Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerungsgrundlage, Preis-Subventionen, betriebliche Zuschüsse
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende Subventionen im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass er nur die Subventionen erfasst, die vollständig oder teilweise die Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen oder von Dienstleistungen sind und dem Verkäufer oder Dienstleistungserbringer von einem Dritten gezahlt worden sind. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der ihm unterbreiteten Tatsachen festzustellen, ob die Subvention eine solche Gegenleistung darstellt.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. d
Beteiligte
Office des produits wallons |
ASBL Office des produits wallons |
Verfahrensgang
Tribunal de premiere instance de Charleroi (Belgien) |
Tatbestand
Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a - Besteuerungsgrundlage - Unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende Subvention
In der Rechtssache C-184/00
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Tribunal de première instance Charleroi (Belgien) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Office des produits wallons ASBL
gegen
Belgischer Staat
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters C. Gulmann (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter J.-P. Puissochet und J. N. Cunha Rodrigues,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed
Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- des Office des produits wallons ASBL, vertreten durch M. Eloy, avocat,
- der belgischen Regierung, vertreten durch A. Snoecx als Bevollmächtigten im Beistand von B. van de Walle de Ghelcke, avocat,
- der französischen Regierung, vertreten durch J-F. Dobelle, S. Pailler und S. Seam als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und C. Giolito als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des Office des produits wallons ASBL, vertreten durch R. Ghods, avocat, der belgischen Regierung, vertreten durch B. van de Walle de Ghelcke, und der Kommission, vertreten durch E. Traversa und C. Giolito, in der Sitzung vom 22. März 2001
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Juni 2001,
folgendes
Urteil
1. Das Tribunal de pemière instance Charleroi hat mit Urteil vom 11. Mai 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Mai 2000, gemäß Artikel 234 EG drei Fragen nach der Auslegung des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Office des produits wallons ASBL (im Folgenden: OPW) und dem belgischen Staat wegen der Frage, ob betriebliche Zuschüsse, die einen Teil der Betriebsaufwendungen des OPW abdecken, in die Besteuerungsgrundlage für die Berechnung der Mehrwertsteuer einzubeziehen sind.
Rechtlicher Rahmen
3. Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie bestimmt:
Die Besteuerungsgrundlage ist:
a) bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter den Buchstaben b), c) und d) genannt sind, alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.
Der Ausgangsrechtsstreit und die Vorlagefragen
4. Das OPW ist eine private Vereinigung ohne Erwerbszweck, deren Tätigkeit in der Werbung für wallonische Agrar- und Gartenbauerzeugnisse sowie Agrarlebensmittel und deren Verkauf besteht und insoweit mehrwertsteuerpflichtig ist. Das OPW erhält von der Wallonischen Region, mit der es am 11. März 1994 eine Rahmenvereinbarung über Zuschüsse (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) geschlossen hat, einen jährlichen Zuschuss. Nach dieser Vereinbarung hat es vier Aufgaben: Herausgabe eines Verzeichnisses, Herausgabe der Zeitschrift Wallonie ...