Tz. 78
Stand: EL 66 – ET: 06/2009
Zu der Frage, was unter "neuem BV" iSd § 8 Abs 4 S 2 KStG zu verstehen ist, vertritt der BFH (s Urt des BFH v 08.08.2001, BStBl II 2002, 392) eine deutlich schärfere Auff als die FinVerw (s Schr des BMF v 16.04.1999, BStBl I 1999, 455).
Wenn das Gesetz von "neuem" BV spricht, ist daraus nicht im Umkehrschluss zu folgern, dass die Zuführung gebrauchter WG keine stschädliche BV-Zuführung iSd § 8 Abs 4 KStG sein kann. "Neu" ist idS zu verstehen, dass die zugeführten WG für die Kap-Ges neu sind, dh "vorher nicht vorhanden" waren; glA s Frotscher (in F/M, § 8 KStG Rn 187a).
Ein anderes Verständnis des Begriffs "neues BV" findet sich bei Köhler (DStR 2003, 1011). SE löst die Zuführung von für die Verlust-Kap-Ges "normalem" Vermögen nicht die Sanktionen des § 8 Abs 4 S 2 KStG aus. Nach dieser These kann nur die Zuführung von BV, welches für den bisherigen Unternehmensbereich "untypisch, unnötig, also anders und damit neu" ist, zum Untergang eines Verlustabzugs führen, vorausgesetzt, diese BV-Zuführung übersteigt das vorher vorhandene BV. UE gibt das Gesetz diese Lesart nicht her.
Tz. 79
Stand: EL 66 – ET: 06/2009
Der Punkt, in dem die Rspr und die Verw-Auff auseinander gehen, ist der, ob bei Ersatzbeschaffungen
• |
nur die BV-Mehrung als neues BV anzusehen ist (so die Fin-Verw; sog Saldobetrachtung), oder |
• |
das Ersatz-WG insges als neues BV anzusehen ist (so der BFH; sog gegenständliche Betrachtung). |
Während noch der mit Schr des BMF v 16.07.1998 übersandte Entw eines Schr des BMF Ersatzbeschaffungen ausdrücklich als nicht stschädlich bezeichnete, äußert sich das endgültige Schr des BMF v 16.04.1999 (BStBl I 1999, 455) nicht mehr zu dieser Frage. Daraus ist wohl zu folgern, dass nach der Verw-Auff eine Ersatzbeschaffung Zuführung von neuem BV iSd § 8 Abs 4 KStG sein kann; nach der Verw-Auff ist aber nur die BV-Mehrung als Zuführung anzusehen. Wenn zB ein WG im Wert von 100 000 EUR kreditfinanziert durch ein WG im Wert von 150 000 EUR ersetzt wird, dann liegt nach Verw-Auff ein BV-Zugang iHv 50 000 EUR vor (s auch OFD Münster, Vfg v 13.08.2009, FR 2009, 973).
Das (nach dem Schr des BMF v 17.06.2002, BStBl I 2002, 629, nicht anzuwendende) Urt des BFH v 08.08.2001 (BStBl II 2002, 392) beurteilt diesen Fall strenger. Danach kann, da der BFH auf das einzelne WG abstellt, auch bei einem bloßen Aktivtausch eine BV-Zuführung iSd § 8 Abs 4 KStG vorliegen. Dh der BFH geht in dem vorstehenden Beispiel von einer Zuführung neuen BV iHv 150 000 EUR aus, weil für ihn das Ersatz-WG ein neues WG ist (glA s Lang, NWB 2005, F 4, 4931, 4938; aA s Frotscher, in F/M, § 8 KStG Rn 188c).
Tz. 80
Stand: EL 72 – ET: 11/2011
Anfangs war unklar, was der BFH mit gegenständlicher Betrachtung meint. In seiner früheren Rspr (s Urt des BFH v 13.08.1997, BStBl II 1997, 829; dazu s Tz 108) hat er entschieden, dass sich im Fall eines Branchenwechsels auch der gegenständliche Austausch des Aktivvermögens der Verlust-Kö als Zuführung von überwiegend neuem BV darstellen kann. Wenn man diese Rspr so verstehen müsste, dass der Austausch der überwiegenden Zahl der zum BV gehörenden Gegenstände ohne Rücksicht auf deren Wert zum Untergang des Verlustabzugs führen kann, wäre sie uE wenig überzeugend.
Wenn der BFH in seiner neueren Rspr (s Urt des BFH v 08.08.2001, BStBl II 2002, 392; v 05.06.2007, I R 106/05, BStBl II 2008, 986, I R 9/06, BStBl II 2008, 988; und v 29.04.2008, BFH/NV 2008, 1965) von gegenständlicher Betrachtung spricht, dann erläutert er diese als Gegenstück zur saldenmäßigen Betrachtung der Fin-Verw (s Tz 79). MaW: Bei einer Ersatzbeschaffung ist auf den Wert des Ersatz-WG insges und nicht nur auf den Betrag abzustellen, um den der Wert des neuen WG den des ausgetauschten WG übersteigt (s Urt des BFH v 24.11.2009, BFH/NV 2010, 1123).
Tz. 81
Stand: EL 66 – ET: 06/2009
In seinem Urt (s Urt des BFH v 26.05.2004, BStBl II 2004, 1085) hat der BFH seine gegenständliche Betrachtung wohl ein Stück weit eingeschränkt (ebenso hierzu s Bock, GmbHR 2004, 1474). Danach stellt die bloße Umschichtung von Finanzanlagen keine BV-Zuführung iSd § 8 Abs 4 S 2 KStG dar. Im Urt-Fall ging es allerdings nur um Umschichtungen innerhalb des Umlaufvermögens (Anschaffung von Wertpapieren aus flüssigen Mitteln; wegen der Einbeziehung des Umlaufvermögens s Tz 76).
Tz. 82
Stand: EL 66 – ET: 06/2009
Einen Fall der Umschichtung der Aktivseite (Aktivtausch) der Bil betrifft auch das Urt des FG Bremen (s Urt des FG Bremen vom 14.12.2004, EFG 2005, 730, rkr). Danach entfällt die wirtsch Identität einer GmbH nicht dadurch, dass im Anschluss an den AE-Wechsel das Anlagevermögen der Verlust-Kap-Ges sowie Vorräte, Forderungen, Auslieferungen und Leistungen an verbundene Unternehmen veräußert werden. Durch diesen Vorgang erhöhten sich die Geldbestände, während die veräußerten Bil-Positionen entfielen. Dazu auch s Rombey/Imschweiler (DStR 2007, 321).