Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
Tz. 344
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Aufgrund der Unsicherheiten bei der Beurteilung der Reichweite der Rspr des I. Senats zur "Aufgabe der finalen Entnahmetheorie" (s Tz 229f) erfolgte zur Absicherung der SEStEG-Entstrickungsregelungen ua die Einfügung eines Regelbsp in § 12 Abs 1 S 2 KStG. § 12 Abs 2 S 2 KStG erläutert klarstellend den Hauptanwendungsfall des § 12 Abs 1 S 1 KStG mittels eines Regelbsp; eine gleichlautende Klarstellung erfolgt in dem neuen § 4 Abs 1 S 4für die Anwendungsfälle des § 4 Abs 1 S 3 EStG.
Tz. 345
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Ein Anwendungsfall des § 12 Abs 1 S 1 KStG liegt nach § 12 Abs 1 S 2 KStG insbes dann vor, wenn ein bisher einer inl BetrSt einer Kö, Pers-Vereinigung oder Vermögensmasse zuzuordnendes WG einer ausl BetrSt dieser Kö, Pers-Vereinigung oder Vermögensmasse zuzuordnen ist. Das Regelbsp selber lässt jedoch offen, ob es sich hierbei nun um einen Ausschluss oder eine Beschränkung des dt Besteuerungsrechts handeln soll. UE kann es sich bei Überführung eines WG in eine ausl BetrSt nur um eine Beschränkung des dt Besteuerungsrechts handeln, da nach der hier vertretenen Auffassung hinsichtlich der Einbeziehung künftiger Wertsteigerungen in die rechtliche Beurteilung (s Tz 343), zB bei Überführung in eine FreistellungsBetrSt "nur" die nach der Überführung eintretenden Wertveränderungen von der Besteuerung in D auszunehmen sind und nicht auch die bis zur Überführung entstandenen Wertveränderungen.
Tz. 346
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Das Vorliegen eines Entstrickungstatbestands hängt nach dem Regelbsp maßgebend von einer Zuordnungsänderung eines WG von einer inl BetrSt zu einer ausl BetrSt desselben KSt-Subjekts ab.
Mit der Zuordnung von WG kann uE im Regelfall nur die abkommensrechtliche Zuordnung gemeint sein, wobei diese nach den jüngsten Entwicklungen bei der OECD künftig nur noch auf Basis einer Funktions- und Risikoanalyse der betreffenden Unternehmenseinheiten vorgenommen werden kann (vgl OECD, Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments v 17.07.2008, Teil I Rn 101ff; § 1 Abs 5 AStG iVm BsGaV und Schr des BMF v 22.12.2016, BStBl I 2017, 182).
Das Regelbsp unterscheidet nicht zwischen der Zuordnungsänderung zwischen BetrSt in DBA-Staaten (Anrechnungs- oder Freistellungsmethode) und Nicht-DBA-Staaten. In Bezug zu Nicht-DBA-Staaten können somit keine abkommenrechtlichen Zuordnungsgrundsätze zur Anwendung gelangen, sondern es kann eine Zuordnung allenfalls nach dem im dt StR geltenden Veranlassungsprinzip erfolgen. Insofern stellt sich dann die Frage, inwieweit die Zuordnungsgrundsätze differieren (vgl Urt des FG Bre v 25.06.2015, EFG 2016; 88; Az BFH: I R 58/15).
Tz. 347
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Aufgr des Umstands, dass das Regelbsp nicht zwischen einer Zuordnungsänderung zwischen DBA-Staaten und Nicht-DBA-Staaten differenziert, ist unklar, welcher BetrSt-Begriff der Regelung zugrunde liegt. Ausgehend von dem Sinn und Zweck der Regelung kommt hier uE in DBA-Fällen der jeweilige abkommensrechtliche BetrSt-Begriff (vgl Art 5 OECD-MA) und in den Nicht-DBA-Fällen der nationale BetrSt-Begriff (vgl § 12 AO) zur Anwendung. Die einheitliche Anwendung des nationalen BetrSt-Begriffs auch in den DBA-Fällen dürfte mit dem Sinn und Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren sein, wenn abkommensrechtlich keine BetrSt vorliegt und insoweit kein Ausschluss oder keine Beschränkung des dt Besteuerungsrechts droht (a A s Urt des BFH v 20.07.2016, BStBl I 2017, 230, zu § 9 Nr 3 GewStG). Dementspr kann die Zuordnung zu einer ausl BetrSt uE auch dann keine Entstrickung nach § 12 Abs 1 S 1, 2 KStG auslösen, wenn in dem ausl Staat keine nach § 26 Abs 1 und 6 KStG iVm § 34c EStG anrechenbare St (mangels einer der KSt entspr ausl St) erhoben wird.
Tz. 348
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Infolge der genannten Unsicherheiten bei der Auslegung der der Reichweite der Rspr des I. Senats zur "Aufgabe der finalen Entnahmetheorie" (s Tz 229ff) muss derzeit ebenfalls als nicht geklärt angesehen werden, ob die Neuregelung tats deklaratorisch oder möglicherweise konstitutiv wirkt (s hierzu das anhängige Rev-Verfahren BFH I R 95/15). Nach der hier vertretenen Auff zum Verständnis des Grundtatbestands handelt es sich bei dem Bsp jedoch um eine Klarstellung (glA zB Musil, FR 2011, 545, 549; idS s auch Lampert, in Gosch, 3. Aufl, § 12 KStG Rn 9ff).
Sollte das Regelbsp konstitutiv wirken, würde dieses – wohl mittels einer Fiktion – den Grundtatbestand des § 12 Abs 1 S 1 KStG erweitern. In diesem Fall stellt sich zB die Frage, ob auch die Zuordnungsänderung zw vd ausl BetrSt (von einer DBA-Anrechungs-BetrSt in eine DBA-Freistellungs-BetrSt) von der Regelung erfasst wird. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, welche "Regel" dem Bsp in § 12 Abs 1 S 2 KStG zugrunde liegt. UE kann dies wiederum jedoch nur von der Beurteilung des dt Besteuerungsrechts hinsichtlich der potenziellen künftigen stillen Reserven abhängen (s Tz 343 u 345).
Teile in der Lit gehen aber auch davon aus, dass der Ges-Geber das von ihm...