Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug, Repräsentationsaufwendungen, Vorsteuerausschluss, Verhältnismäßigkeit, Gültigkeit einer Ratsermächtigung, Frankreich
Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung 89/487/EWG des Rates vom 28. Juli 1989 zur Ermächtigung der Französischen Republik, eine von Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichende Sondermaßnahme zu treffen, ist ungültig.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 6, Art. 27
Beteiligte
Directeur des services fiscaux du Val-de-Marne |
Directeur des services fiscaux de Maine-et-Loire |
Verfahrensgang
Tribunal administratif de Nantes (Frankreich) |
Tatbestand
Mehrwertsteuer - Vorsteuerabzug - Ausschluss des Rechts auf Vorsteuerabzug - Repräsentationsaufwendungen - Verhältnismäßigkeit
In den verbundenen Rechtssachen C-177/99 und C-181/99
betreffend dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Tribunal administratif Nantes (C-177/99) (Frankreich) und vom Tribunal administratif Melun (C-181/99) (Frankreich) in den bei diesen anhängigen Rechtsstreitigkeiten
Ampafrance SA
gegen
Directeur des services fiscaux de Maine-et-Loire (C-177/99)
und
Sanofi Synthelabo, ehemals Sanofi Winthrop SA
gegen
Directeur des services fiscaux du Val-de-Marne (C-181/99)
vorgelegte Ersuchen um Vorabentscheidung über die Gültigkeit der Entscheidung 89/487/EWG des Rates vom 28. Juli 1989 zur Ermächtigung der Französischen Republik, eine von Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichende Sondermaßnahme zu treffen (ABl. L 239, S. 21),
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. A. O. Edward sowie der Richter L. Sevón, P. J. G. Kapteyn, H. Ragnemalm und M. Wathelet (Berichterstatter),
Generalanwalt: G. Cosmas
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
-von Ampafrance SA, vertreten durch die Rechtsanwälte J.-C. Bouchard und O. Cortez, Hauts-de-Seine,
-von Sanofi Synthelabo, vertreten durch Finanzdirektor J.-C. Leroy,
-der französischen Regierung, vertreten durch K. Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und S. Seam, Sekretär für auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, als Bevollmächtigte,
-des Rates der Europäischen Union, vertreten durch J. Monteiro, Rechtsberater, und M.-J. Vernier, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
-der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa, Rechtsberater, und H. Michard, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Ampafrance SA, vertreten durch die Rechtsanwälte J.-C. Bouchard und O. Cortez, von Sanofi Synthelabo, vertreten durch die Rechtsanwälte B. Geneste und O. Davidson, Hauts-de-Seine, der französischen Regierung, vertreten durch S. Seam, des Rates, vertreten durch J. Monteiro und M.-J. Vernier, und der Kommission, vertreten durch H. Michard, in der Sitzung vom 27. Januar 2000,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. März 2000,
folgendes
Urteil
1. Das Tribunal administratif Melun (C-181/99) und das Tribunal administratif Nantes (C-177/99) haben mit Urteilen vom 3. Dezember 1998 und vom 11. Mai 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 14. und 17. Mai 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) jeweils eine Frage nach der Gültigkeit der Entscheidung 89/487/EWG des Rates vom 28. Juli 1989 zur Ermächtigung der Französischen Republik, eine von Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichende Sondermaßnahme zu treffen (ABl. L 239, S. 21), zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Fragen stellen sich im Rahmen von zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gesellschaft Ampafrance SA (im Folgenden: Ampafrance) (C-177/99) bzw. der Gesellschaft Sanofi Winthrop SA, die nach einer Verschmelzung durch Übernahme am 12. Mai 1998 zu Sanofi und dann am 18. Mai 1999 zu Sanofi Synthelabo geworden ist, (im Folgenden: Sanofi) (C-181/99) und der Steuerverwaltung wegen Steuernacherhebungen bei diesen Gesellschaften, die auf den Ausschluss des Rechts auf Vorsteuerabzug bei Aufwendungen für Unterkunft, Bewirtung, Empfänge und Aufführungen gestützt wurden.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsregelung
3. Artikel 2 Absatz 2 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABl. 1967, Nr. 71, S. 1301; im Folgenden: Erste Richtlinie) lautet:
Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands od...