Joachim Patt, Fabian Bernhagen
Tz. 25
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Die bisherige Besteuerungskonzeption der Einbringung von BV in eine Kap-Ges/Gen mit Entstehung sog einbringungsgeborener Anteile (s Vor § 20 UmwStG [vor SEStEG] Tz 6ff und s § 21 UmwStG [vor SEStEG]) wird durch die Systemänderung des §§ 20ff UmwStG idF ab SEStEG aufgegeben und auf der Ebene des Einbringenden/AE durch eine nachträgliche Besteuerung eines Einbringungsgewinns ersetzt (s Tz 1). Diese nachgelagerte Besteuerung der originären Einbringung dient nur (noch) der Verhinderung einbringungsbedingt gestalteter stlicher Statusverbesserungen (s Tz 1a und s Tz 1d) und wird durch eine Veräußerung der aus der Einbringung erhaltenen Anteile oder die Verwirklichung eines der Veräußerung gleichgestellten Vorgangs innerhalb einer Sieben-Jahres-Frist ab der Einbringung ausgelöst. Erfolgt in der maßgebenden Frist keine Veräußerung und auch kein gleichgestellter Vorgang, enthält das UmwStG weder zur stlichen Behandlung der erhaltenen Anteile noch zu einer nachträglichen Neubeurteilung der Einbringung Regelungen; insbes § 22 UmwStG ist nicht anwendbar. Es gelten sodann ausschließlich die allg Grundsätze (s Tz 64ff; zu diesen allg Grundsätzen gehört auch die Weiteranwendung der Regelungen zu den einbringungsgeborenen Anteilen iSd § 21 UmwStG aF; s Tz 24a-24b).
Tz. 25a
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
§ 22 Abs 1 S 1 UmwStG knüpft an den Tatbestand der "Veräußerung" der betroffenen Anteile (s Tz 5–15c) durch den Einbringenden (s Tz 29a-30) an. Der Sachverhalt der Veräußerung als solche ist maßgebend; die Gründe hierfür oder das stliche Ergebnis der Veräußerung, nämlich ob infolge der Veräußerung sich ein Gewinn oder Verlust ergibt, sind für Zwecke der nachträglichen Besteuerung der Einbringung irrelevant. Der Tatbestand des § 22 Abs 1 S 1 UmwStG setzt nur die objektive Sachlage einer Anteilsveräußerung voraus. Diese Veräußerung ist (nur) "Beweggrund", um sodann (neue) Rechtsfolgen für den AE nicht für die in Rede stehende Veräußerung, sondern den zurückliegenden Sachverhalt, der zum Erwerb der Anteile geführt hat (nämlich die Einbringung), zu ziehen. Daher kommt es für Zwecke des § 22 Abs 1 S 1 UmwStG weder
- auf die Veräußerungsumstände (freiwillige oder aus wirtsch, pers oder rechtlichen Gründen "erzwungene" Veräußerung, s Tz 31; ebenso s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 24; s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 34),
- auf eine ges "erzwungene" oder ges fingierte Veräußerung (zB Einziehung von Aktien gem § 237 Abs 1 und 2 AktG, s Widmann in W/M, § 22 UmwStG Rn 18 oder Aktienverkauf im sog Squeeze Out gem §§ 327a ff AktG, s Tz 31 oder fiktive Veräußerung bei Entstrickung gem § 12 Abs 1 KStG, s Tz 28b) oder fiktiver Formwechsel bei Option/Rückoption (s § 1a Abs 2 S 1 und Abs 4 S 2 KStG), s Tz 33d,
- auf das stliche Veräußerungsergebnis (positiver VG oder Veräußerungsverlust: ebenso die hA, zB s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 60; s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 24; s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 130 im Bsp unter Var b), die allerdings bei einem Veräußerungsverlust "eine Abkehr vom Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit" beklagt, s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 101; Billigkeitsmaßnahmen bei "ungeplanten Notverkäufen" fordernd, wenn nach dem Einbringungsstichtag sinkende Unternehmenswerte durch die Corona-Krise begründet sind, s Bron, DStR 2020, 1009 unter 3.3–3.5) oder die St-Neutralität der Anteilsveräußerung (zB bei § 6 Abs 5 S 3 EStG im Fall der Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, s Tz 32a) noch auf
- die tats Versteuerung des VG (und ggf Entrichtung der fälligen St hierauf) durch den (aktuellen) AE im Zeitpunkt der Veräußerung an.
Damit hat § 22 Abs 1 UmwStG eine gänzlich andere Systematik und einen grundlegend abw Sinngehalt als die Besteuerung einbringungsgeborener Anteile gem § 21 UmwStG aF. In § 21 Abs 1 UmwStG aF führt nämlich die Veräußerung der maßgebenden Anteile als Tatbestand zur Rechtsfolge einer spezialges Ermittlung der stillen Reserven im Zeitpunkt ebendieser Veräußerung verbunden mit besonderen Bestimmungen zur Versteuerung des VG. Im Regelungsbereich der "Besteuerung des AE" nach § 22 UmwStG kommt der Veräußerung der Anteile als solche einzig die Bedeutung eines auslösenden Ereignisses für die Neubeurteilung der vorangehenden Einbringung zu (Veräußerung als "Auflagenverletzung" der unter einer sachlichen und zeitlichen – Sperrfrist – Bedingung stehenden St-Begünstigung der Einbringung).
Die rechtliche Würdigung der Anteilsveräußerung wird im UmwStG nicht geregelt und bestimmt sich somit (nur) nach allg Grundsätzen (ebenso s UmwSt-Erl 2011 Rn 22.05; Ausnahmen nur § 22 Abs 1 S 4 UmwStG zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung und § 22 Abs 4 UmwStG für spezielle Sonderfälle).
Tz. 25b
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Rechtsfolge einer "schädlichen" Verfügung über die ("sperrfristverhafteten") Anteile (Veräußerung, veräußerungsähnliche Vorgänge oder Verletzung der Nachw-Pflicht gem § 22 Abs ...