Tz. 73
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Bei näherem Hinsehen wird hier das Spannungsverhältnis zw einerseits der Darlegungslast (der Antragstellerin) und andererseits dem Amtsermittlungsgrundsatz deutlich. Abs 6 enthält auf den ersten Blick gegenläufige Regelungen zu der Frage, wer was vorzutragen und ggf nachzuweisen bzw wer was zu ermitteln hat. Einerseits kommt (auch) hier in Abs 6 S 3 der (selbst ohne ausdrückliche Regelung) allg geltende Grundsatz zum Ausdruck, dass wer sich auf eine ihm günstige Tatsache beruft, diese auch vortragen und nötigenfalls belegen muss (zu besonderen diesbzgl Fragen im Zusammenhang mit S 4 s schon Tz 72; zur funktionierenden Amts- bzw Beitreibungshilfe s aber Tz 67). Dem ggü steht – ebenfalls ohne dass dies einer ausdrücklichen Regelung bedürfte – der Amtsermittlungsgrundsatz, welcher in Abs 6 überdies dadurch besondere Bedeutung erhält, dass Abs 6 S 1 Nr 1 Buchst b das Bestehen weitgehender zwischenstaatlicher Amtshilfe sogar zum Tatbestandsmerkmal erhebt, was mittelbar betont, dass dann diese Möglichkeiten durch die FinBeh zumindest immer im Blick behalten werden müssen. Für die Praxis kann dies aber, wie sonst auch, nicht bedeuten, dass alle Begr- und Nachw-Pflichten komplett der einen oder anderen Seite obliegen. Vielmehr dürfte es ebenso rechtlich zutr wie sachgerecht sein, zunächst von der antragstellenden Gläubigerin einen vollständigen, schlüssigen und mit allen typischerweise erwartbaren Unterlagen versehenen Antrag/Vortrag zu erwarten, während die Nutzung zwischenstaatlicher Amtshilfe dann erwartet werden kann, wenn Alt nicht vorhanden sind oder für die Antragstellerin einen unzumutbaren Aufwand begründen würden und/oder von dieser glaubhaft gemacht wird, dass eigene Bemühungen beim heimatlichen Fiscus nicht den nötigen Erfolg brachten (s auch Tz 72). Nach alledem dennoch verbleibende Unklarheiten sind dann nach den allg Regeln der Darlegungslast zu lösen, welche S 3 zutr zum Ausdruck bringt.
Tz. 74
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Abs 6 ist rückwirkend für alle offenen Fälle anzuwenden (Tz 60). Zuständig ist gem § 5 Abs 1 S 1 Nr 2 FVG das BZSt, auch für Anträge, die bereits vor der Schaffung des Abs 6 gestellt wurden. Zum Verfahren regelt Abs 6 S 5, dass § 50c Abs 3 S 1, 2 und S 3 1. Hs und Abs 5 EStG entspr anzuwenden sind (sehr ausführlich, nahezu wie eine Anleitung, fällt dazu die Ges-Begr aus, s BT-Drs 20/8628, 197), wodurch insbes ein Gleichklang der Antragsfristen mit den Erstattungen gem § 44a Abs 9 EStG und § 50c Abs 3 EStG (zu beiden s auch Tz 61) erreicht werden soll (BT-Drs aaO). Demnach
- endet die Antragsfrist 4 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Kap-Erträge bezogen worden sind, jedoch nicht vor Ablauf eines Jahres seit Entrichtung der St und ggf nicht vor Ablauf der in einem DBA vorgesehenen Frist (§ 50c Abs 3 S 2 EStG, welche konkrete Frist gem DBA – auch – hier einschlägig sein könnte, erscheint indes unklar, denn die Erstattung erfolgt hier ja gerade nicht aufgr DBA); auch gilt die Ablaufhemmung gem § 50c Abs 3 S 2 2. HS EStG.
- Nach Ges-Begr (s BT-Brs aaO) ist zudem eine Ansässigkeitsbescheinigung in der im Heimatstaat üblichen Form, in Ermangelung dessen nach den Vorgaben des BZSt erforderlich. Das ist folgerichtig angesichts der in Abs 6 S 1 und S 2 enthaltenen Tatbestandserfordernisse und findet auch in S 3 ergänzende Bestätigung.
- Zu übrigen Darlegungs- und NachwErfordernissen s schon oben Tz 72ff.
Der Antrag führt ggf zu einem Freistellungsbescheid des BZSt, der dann Grundlage der Erstattung ist (Abs 6 S 5 iVm § 50c Abs 3 S 1 EStG; nach Ges-Begr aaO in Form eines Teilfreistellungsbescheids, im Hinblick auf die anderen Freistellungen insb gem § 44 Abs 9 EStG). Insges besteht damit Ähnlichkeit, aber keine Übereinstimmung mit dem Verfahren bei § 32 Abs 5 KStG (s Tz 53f).