Joachim Patt, Fabian Bernhagen
Tz. 63
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Der nachträgliche Einbringungsgewinn I ist gegen den (originären) Einbringenden festzusetzen. Dies gilt auch im Fall der unentgeltlichen Rechtsnachfolge hinsichtlich der sperrfristverhafteten Anteile und der Mitverstrickung, wenn die Veräußerung (oder das gleichgestellte Ereignis) durch den Rechtsnachfolger oder einen Dritten verwirklicht worden ist (str, s Tz 106, 112). Die Erfassung des Einbringungsgewinns I erfolgt bei der ESt-/KSt-Festsetzung, wenn eine natürliche Pers oder eine Kö ihren Betrieb oder Teilbetrieb eingebracht hat. Wird der Gewinn aus dem (Teil-)Betrieb gesondert festgestellt, ist die gesonderte Feststellung entspr zu ändern. Maßgebend ist der VZ, in den der stliche Übertragungsstichtag (s § 20 Abs 5 und 6 UmwStG), der zur Entstehung der sperrfristverhafteten Anteile geführt hat, fällt. Die Festsetzung des Einbringungsgewinns I erfolgt durch das für den Einbringenden zum Zeitpunkt der Veranlagung oder der Änderung eines bereits für den Einbringungs-VZ erfolgten Bescheids zuständigen FA.
Im Fall der Einbringung eines (Teil-)Betriebs durch eine Pers-Ges, dem Formwechsel einer Pers-Ges in eine Kap-Ges/Gen oder der Einbringung eines MU-Anteils ist der Einbringungsgewinn I (notwendiger) Bestandteil der Gewinnfeststellung der Pers-Ges für den Einbringungsstichtag. Aus der Bestimmung in § 22 Abs 1 S 1 UmwStG, nach der der Einbringungsgewinn I "als Gewinn des Einbringenden iS von § 16 EStG zu versteuern" ist, ergibt sich keine abw verfahrensrechtliche Behandlung des nachträglichen Gewinns gegenüber den Regelungen für einen originären Einbringungsgewinn (dazu s § 20 UmwStG Tz 259; zutr s Urt des FG Münster v 21.10.2016, EFG 2016, 252, rkr; ebenso s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 50). Der Ausweis eines Einbringungsgewinns I, dessen Höhe und Zurechnung auf den/die MU sind gesondert in Rechtskraft erwachsende und selbständig anfechtbare Feststellungen (s Patt, in H/H/R § 16 EStG Rn 45).
Tz. 63a
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
- Änderung bereits erfolgter Festsetzung/Feststellung für den Einbringenden
Der Einbringungsgewinn I ist bei der maßgebenden St-Festsetzung oder Gewinnfeststellung (s Tz 63) zu berücksichtigen. Dies kann iRe erstmaligen Bescheids oder durch Änderung bereits ergangener Bescheide für das Einbringungsjahr erfolgen. Sind die Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, erfolgt eine Korrektur nach § 164 Abs 2 AO (die Änderungsvorschriften nach den §§ 172ff AO kommen nicht zur Anwendung). Ist dies nicht der Fall, kommt eine Änderung gem § 173 Abs 1 Nr 1 AO ("neue Tatsache") oder § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO ("rückwirkendes Ereignis") in Frage. Die Veräußerung innerhalb der Sieben-Jahres-Frist oder die gleichgestellten Vorgänge gelten für die Zwecke der Rechtsfolgen des § 22 Abs 1 S 1 UmwStG zwar "insoweit als rückwirkende Ereignisse iSv § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO" (s § 22 Abs 1 S 2 UmwStG). Da § 22 Abs 1 S 2 UmwStG als Rechtsgrundverweisung zu verstehen ist, kann eine Änderung des ursprünglichen Bescheids nur dann gem § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO (unter den weiteren Voraussetzungen der Vorschrift) erfolgen, wenn das Ereignis, dh der Zeitpunkt der sperrfristverletzenden Handlung, nach Erlass des zu ändernden Bescheids eingetreten ist (s Urt des BFH v 18.11.2020, BFH/NV 2021, 951 und BStBl II 2021, 732). Liegt die Sperrfristverletzung vor Erlass des Bescheids und war diese der FinBeh zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, kann eine Änderung nach § 173 Abs 1 Nr 1 AO erfolgen, wenn die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift gegeben sind (hierzu gehört im Einzelfall zB die Prüfung, ob und wie das FA seine Amtsermittlungspflicht verletzt hat).
Eine Änderung des Bescheids für den Einbringenden ist gem. §§ 164 und 173 AO ist nur innerhalb der Festsetzungsfrist möglich. Im Fall einer Korrektur nach § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO beginnt die Festsetzungs- bzw Feststellungsfrist für den Erlass oder die Änderung der ESt-/KSt-Veranlagung bzw Gewinnfeststellung erst mit Ablauf des Kj, in dem das rückwirkende Ereignis (dh die tats Veräußerung der Anteile oder die Realisierung der Ersatztatbestände, s Tz 61b aE) eintritt (s § 175 Abs 1 S 2 AO ggf iVm § 181 Abs 1 AO).
Tz. 63b
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
- Reichweite der Änderungen infolge der Sperrfristverletzung
Haben die Einbringungskosten das lfd Betriebsergebnis des Wj der Einbringung gemindert (zB als Einbringungsverlust im Fall einer Bw-Einbringung), ist der (lfd) Gewinn um die bei der Berechnung des rückwirkenden Einbringungsgewinns I berücksichtigten Kosten der Vermögensübertragung zu erhöhen (ein lfd Verlust ist entspr zu mindern, s Tz 56a). Diese Folgewirkung der Versteuerung eines rückwirkenden Einbringungsgewinns wird durch die Änderungsvorschrift des § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO abgedeckt (zust s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 281; s Widmann, in W/M, § 22 UmwStG Rn 155 und 163 aE).
Die überwiegende Auff im Schrifttum geht davon aus, dass die nachträglichen AK (s § 22 Abs 1 S 4 UmwStG) für die sperrfristverhafteten A...