Joachim Patt, Fabian Bernhagen
Tz. 49
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Der Veräußerungsersatztatbestand des § 22 Abs 1 S 6 Nr 4 und 5 UmwStG ergänzt die gem § 22 Abs 1 S 6 Nr 2 UmwStG als sperrfristunschädlich bestimmte Bw-Einbringung der Anteile in eine Kap-Ges/Gen (s Tz 41) im Hinblick auf die anschließende Übertragung der iRd Einbringung/des Anteilstauschs eingebrachten (s § 22 Abs 1 S 6 Nr 4 UmwStG) und der erworbenen Beteiligung (s § 22 Abs 1 S 6 Nr 4 UmwStG). Die nachträgliche Einbringungsgewinnbesteuerung im Fall der Veräußerung von sperrfristverhafteten Anteilen oder der verdeckten Einlage in eine Kap-Ges soll nicht dadurch "umgangen" werden, dass innerhalb der (originären) Sperrfrist eine unschädliche Bw-Einbringung der Anteile "vorschaltet wird" und sodann die aus der Weitereinbringung erworbenen Anteile durch den Einbringenden oder die eingebrachten Anteile durch die Übernehmerin gewinnrealisierend veräußert/eingelegt werden. In beiden Fällen kommt es zu derjenigen "Statusverbesserung", die der Ges-Geber durch § 22 UmwStG verhindern will (s Tz 1a und 1b).
Ein veräußerungsgleiches Ereignis, welches die Rechtsfolgen des § 22 Abs 1 S 1 UmwStG (nachträglicher Einbringungsgewinn) auslöst, ist anzunehmen, wenn und soweit (s Tz 39 und 54c)
- bei einer Bw-Einbringung gem §§ 20, 21, 25 UmwStG (s Tz 41–41b) oder vergleichbaren ausl Einbringung (s Tz 41c) der maßgebenden Anteile durch die übernehmende Gesellschaft (s UmwSt-Erl 2011, Rn 22.25) die eingebrachten Anteile anschließend (unmittelbar oder mittelbar) veräußert (s Tz 27–33f), unentgeltlich auf eine andere Kap-Ges oder Gen übertragen (s Tz 40–40b) oder zum Zwischenwert oder gW in eine Kap-Ges oder Gen eingebracht werden (s Tz 42a; s § 22 Abs 1 S 6 Nr 4 UmwStG; Ausnahme nur: nachgewiesene Bw-Einbringung gem §§ 20, 21 UmwStG oder vergleichbarer ausl Vorgänge, s Tz 49a) oder
- bei einer (nachgewiesenen) Bw-Einbringung gem §§ 20, 21 UmwStG (s Tz 41–41b) oder vergleichbaren ausl Einbringung (s Tz 41c) der maßgebenden (sperrfristverhafteten) Anteile der Einbringende die aus der Bw-Einbringung erhaltenen Anteile (auf Weitereinbringung "beruhende" Anteile) anschließend (unmittelbar oder mittelbar) veräußert (s Tz 27–33f), unentgeltlich auf eine andere Kap-Ges oder Gen überträgt (s Tz 40–40b) oder zum Zwischenwert oder gW in eine weitere Kap-Ges oder Gen einbringt (s Tz 42a; s § 22 Abs 1 S 6 Nr 5 UmwStG; s Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525/1539, Bsp 17; Ausnahme nur: nachgewiesene Bw-Einbringung gem §§ 20, 21 UmwStG oder vergleichbare ausl Vorgänge, s Tz 49a).
Die Veräußerung der aus der Weitereinbringung zum Bw erhaltenen neuen Anteile durch den Einbringenden ist keine mittelbare Veräußerung der eingebrachten Anteile iSd § 22 Abs 1 S 6 Nr 4 UmwStG; hier geht der speziellere Ersatztatbestand des § 22 Abs 1 S 6 Nr 5 UmwStG vor (zust s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 96).
Veräußert die übernehmende Gesellschaft in den Fällen des § 22 Abs 1 S 6 Nr 4 UmwStG die eingebrachten Anteile nicht und erfolgt auch keine unentgeltliche Übertragung der Anteile in eine andere Kap-Ges, ist gleichwohl ein nachträglicher Einbringungsgewinn zu versteuern, wenn innerhalb der (Rest-)Sperrfrist die pers Ansässigkeitsvoraussetzungen des § 1 Abs 4 UmwStG bei der Übernehmerin verloren gehen. Es liegt nämlich in diesem Fall ein Realisationstatbestand des § 22 Abs 1 S 6 Nr 6 UmwStG vor (s Tz 49b ff).
Ist die einbringende Pers eine Kap-Ges, stellt die Veräußerung der Anteile an der einbringenden Gesellschaft oder von Anteilen an übergeordneten Gesellschaften weder eine mittelbare Veräußerung der eingebrachten noch der erhaltenen Anteile iSd § 22 Abs 1 S 6 Nr 4 und 5 UmwStG dar (glA s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 96 und 100; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 392, 406; s Widmann, in W/M, § 22 UmwStG Rn 84; s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 202; s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 66; s Graw, Ubg 2009, 691, 695; s Kessler, Ubg 2011, 34).
Die der Weitereinbringung nachfolgenden schädlichen Weiterübertragungsvorgänge müssen innerhalb der (seit der "Ersteinbringung" weiterlaufenden) "restlichen" Sperrfrist erfolgen (dazu s Tz 19ff; hieraus berechnet sich auch die "Siebtelregelung" bei der Ermittlung des nachträglichen Einbringungsgewinns; s UmwSt-Erl 2011 Rn 22.26 mit Bsp); dies ergibt sich aus der "entspr Anwendung" aller Ersatztatbestände (s Tz 39).
Durch Fälle der Ketteneinbringung kann sich nebeneinander ein "Geflecht" von unterschiedlichen Sperrfristtatbeständen nach § 22 Abs 1 und zugleich Abs 2 UmwStG ergeben, welche sachl tw an dieselben Anteile anknüpfen (s Tz 15b), mit unterschiedlichen Zeitkorridoren (s Tz 19b; weitere Bsp s UmwSt-Erlass 2011 Rn 22.25 und 22.26 und s Widmann, in W/M, § 22 UmwStG Rn 77; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 398).
Tz. 49a
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Bei den Veräußerungsersatztatbeständen des § 22 Abs 1 S 6 Nr 4 und 5 UmwStG ist die Weitereinbringung (Ketteneinbringung) der maßgebenden Anteile zum Bw gem §§ 20 Abs 1, 21 Abs 1 S 2 ...