Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Dienstleistung, Werbeleistungen, Einschaltung eines Fiskalvertreters, Nutzung der Leistung im Inland
Leitsatz (amtlich)
Bei Leistungen auf dem Gebiet der Werbung ist der Ort der Leistung nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Zehnte Richtlinie 84/386/EWG des Rates vom 31. Juli 1984 geänderten Fassung grundsätzlich der Sitz des Dienstleistungsempfängers, wenn dieser außerhalb der Europäischen Gemeinschaft ansässig ist. Die Mitgliedstaaten können jedoch von diesem Grundsatz abweichen und von der in Art. 9 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388 in der geänderten Fassung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen und den Ort der fraglichen Leistung im Inland festlegen.
Wenn von der in Art. 9 Abs. 3 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388 in der geänderten Fassung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, gilt eine von einem in der Europäischen Gemeinschaft ansässigen Dienstleistenden zugunsten eines in einem Drittstaat niedergelassenen Empfängers, sei dieser End- oder Zwischenempfänger, erbrachte Leistung auf dem Gebiet der Werbung als in der Europäischen Gemeinschaft erbracht, vorausgesetzt, dass die tatsächliche Nutzung oder Auswertung im Sinne von Art. 9 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388 in der geänderten Fassung im Inland des betreffenden Mitgliedstaats erfolgt. Dies ist bei Leistungen auf dem Gebiet der Werbung der Fall, wenn die Werbebotschaften, die Gegenstand der Dienstleistung sind, von dem betreffenden Mitgliedstaat aus verbreitet werden.
Art. 9 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388 in der geänderten Fassung kann nicht zur Besteuerung von Leistungen im Bereich der Werbung führen, die ein außerhalb der Europäischen Gemeinschaft ansässiger Dienstleistender seinen eigenen Kunden erbracht hat, auch wenn dieser Dienstleistende als Zwischenempfänger bei einer früheren Dienstleistung aufgetreten ist, da eine solche Leistung nicht in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dieser Richtlinie und, allgemeiner, von Art. 9 der Richtlinie insgesamt fällt, auf die Art. 9 Abs. 3 Buchst. b dieser Richtlinie ausdrücklich verweist.
Der Umstand, dass die Dienstleistung nach Art. 9 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388 in der geänderten Fassung der Steuer unterliegt, steht dem Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen nicht entgegen, wenn er die Voraussetzungen von Art. 2 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige erfüllt.
Die Benennung eines Steuervertreters als solche hat keine Auswirkung darauf, ob von der vertretenen Person erhaltene oder erbrachte Leistungen der Steuer unterliegen.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 9 Abs. 2 Buchst. e, Abs. 3 Buchst. b
Beteiligte
Ministero dell Economia et delle Finanze |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 9 Abs. 2 Buchst. e ‐ Art. 9 Abs. 3 Buchst. b ‐ Dreizehnte Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 2 ‐ Ort der Leistung ‐ Leistungen auf dem Gebiet der Werbung ‐ Erstattung der Mehrwertsteuer ‐ Steuervertreter“
In der Rechtssache C-1/08
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Italien) mit Entscheidung vom 20. September 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Januar 2008, in dem Verfahren
Athesia Druck Srl
gegen
Ministero dell’Economia e delle Finanze,
Agenzia delle Entrate
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. N. Cunha Rodrigues und J. Klŭcka, der Richterin P. Lindh und des Richters A. Arabadjiev (Berichterstatter),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Athesia Druck Srl, vertreten durch B. Migliucci und T. Kofler, avvocati,
‐ der italienischen Regierung, vertreten durch R. Adam als Bevollmächtigten im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Aresu und M. Afonso als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in...