Schweiz/Liechtenstein: Vermögensanlageberatung in der MwSt

Der Finanzplatz Liechtenstein verfügt wie auch die Schweiz über hervorragende politische, rechtliche, wirtschaftliche und steuerliche Rahmenbedingungen für einen langfristig gesicherten Vermögenserhalt sowie eine professionalisierte Vermögensverwaltung durch einen hoch spezialisierten sowie voll regulierten Dienstleistungssektor.

Die exzellente Dienstleistungskompetenz, Verlässlichkeit und jahrelange Erfahrung im Bereich der Bank- und Finanzdienstleistungen wird in nicht seltenen Fällen von deutschen wie auch anderen europäischen Privatpersonen und Unternehmen in Anspruch genommen. Da Liechtenstein als EWR-Mitgliedsstaat ebenso wie die Schweiz (weder EU- noch EWR-Mitglied) nicht den Bestimmungen der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie unterliegt, erfordern grenzüberschreitende Leistungsbeziehungen stets eine Beurteilung sowohl aus deutscher als auch aus liechtensteinischer bzw. schweizerischer Perspektive.

Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich nicht um Dienstleistungen handelt, die nach dem Recht beider Staaten steuerbar sein können und nicht steuerbefreit sind. Im Bereich der Bank- und Finanzdienstleistungen betrifft dies bspw. die Vermögensanlageberatung.

Aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarungen verfügen das Fürstentum Liechtenstein und die Schweiz nicht nur über weitgehend gleichlautende mehrwertsteuerrechtliche Bestimmungen, sondern bilden auch ein gemeinsames Zollgebiet und mehrwertsteuerliches Inland. Die nachfolgenden Fallkonstellationen sind daher auch im Verhältnis zwischen Liechtenstein und Deutschland entsprechend zu lösen.

Dienstleistungen aus der Schweiz nach Deutschland: Vermögensanlageberatung B2B

Nach dem Recht der Schweiz

Aus der Perspektive eines schweizerischen Dienstleisters ist die Leistung einer Vermögensanlageberatung nur dann in der Schweiz steuerbar, wenn der Ort der Leistung in der Schweiz liegt. Da es sich bei der Vermögensanlageberatung um eine Dienstleistung handelt, richtet sich der Leistungsort mangels Eingreifens weiterer Ausnahmebestimmungen im Grundsatz nach dem Bestimmungslandprinzip (Art. 8 Abs. 1 MWSTG) und liegt am Ort des Empfängers und damit bspw. in Deutschland.

Perspektive Deutschlands

Aus der Perspektive des deutschen Leistungsempfängers erbringt der schweizerische Dienstleister in Deutschland eine sonstige Leistung im Inland gegen Entgelt und im Rahmen seines Unternehmens (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Da auch aus deutscher Sicht eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG vorliegt, bestimmt sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG in Übereinstimmung mit dem Recht der Schweiz ebenfalls nach dem Bestimmungslandprinzip, wonach der Leistungsort ebenfalls in Deutschland bzw. an dem Ort liegt, an dem der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt.

In dieser Konsequenz müsste sich der schweizerische Dienstleister grundsätzlich in Deutschland mehrwertsteuerlich registrieren und eine Rechnung mit dem Ausweis deutscher Mehrwertsteuer ausstellen.

Liegen die Voraussetzungen einer Steuerpflicht in Deutschland vor, ist eine Registrierung beim zuständigen Finanzamt (für schweizerische und liechtensteinische Unternehmer: Finanzamt Konstanz) verpflichtend. Registrierungswahlrechte bestehen ebenso nicht wie eine optionale bzw. freiwillige Registrierungsmöglichkeit. Ausländische Unternehmen (§ 13b Abs. 7 UStG) müssen sich in Deutschland registrieren lassen, wenn sie Umsätze erbringen, deren Leistungsort in Deutschland liegt und für die die Steuerschuld nicht auf den Leistungsempfänger übergeht.

Eine Registrierungspflicht besteht demnach nicht, wenn ein Fall des Reverse-Charge nach § 13b UStG vorliegt. § 13b Abs. 1 UStG ist nicht anwendbar, da der schweizerische Dienstleister nicht innerhalb des EU-Gemeinschaftsgebiets ansässig ist. Jedoch ist § 13b Abs. 2 UStG anwendbar, da sich der Leistungsort nach § 3a Abs.2 UStG im Inland befindet und es sich um einen im Ausland (EU-Ausland oder Drittstaat) ansässigen Leistungserbringer handelt und die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 13b Abs. 1 UStG zugleich nicht erfüllt sind.

Im Ergebnis wechselt die Steuerschuldnerschaft des schweizerischen Dienstleisters auf den Leistungsempfänger. Die Rechnung ist netto auszustellen und idealerweise mit dem Hinweis "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfänger" zu versehen.

Dienstleistungen aus der Schweiz nach Deutschland: Vermögensanlageberatung im Verhältnis B2C

Nach dem Recht der Schweiz

Aus der Perspektive eines schweizerischen Dienstleisters ergibt sich zur B2B-Konstellation kein Unterschied. Da es ich bei der Vermögensanlageberatung um eine Dienstleistung handelt, richtet sich der Leistungsort mangels Eingreifens weiterer Ausnahmebestimmungen im Grundsatz nach dem Bestimmungslandprinzip und ist daher in der Schweiz nicht steuerbar. Die Rechnung wird ohne Ausweis der Mehrwertsteuer ausgestellt.

Perspektive Deutschlands

Aus deutscher Perspektive liegt eine sonstige Leistung gegen Entgelt vor, die im Rahmen eines Unternehmens erbracht wird. Der Leistungsort bestimmt sich für B2C-Fälle nach § 3a Abs. 1 UStG, wonach die Bestimmung des Leistungsorts nach dem Ursprungslandprinzip erfolgt und der Leistungsort an dem Ort liegt, an dem der Leistungserbringer sein Unternehmen betreibt, also in der Schweiz.

Praxis-Hinweis: Da das Mehrwertsteuerrecht der Schweiz bzw. Liechtensteins und der EU nicht harmonisiert sind, ist auch auf Bedeutungsunterschiede in den Begrifflichkeiten zu achten. So ist bspw. bereits die Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen/Dienstleistungen nicht deckungsgleich und kann ebenfalls zu Qualifikationskonflikten führen.

Dienstleistungen aus Deutschland in die Schweiz: Vermögensanlageberatung im Verhältnis B2B

Perspektive Deutschlands

Aus der Perspektive eines deutschen Dienstleisters ist die Dienstleistung nur dann im Inland steuerbar, wenn sich der Ort der Leistung in Deutschland befindet. Für Dienstleistungen im B2B-Verhältnis richtet sich der Leistungsort mangels Eingreifens weiterer Ausnahmebestimmungen im Grundsatz nach dem Bestimmungslandprinzip und liegt am Ort des Empfängers und damit bspw. in der Schweiz. Die Dienstleistung ist in Deutschland nicht steuerbar.

Nach dem Recht der Schweiz

Aus der Perspektive des schweizerischen Leistungsempfängers ist die Dienstleistung spiegelbildlich im Inland steuerbar, da der Ort der Leistung sich im Inland befindet (Bestimmungslandprinzip). In dieser Konsequenz stellt sich die Frage, ob sich der deutsche Dienstleister in der Schweiz mehrwertsteuerlich registrieren lassen muss und eine Rechnung mit dem Ausweis der Schweizer Mehrwertsteuer (7,7 %) auszustellen ist.

Die Frage nach einer Umkehr der Steuerschuldnerschaft – ähnlich § 13b UStG – stellt sich erst, nachdem festgestellt ist, ob der deutsche Leistungserbringer nach dem Recht der Schweiz dort steuerpflichtig ist oder infolge dieser Leistung wird.

Erbringt der deutsche Dienstleister – wie für Bank- und Finanzdienstleistungen nicht unüblich – ausschließlich von der Steuer ausgenommene oder befreite Leistungen oder Dienstleistungen, deren Ort sich nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG/FL in der Schweiz befindet, ist eine Registrierung nicht zwingend, aber freiwillig möglich. Ohne Verzicht auf die Registrierungspflicht ist die Rechnung netto auszustellen.

Abweichend von der Methodik des § 13b UStG kann es, gleichwohl der ausländische Leistungserbringer im Inland nicht steuerpflichtig wird, im Rahmen der sog. Bezugsteuer zu einer Umkehr der Steuerlast auf den inländischen Leistungsempfänger kommen.

Die Bezugsteuer bezeichnet die Mehrwertsteuer, die auf den Import von Dienstleistungen erhoben wird. Der reguläre Steuersatz beträgt ebenfalls 7,7%. Ihr unterliegen u.a. wie vorliegend Dienstleistungen, deren Ort sich nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG im Inland befindet und die durch Unternehmen mit Sitz im Ausland, die nicht im Register der steuerpflichtigen Personen eingetragen sind. Ist der Leistungsempfänger ein steuerpflichtiger Unternehmer, schuldet dieser auf die importierte Dienstleistung die Steuer.

Im Ergebnis schuldet der schweizerische Leistungsempfänger die Schweizer Mehrwertsteuer (7,7%) auf die importierte Dienstleistung. Zugleich steht ihm eine Neutralisation im Wege des Vorsteuerabzugs zu.

Dienstleistungen aus Deutschland in die Schweiz: Vermögensanlageberatung im Verhältnis B2C

Nach dem Recht der Schweiz

Aus der Perspektive der Schweiz liegt weiterhin eine Dienstleistung vor, deren Leistungsort mangels Eingreifens weiterer Ausnahmebestimmungen nach dem Bestimmungslandprinzip bestimmt und sich nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG/FL in der Schweiz befindet. Für den deutschen Leistungserbringer stellt sich damit wiederum die Frage nach einer Registrierungspflicht in der Schweiz. Vorausgesetzt der deutsche Dienstleister erbringt in der Schweiz ausschließlich von der Steuer ausgenommene oder befreite Leistungen oder Dienstleistungen, deren Ort sich nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG/FL in der Schweiz befindet, ist keine Registrierung erforderlich. Ohne Verzicht auf die Registrierungspflicht ist die Rechnung ebenfalls netto auszustellen. Erfüllt der deutsche Leistungserbringer die Voraussetzungen nicht oder verzichtet er auf die Befreiung von der Steuerpflicht, ist die Rechnung mit Schweizer Mehrwertsteuer (7,7%) auszustellen.

In einer zweiten Überlegung ist wiederum eine Bezugssteuerpflicht zu prüfen. Auch nichtunternehmerische Leistungsempfänger können der Bezugsteuer unterliegen. Bezieht in dieser Konstellation der in der Schweiz ansässige nichtunternehmerische Leistungsempfänger im Kalenderjahr solche Leistungen für mehr als CHF 10.000 ist dieser bezugssteuerpflichtig. Der gesamte Leistungsbezug unterliegt dann einer definitiven Steuerbelastung von 7,7%. Eine Möglichkeit zur Entlastung mittels Vorsteuerabzug besteht mangels Unternehmereigenschaft nicht.

Verzichtet der deutsche Leistungserbringer auf die Befreiung von der Registrierungspflicht, ist die Rechnung mit Schweizer Mehrwertsteuer auszustellen. Eine Anwendung der Bezugssteuer ist ferner ausgeschlossen, wodurch eine potenzielle Doppelerfassung vermieden wird.

Perspektive Deutschlands

Aus der Perspektive eines deutschen Dienstleisters gilt es den Ort der Leistung im Verhältnis zwischen § 3a Abs. 1 und § 3a Abs. 4 Nr. 6 Bst. a) UStG abzugrenzen. Würde sich der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 1 UStG nach dem Ursprungslandprinzip (Deutschland) bestimmen, ist die Leistung in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. Die Rechnung wäre mit deutscher Umsatzsteuer (19%) auszustellen.

Praxis-Hinweis: Im Ergebnis würde in dieser Konstellation eine Doppelbesteuerung eintreten, die sich in der Regel nicht oder nur mit einigem Aufwand beseitigen lässt, da die Mehrwertsteuer bislang keine Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder einer doppelten Nichtbesteuerung kennt. Bei derartigen und nicht vermeidbaren Dauersachverhalten empfiehlt sich eine genaue Analyse und Abstimmung mit den involvierten Finanzverwaltungen.

Bestimmt sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 4 Nr. 6 UStG, gilt die sonstige Leistung am Wohnsitz oder Sitz des Leistungsempfängers (Schweiz) als ausgeführt. Die Leistung ist in Deutschland nicht steuerbar. Eine Doppelbesteuerung wird vermieden.

Ob die in Rede stehenden Leistungen unter § 3a Abs. 4 Nr. 6 UStG fallen, war umstritten, kann aber nach einem Entscheid des EuGHs inzwischen zweifelsfrei bejaht werden (3a.9 Abs. 17 UStAE; Art. 59 Bst. e) MwStSystRL; EuGH-Urteil vom 19.7.2012, C-44/11, Deutsche Bank, BStBl. II 2012, S. 945, und BFH-Urteil vom 11.10.2012 – V R 9/10, BStBl II 2014, S. 279).


Schlagworte zum Thema:  Dienstleistung, Umsatzsteuer