Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bei Verletzung der Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen durch unvollständige Erklärung eines Ehegatten-Darlehensvertrags und bei gleichzeitiger unzureichender Ermittlung des Sachverhalts durch das Finanzamt. kein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. für nicht genau geregelte Unterhaltsverpflichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verwendet der Steuerpflichtige als Betreuer seines schwerbehinderten Bruders einen an diesen ausgezahlten Schadensersatzbetrag zur Gewährung eines verzinslichen Darlehens an seine Ehefrau, die den Betrag zur Ablösung eines Immobilienkredits für eine Mietimmobilie verwendet, und ist der Steuerpflichtige und nicht etwa sein Bruder nach dem geschlossenen Darlehensvertrag Darlehensgeber, so haben die Steuerpflichtigen ihre Mitwirkungspflicht verletzt, wenn sie für die von der Ehefrau im Wege des abgekürzten Zahlungsverkehrs – zur Erfüllung der vom Ehemann gegenüber seinem Bruder übernommenen Unterhaltsverpflichtung – auf ein Konto des Bruders gezahlten Darlehenszinsen den Werbungskostenabzug bei den Vermietungseinkünften geltend gemacht, jedoch den Ehegatten-Darlehensvertrag dem Finanzamt erst nach Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide Jahre später vorgelegt und keine Einkünfte des Ehemanns aus Kapitalvermögen (Zinsen aus Darlehensvertrag) erklärt haben. Das Finanzamt ist aufgrund dieses Mitverschuldens der Steuerpflichtigen auch bei einer etwaigen Verletzung der Pflicht zur ausreichenden ursprünglichen Aufklärung des Sachververhalts nicht an einer Änderung der Bescheide aufgrund neuer Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gehindert.

2. Ein Abzug der an den Bruder des Ehemanns in den Streitjahren geleisteten Zahlungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der vor 2008 gültigen Fassung scheidet aus, wenn sich der Steuerpflichtige gegenüber seiner Mutter und seinem Bruder als Gegenleistung für den Erhalt der dem Bruder zustehenden Schadensersatzzahlung ohne exakte Festlegung von Höhe, Fälligkeit oder Zahlungsart zur Betreuung und Pflege seiner Geschwister und seiner Mutter verpflichtet hat und wenn somit nicht eine auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Rente oder dauernde Last i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. vereinbart worden ist.

3. Einer Berücksichtigung der Zahlungen des Steuerpflichtigen als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 1 EStG steht schließlich entgegen, dass der Steuerpflichtige im Gegenzug für die zugesagte Versorgung seiner Mutter und seiner Geschwister die Schadenersatzleistung erhalten und sich nach dem der Vorschrift des § 33 EStG innewohnenden Belastungsprinzip diese Versicherungsleistung als Vorteil anrechnen lassen muss, sodass es insoweit an der für § 33 EStG erforderlichen (endgültigen) Belastung des Steuerpflichtigen fehlt.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 33 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.12.2018; Aktenzeichen IX R 14/18)

BFH (Urteil vom 04.12.2018; Aktenzeichen IX R 14/18)

BFH (Beschluss vom 18.05.2018; Aktenzeichen IX B 8/18)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und ggf. nach welcher Vorschrift Zahlungen der Klägerin an den Bruder des Klägers steuerlich abzugsfähig sind, sowie die Frage, ob das Finanzamt (FA) die Einkommensteuerbescheide für Jahre 2007 und 2008 in Bezug auf die Höhe der Einkünfte der Kläger jeweils nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern durfte.

Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren 2007 und 2008 gem. § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als […] Einkünfte aus selbständiger, die Klägerin als […] aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erklärten die Eheleute Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte.

In den Steuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008 machte die Klägerin bei den Einkünften aus der Vermietung des Objekts […] weg x in A, welches in ihrem Alleineigentum steht, Schuldzinsen in Höhe von insgesamt 44.073 EUR (2007) bzw. 43.589,88 EUR (2008) als Werbungskosten geltend. Hierzu fügte sie den Steuererklärungen – wie bereits in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen – jeweils eine Anlage bei, in der die Werbungskosten des Objekts […] weg x näher aufgeschlüsselt wurden.

Aus den dem Gericht vorliegenden Einkommensteuerakten ergibt sich hinsichtlich der im Verfahren streitigen Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 2005 – 2009 Folgendes:

Die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 reichten die Kläger am 30. März 2007 beim FA ein. In dem begleitenden Anschreiben führten sie aus, dass neben den Steuererklärungen „alle Belege und Bankordner 2005”, um deren Rückgabe baldmöglichst gebeten werde, überlassen würden (Bl. 4 ESt-Akte 2005). Die der Einkommensteuererklärung beigefügte „Anlage V+V 2005 ...

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