Lars Leibner, Ewald Dötsch
Tz. 40
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Nach § 8d Abs 1 S 6 KStG wird der Verlustvortrag, der zum Schluss des VZ verbleibt, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt, zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag.
Unterjähriger schädlicher Beteiligungserwerb:
Nach dem Wortlaut des § 8d Abs 1 S 6 KStG werden nicht nur die nicht genutzten Verluste zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs in das alternative Verlust-Regime des § 8d KStG überführt, sondern im Fall des unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerbs auch alle nach diesem Zeitpunkt bis zum Ende des VZ entstandenen (zeitanteiligen) Verluste (s Geberth, DB 37/2016, M5; s Ortmann-Babel/Bolik, DStR 2016, 2984, 2987; und s Dörr/Reisich/Plum, NWB 2017, 496, 501).
Beispiel 1:
Für eine Verlust-Kö wurde zum 31.12.01 ein kstlicher Verlustvortrag iSd § 10d EStG iHv 200 000 EUR gesondert festgestellt. Im VZ 02 erzielt die Verlust-Kö einen GdE iHv ./. 60 000 EUR; dieser lfd Verlust verteilt sich gleichmäßig über das Jahr 02. Zum 01.07.02 findet ein schädlicher Beteiligungserwerb iSd § 8c Abs 1 S 1 KStG iHv 60 % statt; stille Reserven sind keine vorhanden.
Ohne einen Antrag nach § 8d Abs 1 S 5 KStG würden sowohl der Verlustvortrag iHv 200 000 EUR als auch der anteilige lfd Verlust (50 % v 60 000 EUR = 30 000 EUR) nach § 8c KStG vollständig untergehen. Zum 31.12.02 würde sich dann ein gesondert festzustellender Verlustvortrag iHv 30 000 EUR ergeben.
Bei Anwendung des § 8d KStG gehen durch den schädlichen Beteiligungserwerb in 02 zunächst keine Verluste unter. Zum 31.12.02 ist ein fortführungsgebundener Verlustvortrag iHv (200 000 EUR + 60 000 EUR =) 260 000 EUR gesondert festzustellen.
Systematisch zutr wäre es uE, lediglich auf die nicht genutzten Verluste zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs abzustellen (glA s IDW, WPg 2016, 1095; s Keilhoff/Risse, FR 2016, 1085, 1091; s Neyer, FR 2016, 928, 931; s Suchanek/Rüsch, Ubg 2016, 576, 580; und s Neumann/Heuser, GmbHR 2017, 281, 287).
Wenn § 8d Abs 1 S 6 KStG auf den Verlustvortrag zum Ende des VZ des schädlichen Beteiligungserwerbs abstellt, hat das den praktischen Vorteil, dass es keine Abgrenzungsfragen zur Aufteilung des Ergebnisses gibt, so dass auch keine aufwändigen Zwischenabschlüsse oder Berechnungen nach wirtsch Kriterien erforderlich sind (glA s Neumann/Heuser, GmbHR 2017, 281, 288 und s Röder, DStR 2017, 1737, 1739).
Verluste, die nach dem Ende des VZ entstehen, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt, unterliegen wieder dem normalen Anwendungsbereich des § 8c KStG, so dass eine Kö zwei voneinander unabhängige Verlustkategorien haben kann (glA s Neyer, BB 2017, 415, 419; s Noël, GmbH-StB 2017, 86, 92; und s Röder, DStR 2017, 1737, 1739). Von solchen zwei Verlustvortragstöpfen ist auch bereits die im Vorfeld des Ges-Gebungsverfahrens zu § 8d KStG eingesetzte Bund-/Länder-AG (dazu s FR 2017, 113, 120) ausgegangen; auch die Fin-Verw folgt dieser Linie von einem Nebeneinander von § 8d KStG und § 10d EStG (s Rn 71 des BMF-Schr v 18.03.2021).
Die Folge der insoweit eindeutigen Regelung des § 8d Abs 1 S 6 KStG ist, dass im Extremfall – bei einem schädlichen Beteiligungserwerb Anfang Januar – die Verluste des ganzen Jahres in den fortführungsgebundenen Verlustvortrag einfließen, obwohl diese von § 8c KStG gar nicht erfasst worden wären (s Dörr/Reisich/Plum, NWB 2017, 573, 579). Umgekehrt besteht aber auch die Möglichkeit, bisher nicht genutzte Verluste aus den Vorjahren noch mit den gesamten laufenden Gewinnen des Jahres des schädlichen Beteiligungserwerbs zu verrechnen, so dass ein deutlich geringerer Anteil zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag wird als eigentlich von § 8c KStG gewollt. Hierdurch können sich Gestaltungs- bzw Planungsmöglichkeiten ergeben (dazu auch Neyer, BB 2017, 415, 418).
Beispiel 2:
Eine Verlust-Kö hat erhebliche Verlustvorträge. Bei der Verlust-Kö ist zum Jahreswechsel 01/02 ein schädlicher Beteiligungserwerb beabsichtigt.
Sofern bei der Verlust-Kö für den VZ 02 mit einem Gewinn zu rechnen ist, wäre es vorteilhaft, als Übertragungszeitpunkt den 01.01.02 zu wählen. In diesem Fall könnte der Gewinn 02 noch vollständig mit den Ende 01 bestehenden Verlustvorträgen verrechnet werden und nur die danach verbleibenden Verluste würden in den fortführungsgebundenen Verlustvortrag zum 31.12.02 einbezogen werden.
Sofern dagegen bei der Verlust-Kö für den VZ 02 mit einem (weiteren) Verlust zu rechnen ist, sollte eher der 31.12.01 als Übertragungszeitpunkt gewählt werden. In diesem Fall würde dann nur der zum 31.12.01 vorhandene Verlust in den fortführungsgebundenen Verlustvortrag einbezogen werden. Die neuen Verluste aus 02 wären dagegen bei einem späteren schädlichen Ereignis iSd § 8d KStG nicht wegfallgefährdet.
Vorrangiger Verlustausgleich bzw -rücktrag:
Dasselbe gilt für den Verlustausgleich im Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs (s Neyer DStR 2018, 2245, 2247). Erzielt eine Kö (keine Verlustvorträge aus dem Vorjahr) bspw in dem Zeitraum vor dem schädlichen Beteiligungserwerb einen ...