Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit eines Genossenschaftsanteils zum gewillkürten Betriebsvermögen eines Landwirts
Leitsatz (redaktionell)
1. Beteiligt sich ein Landwirt an einer Genossenschaft, die die Verwertung und den Absatz landwirtschaftlicher Produkte zum Gegenstand hat, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beteiligung keine bloße Kapitalanlage darstellt, sondern aus betrieblichem Anlass erworben wurde.
2. Auch wenn der landwirtschaftliche Betrieb des Steuerpflichtigen keinen direkten Vorteil aus den Genossenschaftsanteilen hat und diese nicht zum notwendigen Betriebsvermögen gehören, zählen diese zum gewillkürten Betriebsvermögen, wenn sie zur Förderung des Betriebs objektiv geeignet sind und ihre willentliche Zuordnung zum Vermögensbereich nach außen – etwa durch die Erfassung als Anlagevermögen – dokumentiert wurde.
3. Bezüglich der objektiven Eignung zur Förderung des landwirtschaftlichen Betriebs sind Genossenschaftsanteile kurzfristig verwertbaren Wertpapieren gleichzustellen. Sie sind objektiv geeignet, als Zahlungsmittelersatz den landwirtschaftlichen Betrieb zu fördern.
4. Mit welchen Mitteln ein Wirtschaftsgut für den Betrieb erworben wurde, sagt nichts über dessen objektive Eignung zur Förderung des Betriebs aus. Vielmehr entscheidet die subjektive Zuordnungsentscheidung darüber, ob die Wirtschaftsgüter dem betrieblichen Bereich zuzuweisen sind oder als Privatvermögen behandelt werden.
5. Die Eignung eines Mietwohngrundstücks für einen Landwirtschaftsbetrieb ist von seiner Art und Einkunftshöhe nicht mit Genossenschaftsanteilen vergleichbar, die jederzeit in Barmittel umgetauscht werden können und nur in geringer Höhe Dividenden vermitteln.
6. Die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen darf nicht willkürlich ohne zureichenden wirtschaftlichen Grund rückgängig gemacht werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils am Elektrizitätswerk … (EWX) durch die Kläger am 19.12. 2000 als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen ist.
Die Kläger sind miteinander verheiratet und wurden für die Veranlagungszeiträume 2000 und 2001 antragsgemäß zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger unterhält in – A – einen landwirtschaftlichen Betrieb, die Klägerin ist Hausfrau. Das streitige Wirtschaftsjahr der Land- und Forstwirtschaft ist ein abweichendes Wirtschaftsjahr, das am 01.07. 2000 begann und am 30.06. 2001 endete.
Der Kläger übernahm den landwirtschaftlichen Betrieb zum 01.09. 1968 von seinen Eltern durch einen notariellen Gutsübergabevertrag. In diesem wurde das gesamte landwirtschaftliche Anwesen, d.h. die Grundstücke sowie das gesamte lebende und tote Landwirtschaftsfahrnis mit Ausnahme eines vorhandenen Personenkraftwagens der Marke VW, auf ihn übertragen.
Der Vater des Klägers hielt bis zu seinem Tod im Jahr 1982 einen Genossenschaftsanteil am EWX. Da nach § 7 der im Streitjahr aktuellen Satzung des EWX die Mitgliedschaft mit dem Tod eines Genossen endete, trat nunmehr der Kläger für seinen verstorbenen Vater in das EWX ein, das Auseinandersetzungsguthaben aus dem Anteil des Vaters in Höhe von 500,00 DM (= Nennwert des Geschäftsanteils nach § 38 Abs. 1 der EWX-Satzung) wurde 1983 auf das Geschäftsguthaben des Klägers umgebucht.
Laut der Satzung des EWX können natürliche Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts sowie juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts Mitglieder des EWX werden, soweit sie ihren Sitz oder Wohnsitz im Stromversorgungsbereich der Genossenschaft haben (§ 3). Nach § 5 der Satzung kann die Mitgliedschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Frist von einem Jahr schriftlich gekündigt werden, genauso wie nach § 6 der Satzung ein Mitglied jederzeit sein Geschäftsguthaben durch schriftlichen Vertrag – ohne Zustimmung des EWX – auf einen anderen übertragen kann, sofern der Erwerber an seiner Stelle Mitglied des EWX wird.
Außer den Ausschüttungen des EWX hatten deren Mitglieder keine weiteren Vorteile aus der Mitgliedschaft, insbesondere kamen sie nicht in den Genuss vergünstigter Stromtarife des EWX.
Bis zum 01.07. 1986 erstellte der Kläger für seinen landwirtschaftlichen Betrieb keine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG), sondern ermittelte seinen Gewinn nach § 13a EStG nach Durchschnittsätzen.
Ab dem am 01.07. 1986 beginnenden landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr 1986/1987 ermittelte der Kläger seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Abs. 1 EStG. In seinem Betriebsvermögen bilanzierte der Kläger den Genossenschaftsanteil des EWX als Beteiligung im Anlagevermögen mit dem Wert 500,00 DM und führte diesen Bilanzansatz bis ins Jahr 2000 fort. Die vom EWX – wenn auch nur unregelmäßig – au...