Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft der öffentlichen Hand, Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit, Versteigerung von UMTS-Funklizenzen
Leitsatz (amtlich)
Art. 4 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass die Vergabe von Lizenzen wie den Lizenzen für Mobilfunk der dritten Generation, UMTS-Lizenzen genannt, durch die für die Frequenzzuteilung zuständige nationale Regulierungsbehörde im Wege der Versteigerung der Nutzungsrechte für Telekommunikationsanlagen keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der betreffenden Bestimmung ist und folglich nicht in den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie fällt.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5, 2
Beteiligte
Vodafone Group Services Ltd |
Commissioners of Customs & Excise |
Verfahrensgang
VAT and Duties Tribunal London (Vereinigtes Königreich) (Urteil vom 24.08.2004; Abl.EU 2004, Nr. C 273/14) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Steuerbare Umsätze ‐ Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit ‐ Art. 4 Abs. 2 ‐ Vergabe von Lizenzen für einen bestimmten, den Telekommunikationsdiensten vorbehaltenen Teil des Funkfrequenzspektrums“
In der Rechtssache C-369/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom VAT and Duties Tribunal, London (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 24. August 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 26. August 2004, in dem Verfahren
Hutchison 3G UK Ltd,
mmO2 plc,
Orange 3G Ltd,
T-Mobile (UK) Ltd,
Vodafone Group Services Ltd
gegen
Commissioners of Customs and Excise
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts, P. Kũris, E. Juhász und J. Klŭcka sowie der Richter K. Schiemann, J. Makarczyk (Berichterstatter) und U. Lõhmus,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: B. Fülöp und K. Sztranc-Slawiczek, Verwaltungsräte,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Unternehmen Hutchison 3G UK Ltd, mmO2 plc, Orange 3G Ltd, T-Mobile (UK) Ltd und Vodafone Group Services Ltd, vertreten durch K. P. E. Lasok, QC, sowie J. Turnbull und P. Lomas, Solicitors,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch M. Bethell und R. Caudwell als Bevollmächtigte im Beistand von P. Goldsmith, K. Parker und C. Vajda, QC, sowie G. Peretz, Barrister,
‐ der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde als Bevollmächtigten im Beistand von K. Hagel-Sørensen, advokat,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt K.-T. Stopp,
‐ der spanischen Regierung, vertreten durch J. Rodríguez Cárcamo als Bevollmächtigten,
‐ Irlands, vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von A. Aston, SC, und G. Clohessy, SC,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und M. de Grave als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Gross, R. Lyal und M. Shotter als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 7. September 2006
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie), insbesondere des Art. 4 dieser Richtlinie.
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Unternehmen Hutchison 3G UK Ltd, mm02 plc, Orange 3G Ltd, T-Mobile (UK) Ltd und Vodafone Group Services Ltd einerseits und den für die Erhebung der Mehrwertsteuer im Vereinigten Königreich zuständigen Commissioners of Customs and Excise (Behörde für indirekte Abgaben) andererseits, in dem die betreffenden Unternehmen das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer geltend machen, die sie für die im Jahr 2000 im Wege der Versteigerung erfolgte Vergabe von Lizenzen für Mobilfunk der dritten Generation, UMTS-Lizenzen genannt (im Folgenden: streitige Lizenzen), durch den Secretary of State for Trade and Industry (Minister für Handel und Industrie, im Folgenden: Minister) angeblich entrichtet haben.
Rechtlicher Rahmen
Vorschriften über die Mehrwertsteuer
Gemeinschaftsrecht
3
Nach Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.
4
Art. 4 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätig...