Ewald Dötsch, Torsten Werner
Tz. 140
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Mit dem Wechsel vom früheren Anrechnungsverfahren zum Halb- (heute: Teil-)Eink-Verfahren haben sich die im KStG enthaltenen Regelungen zur St-Besch grundlegend gewandelt. Während die St-Besch im zeitlichen Anwendungsbereich des früheren Vollanrechnungsverfahrens die Aufgabe hatte, dem AE die Höhe der auf seine ESt (bzw KSt) anrechenbaren KSt zu vermitteln (dazu s § 44 KStG 1999), geht es bei den in § 27 Abs 3, 4 KStG enthaltenen Regelungen darum, dem AE mitzuteilen, ob und inwieweit die von "seiner" Kap-Ges erhaltenen Leistungen als Rückzahlungen aus deren stlichem Einlagekto gelten, die gem § 20 Abs 1 Nr 1 S 3, Nr 9 Hs 2, Nr 10 Buchst a Hs 2 und Nr 10 Buchst b S 5 EStG auf AE-Seite grds nicht zu den Einnahmen aus KapV rechnen. MaW: Die im KStG enthaltenen Regelungen zur St-Besch betrafen früher stpfl Dividenden und heute stfreie Einlagenrückzahlungen.
Die Vorschriften zu den stpfl Dividenden finden sich heute in § 45a Abs 2 sowie in § 51a Abs 1 EStG, wo die Bescheinigung der einbehaltenen KapSt und des darauf entfallenden SolZ geregelt ist (dazu s Schr des BMF v 23.05.2022, BStBl I 2022, 860).
Die nach § 27 Abs 3, 4 KStG auszustellende St-Besch kann mit einer solchen iSd § 45a Abs 2 EStG verbunden werden (dazu s Tz 165, 171).
Tz. 141
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Sinn und Zweck der in § 27 Abs 3, 4 KStG geregelten St-Besch ist es, hinsichtlich einer stfreien Einlagenrückzahlung die Besteuerungsebenen der Kap-Ges und ihrer AE miteinander zu verknüpfen. Zum einen kann der AE der St-Besch entnehmen, ob und in welchem Umfang die von "seiner" Kap-Ges an ihn erbrachten Leistungen nach Wertung der Kap-Ges als aus deren stlichem Einlagekto finanziert gelten, dh in welchem Umfang die Bezüge gem § 20 Abs 1 Nr 1 S 3, Nr 9 Hs 2, Nr 10 Buchst a Hs 2 und Nr 10 Buchst b S 5 EStG nicht zu den Einnahmen aus KapV gehören. Die vom AE seinem FA vorgelegte St-Besch iSd § 27 Abs 3, 4 KStG ermöglicht es wiederum dem FA, sich im Zweifel mit dem für die Besteuerung der Kap-Ges zuständigen FA in Verbindung zu setzen. Wegen des Verhälltnisses zwischen der St-Besch iSd § 27 Abs 3 KStG und dem an die Kap-Ges gerichteten Feststellungsbescheid nach § 27 Abs 2 KStG s Tz 113.
Tz. 142
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Nach § 27 Abs 3 KStG hat der AE gegenüber "seiner" Kö einen zivilrechtlichen Anspruch auf Ausstellung einer St-Besch nach amtlich vorgeschriebenem Muster (dazu näher s Tz 161).
Tz. 143
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Hinsichtlich ihrer Rechtsnatur gilt, dass die St-Besch iSd § 27 Abs 3 KStG nach hM keine materielle rechtliche Voraussetzung dafür ist, dass der AE die Regelung des § 20 Abs 1 S 1 Nr 1 S 3 EStG in Anspruch nehmen kann, weil § 20 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG die Nichtsteuerbarkeit der Leistung ausschließlich an die Verwendungsfiktion des § 27 KStG knüpft und nicht von einem Nachweis in Form einer St-Besch abhängig macht (s Endert, in F/D, § 27 KStG Rn 147 und s Kümpel, in B/W, § 27 KStG Rn 79). AA s Nds FG (rkr Urt v 11.12.2008, EFG 2009, 1963); offen gelassen im Beschl des BFH v 03.02.2010 (BFH/NV 2010, 1128). Für den Feststellungsbescheid nach § 27 Abs 2 KStG hingegen wird eine materiell-rechtliche Bindungswirkung für den AE bejaht (dazu s Tz 113 Buchst c).
Für die Inanspruchnahme der St-Freiheit der Einlagerückzahlung hat danach die St-Besch lediglich die Qualität eines Nachw (Beweismittel). Wenn die St-Besch fehlt, kann der Nachw auch auf andere Weise erbracht werden, zB durch die Besteuerungsunterlagen der ausschüttenden Kö (s FG Ba-Wü, Urt v 15.12.2008, EFG 2009, 875; dazu auch s Urt des BFH v 10.06.2009, BStBl II 2009, 974). Wie der BFH (s Beschl des BFH v 03.02.2010, BStBl II 2014, 937; weiter s Urt des BFH v 28.01.2015, BStBl II 2017, 101 und v 17.05.2022, BStBl II 2022, 643) ausführt, erbringt die St-Besch iSd § 27 Abs 3 KStG jedenfalls einen Nachw darüber, dass an den AE der in der Besch genannte Betrag ausgeschüttet wurde und inwieweit dieser Betrag aus dem stlichen Einlagekto stammt. Die bloße Behauptung, die Bescheinigung sei falsch, kann diesen Beweis nicht erschüttern.
Wie in Tz 113 Buchst b ausgeführt, überzeugt die hM in Anwendungsfällen des § 27 Abs 5 S 1–3 KStG uE nicht.