Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlaß von Einkommensteuer 1984
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen X R 112/96) |
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
III. Der Streitwert wird auf 117.781 DM festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) verpflichtet ist, die Einkommensteuer (ESt) 1984 in Höhe von 117.781 DM aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen.
Die im Jahr 1926 geborene Klägerin (Klin.) ist verwitwet. Gemeinsam mit ihren drei volljährigen Kindern ist sie zu je % Erbin ihres am 24. Mai 1993 verstorbenen Ehemannes, zu dessen Nachlaß ein 1776 m² großes Betriebsgrundstück einer ehemaligen … im Zentrum von … sowie ein weiteres 775 m² großes Betriebsgrundstück in … gehören, deren Verkehrswert nach einem Gutachten des FA vom 26.11.1990 insgesamt 1.439.000 DM betrug. Die Klin. ist gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn zur Hälfte an einem Einfamilienhaus in … beteiligt, dessen Verkehrswert nach dem Gutachten eines Architekten im September 1993 300.000 DM betrug. Von 1972 bis 1986 war sie mit einem Kommanditanteil von 54 % an der von ihren verstorbenen Eltern im Jahr 1938 gegründeten … in … (im folgende KG) beteiligt, deren Gesellschafter-Geschäftsführer ihr Bruder war. Die KG erwirtschaftete bis 1974 Gewinne und in den folgenden Jahren erhebliche Verluste, was dazu führte, daß die Klin. zum 01. Januar 1984 ein negatives Kapitalkonto in Höhe von 485.175,06 DM hatte. Auf Drängen der Hausbank der KG veräußerte diese im November 1984 ihr Betriebsgrundstück zum Verkaufspreis von 870.000 DM und mietete Teile desselben zur Fortsetzung der Produktion an. Der Erwerber des Grundstücks überwies den Kaufpreis in vollem Umfang an die Grundpfandgläubiger, was aber nicht zu einer vollständigen Tilgung der Verbindlichkeiten der KG führte. Ober deren Vermögen wurde rd. 1 1/2 Jahre nach dem Verkauf des Betriebsgrundstücks am 31. Juli 1986 das Konkursverfahren eröffnet, das wenige Monate später, am 17. Oktober 1986, mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse eingestellt wurde.
Das für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der KG zuständige FA … vermittelte für das Jahr der Veräußerung des Betriebsgrundstücks mit Gewinnfeststellungsbescheid 1984 vom 02. Februar 1987 für die Klin. einen Gewinnanteil in Höhe von 304.587 DM, den es als laufenden nicht tarifbegünstigten Gewinn feststellte. Gegen diesen Gewinnfeststellungsbescheid legte die Klin. fristgerecht Einspruch ein, den sie nach Mitteilung des FA … vom 25. Januar 1989 wieder zurücknahm.
Das beklagte FA … legte den o.a. Gewinnanteil an der KG der ESt-Veranlagung der Klin. und ihres Ehemannes für 1984 als laufenden nicht tarifbegünstigten Gewinn zugrunde und setzte durch geänderten ESt-Bescheid 1984 vom 16. Januar 1990 unter Anwendung der Splittingtabelle eine ESt in Höhe von 127.717 DM fest. Dabei berücksichtigte es einen Verlustvortrag aus den Jahren 1979 bis 1983 in Höhe von insgesamt 32.347 DM. Durch Verrechnung mit einer ESt-Erstattung für 1986 ergab sich für 1984 eine ESt-Abschlußzahlung in Höhe von 117.781 DM, die nach dem von der Klin. beantragten Aufteilungsbescheid gem. § 268 Abgabenordnung (AO) vom 10. April 1990 in vollem Umfang auf die Klin. entfällt. Sowohl der Aufteilungsbescheid als auch der geänderte ESt-Bescheid 1984 vom 16. Januar 1990 sind bestandskräftig. Nach den Ermittlungen des FA konnten Verlustvorträge aus den Jahren 1975 bis 1978 in Höhe von insgesamt 222.312 DM wegen der Begrenzung des Verlustvortrags auf fünf Jahre gem. § 10 d EStG a. F. bei der ESt-Veranlagung 1984 nicht berücksichtigt werden. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die mit Schreiben der OFD vom 20. Dezember 1991 an die Klin. übersandte Berechnung des FA Bezug genommen.
Die Klin. beantragte Erlaß der ESt-Abschlußzahlung 1984 mit der Begründung, sie habe aus ihrer Beteiligung an der KG keine finanziellen Vorteile gehabt, da ihr nie ein Gewinn oder eine Vergütung ausbezahlt worden sei. Durch den schlechten Geschäftsgang der KG seien ihr in den Jahren 1975 bis 1981 sehr hohe Verlustvorträge entstanden, von denen der ganz überwiegende Teil ungenutzt geblieben sei. Es sei ihr beim besten Willen nicht möglich, die ESt-Abschlußzahlung 1984 zu bezahlen, da sie über kein Vermögen verfüge und auch kein Einkommen habe. Sie habe ihr ganzes Vermögen in die in Konkurs gegangene Firma gesteckt. Was sie noch an persönlichen Rücklagen gehabt habe, habe sie ebenfalls für Firmenkredite opfern müssen, die über eine private Haftung gelaufen seien. Ihr Bruder sei als Mitgesellschafter in derselben Lage. Auf ihn seien ebenfalls hohe Steuerforderungen zugekommen, die ihm allerdings inzwischen vom FA … erlassen worden seien.
Das beklagte FA lehnte den Erlaßantrag mit Verfügung vom 25. Januar 1991 ab, auf die wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird.
Dagegen erhob die Klin. am 08. Februar 1991 Beschwerde. Zur Begründung trug ihr Prozeßbevollmächtigter im ...