Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein mehrstufiger Finanzrechtsweg. Telefonkostenschätzung und Nichtanerkennung von Reisekosten keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung
Leitsatz (redaktionell)
1. Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG gebieten keinen mehrstufigen Rechtsweg in allen Zweigen, insbesondere nicht das Rechtsmittel der Revision.
2. § 115 Abs. 1 und 2 FGO i. V. mit Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Die Schätzung von Telefonkosten und Nichtanerkennung von Reisekosten erfordert nicht zwangsläufig die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 115 Abs. 1-2; EStG §§ 12, 4 Abs. 6
Verfahrensgang
BFH (Beschluss vom 01.02.1989; Aktenzeichen I B 70/88) |
Gründe
1. § 115 Abs. 1 und Abs. 2 FGO in Verbindung mit Art. 1 Nr. 5 des BFH-Entlastungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 3. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2442) begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Aus Art. 19 Abs. 4 und aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich kein Anspruch auf einen mehrstufigen Rechtsweg. Auch das Rechtsstaatsprinzip gebietet nicht, daß der Rechtsweg in allen Zweigen einen Instanzenzug hat, insbesondere stets das Rechtsmittel der Revision ermöglicht. Kann der Gesetzgeber aber ohne Verfassungsverstoß die Revision völlig versagen, so kann er auch die Zulassung der Revision an bestimmte gesetzliche Vorgaben geknüpft dem Finanzgericht oder dem Bundesfinanzhof übertragen (vgl. etwa BVerfGE 19, 323 ≪327 f.≫; 65, 76 ≪90 f.≫).
2. Von einem Verfassungsverstoß könnte somit nur ausgegangen werden, wenn der Bundesfinanzhof in Auslegung und Anwendung der in § 115 FGO bzw. in Art. 1 des BFH-Entlastungsgesetzes festgelegten Voraussetzungen die Zulassung der Revision abgelehnt hätte und dabei erkennbar wäre, daß er die Bedeutung und Tragweite von Grundrechten verkannt hat (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92≫; 26, 327 ≪334≫), Das wäre vor allem dann der Fall, wenn der Bundesfinanzhof nach Lage der Dinge verpflichtet gewesen wäre, die Revision zuzulassen, und diese Pflicht willkürlich mißachtet hätte (Vgl. BVerfGE 67, 90 ≪94 f. ≫).
3. Anhaltspunkte, die einen Verfassungsverstoß in dem dargestellten Sinne erkennen lassen, sind jedoch nicht ersichtlich. Weder gibt der Beschluß des Bundesfinanzhofs in der Einkommensteuersache der Beschwerdeführer noch in der Gewerbesteuersache des Beschwerdeführers Anlaß zu einer verfassungsrechtlichen Beanstandung.
a) Die Zulassung der Revision in der Einkommensteuersache lediglich für das Jahr 1979 und nicht für die Jahre 1978 und 1980 beruht, ersichtlich auf der von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abweichenden Entscheidung des Finanzgerichts, welches die Klage der Beschwerdeführer gegen den Einkommensteuerbescheid 1979 mit Einwendungen gegen einen Grundlagenbescheid als insoweit unzulässig angesehen hat (vgl. BFH, BStBl. 1988 II S. 142).
Darüber hinaus ist die Zulassung der Revision für die Jahre 1978 und 1980 nicht willkürlich versagt worden, denn die Beschwerdeführer haben keine Umstände im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragen, die zwingend die Zulassung der Revision hätten gebieten können. Weder kommt der Frage der Schätzung von Telefonkosten noch der im Hinblick auf § 12 Nr. 1 EStG ausgesprochenen Nichtanerkennung von Reisekosten offenkundig grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu. Was den Bereich der geltend gemachten und nicht anerkannten Verpflegungsmehraufwendungen angeht, so haben die Beschwerdeführer im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde keine Urteile des Bundesfinanzhofs angeführt, die belegen, daß das Finanzgerichtsurteil auf einer Abweichung von diesen beruht, denn das Problem der Nichtanerkennung von Aufwendungen aufgrund der Regelung des § 4 Abs. 6 EStG a. F. (= § 4 Abs. 7 EStG) ist in den aufgeführten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs nicht behandelt. Auf die fehlende Erfüllung dieser Aufzeichnungspflicht aber hat das Finanzgericht seine Entscheidung gestützt. Schließlich läßt auch die Beschränkung der Revision auf das Veranlagungsjahr 1979, insoweit aber unbeschränkt, Willkür nicht erkennen.
b) Nach alledem kommt auch ein Verfassungsverstoß bezüglich des Beschlusses des Bundesfinanzhofs in der Gewerbesteuersache des Beschwerdeführers, mit dem seine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen wurde, nicht in Betracht.
Die Auferlegung der Unterliegensgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen