeitsplatzes rechtfertigten. Das BSG habe dies z.B. dann angenommen, wenn bei einem größeren Arbeitgeber der Zwang zu einem drastischen und kurzfristig durchzuführenden Personalabbau bestanden habe, um den Betrieb und damit auch Arbeitsplätze zu erhalten und die drohende Arbeitslosigkeit der freizusetzenden Arbeitnehmer durch den örtlichen Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres habe aufgefangen werden können. Zusätzlich seien in einem solchen Falle Anhaltspunkte dafür gefordert worden, daß der Arbeitnehmer durch sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Betrieb einem anderen Mitarbeiter die Entlassung und damit Arbeitslosigkeit erspare. Überlagernde Sachzwänge in der betrieblichen Situation, die für die Klägerinnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 31. Dezember 1983 hinaus unzumutbar gemacht hätten, hätten hier vorgelegen. Es hätten ausreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, daß durch das freiwillige Ausscheiden der Klägerinnen anderen Arbeitnehmern eine Entlassung durch betriebsbedingte Kündigung und nachfolgende Arbeitslosigkeit erspart worden sei. Es sei nicht zweifelhaft, daß die W. W. AG das Konzept einer Personalverminderung weiterverfolgt und durchgesetzt hätte. Der örtliche Arbeitsmarkt - im Bereich W. noch mehr als im Arbeitsamtsbezirk Celle insgesamt - sei im Jahre 1983 aufgrund der erheblich verschlechterten Arbeitsmarktlage nicht in der Lage gewesen, die bei der W. W. AG ausscheidenden Arbeitnehmer aufzufangen. Die Personalverminderung sei unvermeidlich und erheblich gewesen. Zwar sei der Bestand des Betriebes oder einzelner Abteilungen nicht gefährdet gewesen. Längerfristig sei die Personalverminderung jedoch notwendig gewesen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen und hierdurch den Bestand des Betriebs zu sichern. 1982 habe die AG einen Verlust von 9, 3 Millionen DM gehabt; ihre Kapazitäten seien nur zu 70 v.H. ausgelastet gewesen. Von Herbst 1982 bis weit in das Jahr 1983 hinein sei Kurzarbeit angeordnet gewesen. Die AG habe sich daher gesundschrumpfen müssen, was auch eine Personalverminderung um 400 bis 500 Stellen erforderlich gemacht habe. Personalverminderungen seien nicht erst 1983, sondern schon 1979 bis 1982 durchgeführt worden. 1983 sei das Personal von 3.270 auf 2.988 Arbeitnehmer vermindert worden. Von 1.100 Angestellten seien ca 130 bis 140 Angestellte, zum größten Teil aus dem Verkaufsbereich, ausgeschieden. Daher dürfe die mit der Betriebsvereinbarung vom 29. April 1983 angestrebte Personalverminderung nicht isoliert gesehen werden. Außer Betracht bleiben dürfe in Fällen vorliegender Art auch nicht, daß Betriebe dann, wenn sie eine Personalverminderung im Wege betriebsbedingter Kündigung durchsetzen müßten, in der Regel einen größeren Personalabbau vornähmen, als er auf dem Wege einvernehmlicher Beendigung von Arbeitsverhältnissen geplant würde. Aus diesem Grunde komme ein erheblicher Erwartungsdruck auf diejenigen Arbeitnehmer zu, denen das Angebot gemacht werde, stattdessen freiwillig auszuscheiden. Es könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß den Arbeitnehmern bei den Verhandlungen im Mai 1983 erklärt worden sei, daß sie eine Sperrzeit nicht zu befürchten hätten, auch wenn dies wegen der Entscheidungskompetenz der Arbeitsämter nicht verbindlich zugesichert worden sei. Damit sei für die angesprochenen Arbeitnehmer ein ihnen sonst gegebener Grund entfallen, der Erwartung ihres Ausscheidens durch Annahme des ihnen angebotenen Aufhebungsvertrages nicht zu entsprechen. Zugleich müßte eine solche Erklärung Arbeitnehmer in der Auffassung bestärken, durch den Abschluß eines Aufhebungsvertrages nicht nur den Interessen des Betriebes und anderer Arbeitnehmer zu entsprechen, sondern auch den Interessen der Versichertengemeinschaft nicht durch ein vom Gesetz nicht gebilligtes Verhalten zuwiderzuhandeln. Bei dieser Sachlage sei es den Klägerinnen nicht zuzumuten gewesen, das Angebot des Aufhebungsvertrages abzulehnen.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 119 Abs. 1 AFG und des § 128 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG trete eine Sperrzeit grundsätzlich auch dann ein, wenn ältere Arbeitnehmer wie die Klägerinnen ihre Arbeitsverhältnisse lösten. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats könne jedoch unter bestimmten Voraussetzungen ein wichtiger Grund das Verhalten des älteren Arbeitnehmers rechtfertigen, wenn dieser unter Berücksichtigung seiner finanziellen Absicherung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide und hierdurch einem jüngeren Arbeitnehmer die Entlassung erspare. Voraussetzung sei jedoch, daß bei einem größeren Betrieb der Zwang zu einem drastischen und kurzfristig durchzuführenden Personalabbau bestehe, um den Betrieb und damit auch die Arbeitsplätze zu erhalten, und abzusehen sei, daß die drohende Arbeitslosigkeit der freizusetzenden Arbeitnehmer durch den örtlichen Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres aufgefangen werden könne. Die dabei anzustellende Beurteilung, ob ein Zwang zu drastischem und kurzfristig durchzuführenden Personalabbau bestehe, zwinge zu einer Bezugnahme auf einen, allenfalls ein Jahr umfassenden Zeitraum nach Abschluß des Aufhebungsvertrages. Nur so könne festgestellt werden, ob sich die drohende Arbeitslosigkeit der freizusetzenden Arbeitnehmer durch den örtlichen Arbeitsmarkt ohne weiteres auffangen lasse oder nicht. Davon sei auch der erkennende Senat ausgegangen, indem auf den Personalabbau binnen eines Vierteljahres, eines halben Jahres oder eines ganzen Jahres hingewiesen worden sei. Das habe das LSG verkannt, indem es nicht nur auf die 1983 vorgenommene Personalverminderung, sondern auf eine Gesamtbetrachtung aller seit 1979 vorgenommenen Personalreduzierungen abgestellt habe. Der 1983 vorgenommene Personalabbau (282 Beschäftigte von 3.270 = 8, 62 vH; 130 bzw. 140 Angestellte von 1.100 = maximal 12, 73 vH) könne aber nicht als drastisch angesehen werden. Im übrigen wäre ein Abbau auch nur dann kurzfristig, wenn er innerhalb eines Jahres stattfinde. Ob die Klägerin anderen Arbeitnehmern das Verbleiben im Betrieb ermöglicht hätte, sei unter diesen Umständen unmaßgeblich.
Was das LSG im übrigen ausgeführt habe, treffe in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Unrichtig sei, daß die W. W. AG das Angebot zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages "in dringlicher Form" an die in Betracht kommenden Arbeitnehmer herangetragen habe. Das LSG verschweige hierbei, daß sich der erwähnte Aushang an junge Mitarbeiter gerichtet habe, also an einen Personenkreis, dem die Klägerinnen nicht angehört hätten. Das habe auch der Zeuge S. bestätigt. Das LSG sei zu seiner gegenteiligen Ausführung unter Verstoß gegen die Logik gekommen, denn die Ausführungen widersprächen den aktenkundigen und gerichtsbekannten Umständen. Gleiches gelte auch für die Behauptung des LSG, der Zeuge S. habe den Arbeitnehmern erklärt, eine Sperrzeit sei nicht zu befürchten, wenngleich keine verbindliche Zusage gemacht werden könne. In der Aussage des Zeugen lese sich das anders, was die Beklagte des Näheren dargelegt hat. Spekulativ sei schließlich die Annahme des LSG, wonach die Klägerinnen durch die Äußerungen des Zeugen S. darin bestärkt worden seien, sie würden den Interessen der Versichertengemeinschaft nicht zuwiderhandeln. Insoweit fehle jegliche nachvollziehbare Begründung. Angesichts der Aussagen des Zeugen fehle es auch an Anhaltspunkten dafür, daß die Klägerinnen auf den Nichteintritt von Sperrzeiten hätten vertrauen dürfen.
Nach Art 2 des Achten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 14. Dezember 1987 (BGBl. I 2602) betrügen die Sperrzeiten allerdings nicht acht, sondern jeweils nur vier Wochen.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des LSG und die Urteile des SG insoweit aufzuheben, als der Eintritt von Sperrzeiten von je vier Wochen ab 1. Januar 1984 verneint worden sei, und insoweit die Klagen abzuweisen. |
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Die Klägerinnen beantragen,
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die Revision der Beklagten zurückzuweisen. |
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Sie tragen vor, die behauptete Gesetzesverletzung liege nicht vor. Die nähere Eingrenzung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "wichtiger Grund" müsse sich davon leiten lassen, daß nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eine Sperrzeit nur dann eintreten solle, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden könne. Das sei nach der Rechtsprechung nicht der Fall, wenn bei einem größeren Betrieb der Zwang zu einem drastischen und kurzfristig durchzuführenden Personalabbau bestehe, um den Betrieb und damit auch die Arbeitsplätze zu erhalten. Entgegen dem Revisionsvorbringen habe das LSG den dabei vom BSG gesteckten zeitlichen Rahmen, in dem ein erheblicher Personalabbau zur Annahme eines wichtigen Grundes stattfinden müsse, eingehalten. In BSGE 21, 98, 99 habe der erkennende Senat einen "bereits einige Jahre andauernden Zwang für die Beklagte (Arbeitgeberin), ihren Personalbestand in kurzer Zeit erheblich zu verringern", als ausreichend angesehen. In SozR 4100 § 119 Nr. 14 sei zwar auf den Abbau eines Viertels der Gesamtbelegschaft zum Ende eines Jahres abgestellt worden. Der Senat habe jedoch damit den zeitlichen Rahmen nicht einengen wollen. Auch jüngere Entscheidungen hätten dies nicht getan. Eine Schematisierung des kurzfristigen Personalabbaus als mathematische Größe, wie sie die Revision erstrebe, habe der erkennende Senat nicht vorgenommen. Sie würde auch den Vorstellungen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Vielmehr müsse bei der Beurteilung dessen, ob ein kurzfristig durchzuführender Personalabbau vorgenommen worden sei, ein Maßstab angelegt werden, der auch die wirtschaftlichen und betrieblichen Gegebenheiten berücksichtige. So ließen sich die zur Erhaltung des Betriebes vorgenommenen Arbeitsplatzreduzierungen erheblichen Umfangs in größeren Betrieben in der Regel nicht innerhalb eines Jahres vornehmen. Eine solche Vorgehensweise läge auch nicht im Sinne der Beklagten. Denn bei einem überhasteten Abbau von Arbeitsplätzen werde der regionale Arbeitsmarkt von freiwerdenden Arbeitskräften mit der Folge überschwemmt, daß der Arbeitsmarkt diese nicht auffangen könne. Erfolge eine Belegschaftsabschmelzung aber in einem zeitlichen Rahmen von bis zu vier Jahren, könnten die arbeitslos gewordenen Arbeitnehmer schneller wieder ins Arbeitsleben integriert werden.
Dem entspreche wohl auch das Urteil des 5. Senats vom 24. März 1988 - 5/5b RJ 84/86 -.
Im übrigen habe das LSG weitere Sachzwänge dargelegt, die einen wichtigen Grund abgäben. Auf die Klägerinnen sei ein erheblicher Erwartungsdruck zugekommen. Außerdem habe ihnen der Zeuge S. erklärt, daß sie eine Sperrzeit nicht zu befürchten hätten, wenn er dies wegen der Entscheidungskompetenz der Arbeitsämter auch nicht verbindlich zusichern könnte. Die Verfahrensrüge der Revision gegen diese Feststellungen ginge fehl. Die Beweiswürdigung des LSG habe das BSG weder zu bewerten noch könne es eine eigene andere an die Stelle der des Tatsachengerichts setzen. Ungeachtet dessen, daß der Verstoß gegen Denkgesetze voraussetze, daß nur eine bestimmte Folgerung hätte gezogen werden können, scheine die Beklagte übersehen zu haben, daß der Zeuge S. ausdrücklich erklärt habe, daß er überrascht gewesen sei, daß Sperrzeiten verhängt worden seien. Es habe nämlich eine gegenteilige mündliche Absprache mit dem Arbeitsamt Celle stattgefunden. Die Beklagte habe durch ihre Zugeständnisse gegenüber der W. W. AG und damit auch gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern die berechtigte Erwartung erweckt, ein Sperrzeittatbestand bestehe nicht bzw. werde vom Arbeitsamt nicht geltend gemacht. Damit habe die Beklagte die Klägerinnen mittelbar zur Annahme des Aufhebungsvertrages veranlaßt, die sie wahrscheinlich nicht getroffen hätten, wenn nicht eine unrichtige Aufklärung erfolgt wäre. Zumindest habe die Beklagte im wesentlichen zu diesem Irrtum mit beigetragen. In einem derartigen Verhalten der Beklagten liege nicht nur ein Verstoß gegen Treu und Glauben; es sei vielmehr auch die Frage zu erörtern, ob hier nicht ein Amtshaftungsanspruch in Frage komme.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet.
In der Revisionsinstanz fortwirkende Verstöße der Vorinstanzen, die das Revisionsgericht bei einer zulässigen Revision von Amts wegen zu berücksichtigen hat, liegen nicht vor. Allerdings haben die Klägerinnen, folgt man ihren Anträgen, die sie in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellt haben, sich auf reine Anfechtungsklagen beschränkt, was in Fällen vorliegender Art unzulässig ist. Die Anfechtungsklage genügt zwar, wenn nach zunächst ausgesprochener Leistungsbewilligung diese aufgehoben wird, z.B. wegen Eintritts einer Sperrzeit, um im Falle des Klagerfolgs die Leistung zu erhalten; denn schon die Kassation des aufhebenden Verwaltungsaktes stellt die Bewilligung wieder her (vgl. BSGE 48, 33, 34 = SozR 4100 § 44 Nr. 19; BSGE 49, 197, 198f.). Ist aber für die Zeit, in die die streitige Sperrzeit fällt, Alg noch nicht bewilligt worden, erreicht der Arbeitslose sein Klagziel mit der bloßen Anfechtungsklage nicht. Ist eine Anfechtungsklage begründet, ist lediglich der angefochtene Verwaltungsakt aufzuheben. Ein solches Urteil hindert bei Rechtskraft die Verwaltung zwar, die aufgehobene Regelung mit der gleichen Begründung zu wiederholen. Darin erschöpft sich aber auch die Wirkung des auf die Anfechtungsklage hin ergehenden Urteils. Es hat daher nicht schon zur Folge, daß die Verwaltung die streitige Leistung gewähren muß. Die Entscheidungen, die die Arbeitsämter mit den sogenannten Sperrzeitbescheiden treffen, haben in der Regel nicht die Feststellung von Sperrzeiten oder das Ruhen des Anspruchs wegen Eintritts einer Sperrzeit zum Inhalt; sie regeln vielmehr die rechtlichen Folgen der Sperrzeiten, indem die beantragte Leistung für die Dauer der Sperrzeit abgelehnt und - bei Ansprüchen auf Alg - die Dauer des Anspruchs um die Tage der Sperrzeit gemindert wird. Daß eine Sperrzeit eingetreten ist, ist die Begründung für die getroffenen Regelungen, nicht aber selbst Inhalt der Regelungen. Die hier angefochtenen Bescheide lassen dies noch ausreichend deutlich erkennen; daß die geschilderten Zusammenhänge bei einer anderen Gestaltung der Bescheide unschwer klarer hervortreten könnten, steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls ist wie auch sonst, wenn eine Leistung abgelehnt worden ist, in Fällen vorliegender Art allein die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG die richtige Klageart. Indes muß hier gemäß § 123 SGG davon ausgegangen werden, daß die Klägerinnen sich dieser zulässigen Klageart bedient haben, auch wenn sie sich vor dem SG formal auf Aufhebungsanträge beschränkt haben; denn schon in ihren Klageschriftsätzen haben die Klägerinnen beantragt, die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit der Sperrzeit Leistungen zu gewähren.
In der Sache sind die vorinstanzlichen Urteile aufzuheben, soweit die nur eingeschränkt eingelegte Revision der Beklagten reicht. In diesem Umfange sind die Klagen der Klägerinnen abzuweisen. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihnen für die Zeit vom 1. bis 28. Januar 1984 Alg zu bewilligen. In dieser Zeit ruhten nämlich ihre Ansprüche auf Alg wegen Eintritts von Sperrzeiten von vier Wochen.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl. I 582) tritt eine Sperrzeit von vier Wochen ein, wenn der Arbeitslose sein Arbeitsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die bis zum 31. Dezember 1981 geltende Fassung des § 119 AFG ist vorliegend anzuwenden, obwohl die Umstände, die die Sperrzeit begründen können, nach dem 31. Dezember 1981 eingetreten sind. Das folgt aus Art 1 § 2 Nr. 13 Satz 1 des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I 1497) i.d.F. des Art 2 des Achten Gesetzes zur Änderung des AFG vom 14. Dezember 1987 (BGBl. I 2602). Hiernach ist für Ansprüche auf Alg § 119 AFG in der früheren Fassung weiterhin anzuwenden, wenn der Arbeitslose innerhalb der Rahmenfrist mindestens 180 Kalendertage vor dem 1. Januar 1982 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat und die Entscheidung über den Eintritt der Sperrzeit am 23. Juli 1987 noch nicht unanfechtbar war. Beide Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Klägerinnen standen innerhalb der dreijährigen, vom 1. Januar 1981 bis 31. Dezember 1983 laufenden Rahmenfrist mehr als 180 Kalendertage vor dem 1. Januar 1982 in Beschäftigungen bei der W. W. AG; außerdem waren die Entscheidungen über den Eintritt der Sperrzeiten infolge des Klageverfahrens am 23. Juli 1987 noch nicht unanfechtbar.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG sind Sperrzeiten eingetreten. Der Arbeitslose hat das Arbeitsverhältnis gelöst, wenn er es selbst gekündigt hat oder, wie das hier geschehen ist, durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beendet hat. Es genügt, daß der Arbeitnehmer durch seine Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag eine wesentliche Ursache für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesetzt hat; es kommt nicht darauf an, ob die Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber ausgegangen ist (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 28 m.w.N.).
Durch diese Lösung der Arbeitsverhältnisse haben die Klägerinnen ihre Arbeitslosigkeit ab 1. Januar 1984 herbeigeführt, und zwar zumindest grob fahrlässig. Ein Arbeitnehmer führt mit einer Lösung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit, wenn nicht vorsätzlich, so doch grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz hat (BSGE 43, 269, 270 = SozR 4100 § 119 Nr. 2; BSGE 52, 276, 281 = SozR 4100 § 119 Nr. 17). Letzteres war nicht der Fall. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hatten die Klägerinnen keine konkreten Aussichten auf Anschlußarbeitsplätze. Sie durften auch nicht damit rechnen, daß ihnen das Arbeitsamt zum 1. Januar 1984 einen Arbeitsplatz würde vermitteln können, zumal sie sich erst am 13. Dezember 1983 beim Arbeitsamt gemeldet haben.
Einen wichtigen Grund für ihr Verhalten, d.h. für ihre Zustimmung zu den Aufhebungsverträgen, können die Klägerinnen nicht ins Feld führen. Was als wichtiger Grund i.S. des § 119 Abs. 1 Satz 1 AFG anzusehen ist, hat das Gesetz nicht näher bestimmt. Die Sperrzeitregelung beruht auf dem Grundgedanken, daß sich eine Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muß, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Die Sperrzeit soll die Gemeinschaft der Beitragszahler davor schützen, daß der Anspruchsberechtigte das Risiko seiner Arbeitslosigkeit manipuliert. Im Hinblick auf die Lösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer gilt es dabei, auch solchen Lebenssachverhalten Rechnung zu tragen, die die Aufgabe einer Arbeitsstelle durch den Arbeitnehmer auch dann gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn er infolge der Auflösung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos wird und Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen muß. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll eine Sperrzeit allgemein nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. Bericht der Abgeordneten Porten und Jaschke zum AFG-Entwurf, zu BT-Drucks V/4110 S. 20f.). Der wichtige Grund muß auch den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses decken, der Arbeitslose muß also einen wichtigen Grund dafür haben, daß er das Arbeitsverhältnis gerade zu dem bestimmten Zeitpunkt auflöst (BSGE 43, 269, 271 = SozR 4100 § 119 Nr. 2; BSGE 52, 276, 277 = SozR 4100 § 119 Nr. 17). Nach den vom LSG festgestellten Umständen hatten die Klägerinnen jedoch keinen wichtigen Grund, ihre Arbeitsverhältnisse mit dem Ablauf des 31. Dezember 1983 aufzulösen; ihnen war es vielmehr zuzumuten, über diesen Zeitpunkt hinaus an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten und dadurch den Eintritt der Arbeitslosigkeit zum 1. Januar 1984 zu vermeiden.
Gründe aus dem persönlichen Bereich, etwa gesundheitliche Beeinträchtigungen der Klägerinnen, angesichts deren ihnen die Arbeiten nicht möglich waren, die die W. W. AG von ihnen verlangte und verlangen durfte, hat das LSG nicht festgestellt. Solche Gründe haben die Klägerinnen in dem Verfahren auch nicht geltend gemacht. Das gleiche gilt für Auswirkungen der geplanten Personaleinsparung auf die Klägerinnen, etwa unterwertige Beschäftigungen, die mit Rücksicht auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter Arbeitnehmern einen wichtigen Grund zum Ausscheiden geben können (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 28). Es liegt auch nichts dafür vor, daß den Klägerinnen aufgrund der Absicht der W. W. AG, 130 Arbeitsplätze einzusparen, trotz der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit und ihres Lebensalters drohte, wirksam betriebsbedingt gekündigt zu werden. Sie können sich daher nicht darauf berufen, unabwendbaren Kündigungen lediglich zuvor gekommen zu sein. Folglich stellt sich nicht die Frage, ob das Drohen unabwendbarer Kündigungen, die aufgrund der Betriebsvereinbarung und der für die Klägerinnen geltenden Kündigungsfristen wohl frühestens zum 30. Juni 1984 hätten wirksam werden können, die Klägerinnen berechtigt hätte, schon zum 31. Dezember 1983 auszuscheiden. Schließlich haben die Klägerinnen auch nicht durch Tatsachen belegt geltend gemacht, daß sie einem Druck des Arbeitgebers oder einem Druck jüngerer, von Kündigungen bedrohter Mitarbeiter ausgesetzt gewesen seien, ihre Arbeitsplätze aufzugeben, angesichts dessen die Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse für sie unzumutbar gewesen ist.
Die Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse ist schließlich nicht angesichts des Umstandes unzumutbar gewesen, daß die Klägerinnen nur durch ihr Ausscheiden in den Genuß der Abfindungen von 19.750,-- DM bzw. 35.500,-- DM gelangen konnten. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Senats bei älteren Arbeitnehmern die Aufgabe eines Arbeitsverhältnisses unter Inanspruchnahme einer Abfindung zu Lasten der Versichertengemeinschaft unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein. Ein wichtiger Grund in Fällen dieser Art setzt jedoch besondere, das bloße Abwägen der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitnehmers überlagernde Sachzwänge in der betrieblichen Situation des Arbeitgebers und den daraus folgenden Bedingungen für den betroffenen Arbeitnehmer voraus (vgl. BSGE 21, 98 = SozR Nr. 2 zu § 80 AVAVG; SozR 4100 § 119 Nr. 14).
In seiner jüngeren Rechtsprechung hat der Senat dies nur angenommen, wenn bei einem größeren Betrieb der Zwang zu einem drastischen und kurzfristig durchzuführenden Personalabbau bestand, um den Betrieb und damit auch Arbeitsplätze zu erhalten, und die drohende Arbeitslosigkeit der freizusetzenden Arbeitnehmer durch den örtlichen Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres aufgefangen werden konnte; zusätzlich hat der Senat in einem solchen Falle Anhaltspunkte dafür gefordert, daß der Arbeitnehmer durch sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Betrieb einem anderen Mitarbeiter die Entlassung und damit die Arbeitslosigkeit erspart (SozR 4100 § 119 Nr. 14). In dem entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber ca 400 von 1.600 Arbeitnehmern innerhalb eines Vierteljahres freisetzen müssen, um eine gänzliche Schließung des Betriebes zu verhindern. Der Senat hat seine Entscheidung seinerzeit im wesentlichen darauf gestützt, daß in einer solchen krisenhaften Situation, in der das freiwillige Ausscheiden älterer Arbeitnehmer allgemein in dem Betrieb und in der Region, in der der Betrieb ansässig ist, als eine vernünftige, soziale Härten vermeidende Teillösung des unvermeidlichen Personalabbaus angesehen wird und angesichts des nicht zu verhindernden Verlustes von Arbeitsplätzen das Verhalten des freiwillig ausscheidenden älteren Arbeitnehmers in den Hintergrund tritt.
Der Senat hat schon seinerzeit darauf hingewiesen, daß auch ältere Arbeitnehmer nur unter solchen besonderen betrieblichen und den Arbeitsmarkt der Region belastenden Umständen einen wichtigen Grund dafür haben, unter Mitnahme der Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden und die Leistungen der Arbeitslosenversicherung ungeschmälert in Anspruch zu nehmen (SozR 4100 § 119 Nr. 14; ebenso Urteil des Senats vom 25. August 1981 - 7 RAr 53/80 -, veröffentlicht im Dienstblatt der Bundesanstalt für Arbeit - Rechtsprechung - Nr. 2730 AFG § 119). Daran anschließend ist der Senat folgerichtig der Auffassung entgegengetreten, daß in Zeiten der Massen- und Dauerarbeitslosigkeit älteren, kurz vor der Altersgrenze für ein Altersruhegeld stehenden Arbeitnehmern die Fortsetzung ihrer bisherigen Arbeitsverhältnisse allgemein unzumutbar sei, weil sie damit die Arbeitsplätze für jüngere Arbeitnehmer blockierten. Der Senat hat hierzu ausgeführt, daß die Sperrzeitregelung ihre Funktion, die Manipulation von Arbeitslosigkeit zu verhindern, nicht erfüllen kann, wenn gegen den Eintritt einer Sperrzeit allgemein geltend gemacht werden dürfte, daß die aufgegebene bzw. abgelehnte Arbeitsstelle genauso gut oder besser von einem anderen Arbeitslosen ausgefüllt werden könne und der Versichertengemeinschaft durch den Sperrzeittatbestand kein besonderer Schaden entstanden sei. Das gelte insbesondere in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und auch beim Ausscheiden älterer Arbeitnehmer, zumal sie in aller Regel schwerer als jüngere Arbeitnehmer zu vermitteln seien. Nicht nur im Hinblick auf die Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, sondern auch mit Rücksicht auf das vorgezogene Altersruhegeld wegen einjähriger Arbeitslosigkeit bei Vollendung des 60. Lebensjahres habe die Versichertengemeinschaft ein besonderes Interesse daran, den Eintritt der Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer zu verhindern. Im Rahmen der Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitslosen und den Interessen der Versichertengemeinschaft sei daher zu berücksichtigen, daß es gerade nicht den Vorstellungen des Gesetzes entspreche, daß der Arbeitnehmer sanktionslos den Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit und der ältere Arbeitnehmer damit praktisch den Versicherungsfall des vorgezogenen Altersruhegeldes herbeiführe. Da die Bereitschaft eines älteren Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis aufzugeben, im Regelfall weniger durch Erwägungen der Solidarität mit der jüngeren Arbeitnehmerschaft als durch die Aussicht bestimmt sei, praktisch aus dem Arbeitsleben auszuscheiden und gleichzeitig finanziell abgesichert zu sein, nämlich durch Alg, Arbeitslosenhilfe, das vorgezogene Altersruhegeld und ggf betriebliche Leistungen, gebühre auch in derartigen Fällen grundsätzlich den Interessen der Versichertengemeinschaft der Vorrang (vgl. SozR 4100 § 110 Nr. 28).
Die Annahme eines wichtigen Grundes wegen eines größeren Personalabbaus ist hiernach auf besonders gelagerte Einzelfälle zu beschränken. Tendenzen der Instanzgerichte, den wichtigen Grund des sogenannten drastischen Personalabbaus unter Hervorhebung dessen großzügig zu handhaben, daß der regionale Arbeitsmarkt nicht in der Lage gewesen sei, den Personalabbau in absehbarer Zeit aufzufangen und der Arbeitslose anderen Arbeitnehmern seinen Arbeitsplatz überlassen habe, ist der Senat wiederholt entgegengetreten (vgl. die nicht veröffentlichten Urteile vom 13. August 1986 - 7 RAr 16/85 -, vom 13. Mai 1987 - 7 RAr 38/86 - und vom 15. Juni 1988 - 7 RAr 3/87 -). Hieran ist auch deshalb festzuhalten, weil anderenfalls die Arbeitslosenversicherung das Ausscheiden älterer Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis über das hinzunehmende Maß hinaus förderte. Schon die Erwartung des Arbeitnehmers, jedenfalls nach Ablauf einer Sperrzeit Alg zu erhalten, ist geeignet, mittelbar das freiwillige Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu fördern. Die Anerkennung eines wichtigen Grundes wegen Personalabbau erleichtert dem Arbeitgeber darüber hinaus, den Arbeitnehmer zum freiwilligen Ausscheiden gegen Abfindung zu bewegen; denn tritt eine Sperrzeit nicht ein, schmälern Sperrzeitfolgen nicht den Vorteil, den der Arbeitnehmer sich vom Ausscheiden verspricht. Die Förderung des freiwilligen Ausscheidens der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ist indes nicht Sinn der Arbeitslosenversicherung. Auch deshalb kann ein wichtiger Grund nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen des Personalabbaus in Betracht kommen. Freisetzungen, die lediglich erfolgen, um die Altersstruktur der Belegschaft zu verbessern, und schon im allgemeinen zu Lasten älterer Arbeitnehmer und der öffentlichen Kassen gehen, sind nicht noch über die Annahme eines wichtigen Grundes i.S. des § 119 AFG zu honorieren. Gleiches gilt für einen Personalabbau, der vorgenommen wird, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, zu erhalten oder wiederherzustellen oder die Gewinne zu steigern. Entsprechend kann ein wichtiger Grund zur Arbeitsaufgabe eines Angestellten des öffentlichen Dienstes nicht allein in einem bereits mehrere Jahre andauernden Zwang einer Anstellungskörperschaft gesehen werden, ihren Personalbestand erheblich zu verringern; insoweit - aber nur insoweit - hält der Senat an den Ausführungen in BSGE 21, 98, 99 = SozR Nr. 2 zu § 80 AVAVG nicht fest. Ein Personalabbau kann dem älteren Arbeitnehmer einen wichtigen Grund zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes vielmehr nur in einer krisenhaften Situation eines größeren Betriebes geben, wenn der Abbau von erheblichem Ausmaß ist und kurzfristig durchgeführt werden muß, um den Betrieb und damit auch die verbleibenden Arbeitsplätze zu erhalten. Eine solche Situation liegt im allgemeinen nicht vor, wenn innerhalb eines Jahres weniger als ein Viertel der Beschäftigten freigesetzt werden muß.
An dieser Verdeutlichung seiner bisherigen Rechtsprechung, insbesondere des Urteils SozR 4100 § 119 Nr. 14, ist der Senat nicht durch das von den Klägerinnen erwähnte Urteil BSGE 63, 112 = SozR 1200 § 14 Nr. 28 gehindert. In diesem Urteil hat der 5. Senat des BSG ausgeführt, eine Ausfallzeit wegen Bezugs von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit (§ 1259 Abs. 1 Nr. 3 Reichsversicherungsordnung) liege nicht vor, solange Alg wegen § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG nicht zu gewähren sei. In dem entschiedenen Fall hat der 5. Senat unter Berufung auf das Urteil SozR 4100 § 119 Nr. 14 angenommen, daß der damalige Kläger für die Aufgabe seines Arbeitsplatzes einen wichtigen Grund gehabt habe, weil das Arbeitsverhältnis anläßlich eines drastischen Personalabbaus gegen Abfindung gelöst worden sei. Daß der 5. Senat dabei von anderen Anforderungen als der erkennende Senat ausgeht, ergibt sich aus dem Urteil nicht; denn weder das Vorliegen des wichtigen Grundes ist näher begründet worden noch läßt der geschilderte Sachverhalt erkennen, daß der 5. Senat von Umständen ausgegangen ist, die nach der Auffassung des erkennenden Senats die Aufgabe einer Arbeitsstelle nicht rechtfertigen. Der erkennende Senat weicht daher nicht i.S. des § 42 SGG in einer Rechtsfrage vom 5. Senat ab; einer Anrufung des Großen Senats bedarf es nicht.
Hiernach war vorliegend ein dem Urteil SozR 4100 § 119 Nr. 14 vergleichbarer Fall schon deshalb nicht gegeben, weil die W. W. AG 1983 mit 282 von 3.270 Beschäftigten deutlich weniger als 25 v.H. der Belegschaft abgebaut hat. Die für 1983/84 geplante Freisetzung von 130 Arbeitnehmern war auch nicht unmittelbar erforderlich, um die Existenz des Betriebes der W. W. AG und der verbleibenden Arbeitsplätze zu erhalten. Das LSG hat zwar festgestellt, daß die Gesellschaft 1982 einen Verlust von 9, 3 Millionen DM gehabt hat und 1982 und 1983 kurzarbeiten mußte. Merkmale einer etwa hieraus folgenden krisenhaften Situation der Gesellschaft, einer hundertprozentigen Tochter eines der führenden Unternehmen der deutschen Großchemie, sind indessen nicht festgestellt worden. Daß der Bestand des Betriebes oder einzelner Abteilungen gefährdet gewesen sei, hat das LSG nicht feststellen können. Die Personalverminderung ist lediglich längerfristig notwendig gewesen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen und hierdurch langfristig den Bestand des Betriebes zu sichern. Dem entspricht es, daß in der Betriebsvereinbarung vom 29. April 1983, auf die das LSG in seinem Urteil verwiesen hat, als Grund für den Personalabbau weder die eingetretenen Verluste noch die längere Kurzarbeit oder andere wirtschaftliche Schwierigkeiten der Gesellschaft genannt worden sind, sondern Personalüberhänge, die durch zwei Untersuchungen aufgezeigt worden seien. Entsprechend war auch nicht erforderlich, daß die 130 Arbeitnehmer bis zu einem bestimmten, naheliegenden Zeitpunkt ausgeschieden waren; es genügte vielmehr, wenn bis zum 30. September 1983 130 Arbeitnehmer schriftlich ihre Bereitschaft zum Ausscheiden erklärten, um den in der Betriebsvereinbarung vereinbarten Verzicht des Arbeitgebers auf betriebsbedingte Kündigungen bis zum 30. April 1984 zu bewirken.
Eine krisenhafte Situation lag hiernach nicht vor. Daran ändert nichts, daß auch in den Jahren 1979 bis 1982 bei der W. W. AG ein Personalabbau vorgenommen worden ist.
Daß, wie das LSG angenommen hat, Gründe vorgelegen haben, denen zufolge für Arbeitgeber und Betriebsrat die freiwillige Beendigung von 130 Arbeitsverhältnissen erwünscht war und den Arbeitnehmern dies nahegelegt worden ist, ist unerheblich. Unerheblich ist ferner, daß der den Arbeitgeber vertretende Zeuge S. den Arbeitnehmern bei den Verhandlungen im Mai 1983 erklärt hat, daß sie eine Sperrzeit nicht zu befürchten hätten, wenn er dies wegen der Entscheidungskompetenz der Arbeitsämter auch nicht verbindlich zusichern könne. Das LSG hat zwar nicht festgestellt, daß die Klägerinnen persönlich hieraufhin angenommen haben, eine Sperrzeit trete nicht ein. Es hat vielmehr nur gemeint, eine solche Erklärung habe die Arbeitnehmer in der Auffassung bestärken müssen, durch den Abschluß eines Aufhebungsvertrages den Interessen der Versichertengemeinschaft nicht durch ein vom Gesetz nicht gebilligtes Verhalten zuwiderzuhandeln. Selbst wenn die Klägerinnen dieser Überzeugung gewesen wären, änderte dies am Eintritt einer Sperrzeit nichts; denn die einen wichtigen Grund rechtfertigenden Umstände müssen objektiv gegeben sein. Es reicht nicht aus, daß der Arbeitslose irrigerweise solche Umstände als gegeben angesehen hat, und schon gar nicht, wenn er die tatsächlich richtig erkannten Umstände fehlerhaft als wichtigen Grund bewertete (Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand September 1989, § 119 Anm. 13). Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß Entscheidungen über den Anspruch auf Alg der Direktor des Arbeitsamtes trifft (§ 146 AFG). Er ist daher auch für Zusagen zuständig, nicht der Arbeitgeber. Darauf hat der Zeuge S. auch hingewiesen, indem er den Arbeitnehmern erklärt hat, daß er wegen der Entscheidungskompetenz der Arbeitsämter nicht verbindlich zusichern könne, daß eine Sperrzeit nicht eintreten werde. Schon wegen dieses Vorbehalts können die Klägerinnen nicht geltend machen, sich auf die Angaben des Zeugen S. verlassen zu haben, zumal ihnen bewußt sein mußte, daß der Arbeitgeber ein Interesse hatte, daß die Arbeitnehmer seine Beurteilung über den Nichteintritt einer Sperrzeit teilten, um desto eher das Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Die beiden Sperrzeiten sind hiernach eingetreten. Anhaltspunkte dafür, daß sie nach den für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen für die Klägerinnen eine besondere Härte bedeuten würden, so daß die Sperrzeiten nur zwei Wochen umfaßten (§ 119 Abs. 2 AFG aF), bestehen nicht. Die Sperrzeiten haben somit gemäß § 119 Abs. 1 Satz 3 AFG zur Folge, daß die Ansprüche der Klägerinnen auf Alg vier Wochen ruhen.
Der hiernach rechtmäßigen Ablehnung der Anträge auf Alg steht nicht entgegen, daß das zuständige Arbeitsamt eine Zusage erteilt hätte, den Klägerinnen Alg zu gewähren. Auch wenn, wie sich aus einem von dem Zeugen S. dem LSG vorgelegten Aktenvermerk ergibt, der Leiter der Leistungsabteilung des Arbeitsamtes Celle und der Leiter der Nebenstelle des Arbeitsamtes Celle in W. in einem Gespräch mit Vertretern der W. W. AG bestätigt haben sollten, "daß an Mitarbeiter . ., die sich … arbeitslos melden werden, das Arbeitslosengeld unmittelbar nach Eintreten der Arbeitslosigkeit gezahlt wird" und diese Erklärung sich auf die 130 freizustellenden Arbeitnehmer beziehen sollte, können die Klägerinnen hieraus nichts für sich herleiten; denn eine Zusage, zu einem bestimmten Verwaltungsakt, hier die Bewilligung von Alg ungeachtet des Eintritts einer Sperrzeit, bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form (§ 34 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches). Abgesehen davon, daß den Klägerinnen nichts erklärt worden ist, fehlt es an der Schriftlichkeit; sie kann, wie nicht weiter begründet werden muß, durch einen Aktenvermerk des Arbeitgebers nicht ersetzt werden.
Da die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht rechtswidrig sind, soweit es um Alg für die Zeit vom 1. bis 28. Januar 1984 geht, müssen insoweit die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Klagen abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, daß die Klagen der Klägerinnen im Ergebnis zur Hälfte von Erfolg gewesen sind.7 RAr 86/88
BUNDESSOZIALGERICHT
Verkündet am 29. November 1989
Fundstellen