Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, Verwendung eines Luftfahrzeugs für andere als kommerzielle Zwecke
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, einem Unternehmen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, das zur Anbahnung von Geschäften ein ihm gehörendes Flugzeug nutzt, um Mitarbeiter zu Kunden oder Messen zu befördern, nicht zugutekommt, da diese Beförderung nicht unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen durch dieses Unternehmen dient.
2. Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96 ist dahin auszulegen, dass Kraftstoffe, die für Flüge zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück verwendet werden, nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen.
Normenkette
EGRL 96/2003 Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
„Richtlinie 2003/96/EG ‐ Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ‐ Art. 14 Abs. 1 Buchst. b ‐ Steuerbefreiung für Energieerzeugnisse zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt ‐ Verwendung eines Luftfahrzeugs für andere als kommerzielle Zwecke ‐ Umfang“
In der Rechtssache C-79/10
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 1. Dezember 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Februar 2010, in dem Verfahren
Systeme Helmholz GmbH
gegen
Hauptzollamt Nürnberg
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin), des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: K. Sztranc-Sławiczek, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Systeme Helmholz GmbH, vertreten durch G. Real, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater,
‐ des Hauptzollamts Nürnberg, vertreten durch S. Junker, Regierungsdirektor, und D. Jakobs, Prozessbevollmächtigter,
‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, B. Cabonat und B. Beaupere-Manokha als Bevollmächtigte,
‐ der zyprischen Regierung, vertreten durch E. Symeonidou als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls als Bevollmächtigten,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 11 Abs. 3, 14 Abs. 1 Buchst. b und 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Systeme Helmholz GmbH (im Folgenden: Systeme Helmholz) und dem Hauptzollamt Nürnberg (im Folgenden: Hauptzollamt) wegen dessen Entscheidung, der Systeme Helmholz die Mineralölsteuer, die auf den für ein Flugzeug dieser Gesellschaft bestimmten Kraftstoff erhoben worden ist, nicht zu vergüten, weil diese Gesellschaft kein Luftfahrtunternehmen ist.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Der 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/96 lautet:
„Bestehende internationale Verpflichtungen sowie der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in der Gemeinschaft machen es ratsam, bestehende Steuerbefreiungen für Energieprodukte zur Verwendung in der Luft- und Schifffahrt ‐ außer in der Luft- und Schifffahrt zu privaten Vergnügungszwecken ‐ beizubehalten; die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, diese Steuerbefreiungen einzuschränken.“
Rz. 4
Art. 11 Abs. 3 dieser Richtlinie sieht vor:
„Bei einer gemischten Verwendung entspricht die Besteuerung dem jeweils verwendeten Anteil, wobei allerdings ein nur geringfügiger betrieblicher oder nichtbetrieblicher Anteil außer Acht gelassen werden kann.“
Rz. 5
Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der genannten Richtlinie bestimmt:
„Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der S...