Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung negativer österreichischer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Deutschland
Leitsatz (amtlich)
1. Negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind nach Art. 23 Abs. 1 DBA-Österreich aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer auszunehmen (sog. Freistellungsmethode).
2. Ein Verlustausgleich kommt auch nicht aufgrund des Anwendungsvorrangs des gemeinschaftlichen Primärrechts unter dem Aspekt sog. „finaler Verluste” in Betracht, wenn der Verlustausgleich im EU-Mitgliedstaat Österreich nicht aus tatsächlichen, sondern aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist.
3. Der Verlust ist auch nicht im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 32b Abs. 1 S. 2, § 2a Abs. 2a, § 18 Abs. 6-7; DBA-Österreich Art. 6, 23 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob Vermietungsverluste des Klägers (Kl.) aus einem Mietobjekt in Österreich bei der Veranlagung zur Einkommensteuer (ESt) berücksichtigt werden können.
Der Kl. ist Facharzt für Allgemeinmedizin und betreibt in A eine Arztpraxis. Er erzielte im Streitjahr hauptsächlich selbständige Einkünfte.
Mit Kaufvertrag vom 2. November 2009 erwarb der Kl. 1078/1565stel Anteile an der Liegenschaft xxxxx B, xx B in C/Österreich, … gasse x zu einem Kaufpreis von 800.000 EUR. Das Wohnungseigentum vermietete er. Der österreichische Fiskus erließ gegenüber dem Kl. am 28. Oktober 2010 einen ESt-Bescheid für 2009, in dem die – der beschränkten ESt-Pflicht unterliegenden – Einkünfte des Kl. wie folgt berechnet wurden:
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
-5.789,60 EUR |
Sonderausgaben (§ 18 österr. EStG 1988) |
-80,00 EUR |
Einkommen |
-5.849,60 EUR |
Hinzurechnung gemäß § 102 Abs. 3 österreichisches Einkommensteuergesetz 1988 (öEStG) |
9.000,00 EUR |
ESt-Bemessungsgrundlage |
3.150,40 EUR |
darauf entfallende ESt |
0,00 EUR |
In seiner am 4. Februar 2011 beim Beklagten (Bekl.) eingereichten ESt-Erklärung für das Streitjahr erklärte der Kl. einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung des Mietobjektes in C/Österreich in Höhe von insgesamt –10.033,70 EUR. Dieser setzte sich aus dem Verlust „…gemäß Mitteilung FA C/Österreich” in Höhe von –5.789,60 EUR und Schuldzinsen in Höhe von insgesamt 4.244,10 EUR zusammen (vgl. Erläuterung zur Anlage V, Bl. 52 ESt-Akte).
Der Bekl. berücksichtigte den Vermietungsverlust aus dem Objekt in C/Österreich im ESt-Bescheid vom 10. August 2011 nicht und erläuterte dies damit, dass bei Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Vermietungseinkünfte ab dem Jahr 2008 gemäß § 32b Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht mehr dem Progressionsvorbehalt unterlägen. Außerdem verwies der Bekl. auf Art. 6 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen –DBA Österreich 2000– (in der Fassung vom 24. August 2000, Bundesgesetzblatt –BGBl.– 2002 II, S. 2435).
Gegen diesen Bescheid erhob der Kl. am 22. August 2010 zunächst Sprungklage, der der Bekl. jedoch nicht zustimmte. Der Rechtsbehelf wurde mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 gemäß § 45 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) zur weiteren Bearbeitung an den Bekl. übersandt.
Der Einspruch des Kl. blieb in der Einspruchsentscheidung vom 14. März 2012 ohne Erfolg. Gemäß Art. 6 Abs. 1 des DBA Österreich stehe Österreich für das dort belegene Vermietungsobjekt das Besteuerungsrecht zu. Nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG hätten ausländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei seien, zwar grundsätzlich dem Progressionsvorbehalt unterlegen. Aufgrund der Neuregelung des § 32b EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2008 sei der Progressionsvorbehalt u.a. auf nach dem DBA steuerbefreite Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen aus einem EU/EWR-Staat nicht mehr anzuwenden. Dies gelte sowohl für den positiven als auch für den negativen Progressionsvorbehalt. Auch aus dem Gemeinschaftsrecht ergebe sich nichts anderes. Der BFH habe im Urteil vom 9. Juni 2010 I R 100/09 entschieden, dass ein Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat abweichend von den Regelungen in einem Doppelbesteuerungsabkommen nur ausnahmsweise in Betracht komme, sofern der Steuerpflichtige nachweise, dass die Verluste im Quellenstaat steuerlich unter keinen Umständen anderweitig verwertbar seien. Nach § 2 Abs. 2 des österr. EStG sei das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den in Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergäben, nach dem Abzug der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sowie der Freibeträge. Nach § 18 Abs. 6 österr. EStG seien auch Verluste als Sonderausgaben abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden seien. Dies gelte jedoch nur, wenn...