rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausnahmeregelung von der Wegzugsbesteuerung nach Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz. Arbeitgeber bei Entsendung eines Arbeitnehmers im Konzern
Leitsatz (redaktionell)
1. Der unregelmäßige Aufenthalt in einer Wohnung führt auch dann zur Aufrechterhaltung des Wohnsitzes und zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht, wenn sich dort nicht der Mittelpunkt des Lebensinteresses befindet.
2. Die Frage, wo eine Person im Sinne eines Doppelbesteuerungsabkommens als ansässig gilt, bestimmt sich unabhäng von der Frage der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland.
3. Grenzgänger, die in der Schweiz wohnen und in Deutschland arbeiten, genießen nicht den Schutz des Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz.
4. Die unselbständige Arbeit nach Art. 4 Abs. 4 Satz 4 DBA-Schweiz muss ausschließlich in der Schweiz für einen einzigen Schweizer Arbeitgeber ausgeübt werden und muss einem Fremdvergleich stand halten. Es darf kein weiteres Arbeitsverhältnis mit einem deutschen Arbeitgeber bestehen.
5. Die Tätigkeit des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft wird nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz am Sitz der Kapitalgesellschaft ausgeübt.
6. Arbeitgeber i.S.d. Art. 15 DBA-Schweiz ist in einem Konzern grundsätzlich diejenige Konzerngesellschaft, mit der der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat.
7. Fehlt es bei einer Entsendung eines Arbeitnehmers von der Mutter – an die Tochtergesellschaft an der Einbindung des Arbeitnehmers in die bestehende Hierarchie der Tochtergesellschaft, bleibt die Muttergesellschaft auch dann Arbeitgeber i.S.d. Art. 15 DBA-Schweiz, wenn die Tochtergesellschaft ihr den Arbeitslohn ersetzt.
Normenkette
DBA CHE Art. 4 Abs. 4 S. 4, Art. 15 Abs. 4, Art. 15a Abs. 1 S. 4, Art. 16; EStG § 1 Abs. 1 S. 1, §§ 19, 39b Abs. 6, § 39d Abs. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 4; AO § 8; LStDV § 1 Abs. 1-2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin nach § 42 d Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) für Lohnsteuer (LSt) und Solidaritätszuschlag haftet.
Die frühere Offene Handelsgesellschaft (OHG) unter der Firma AS GmbH & Co. Deutschland wurde mit einem Gesellschaftskapital von zwei Millionen DM zum 1. Januar 1987 gegründet. Gesellschafter waren die Firma AS GmbH mit einem Stammkapital von 1.980.000 DM und die Firma A & Co. GmbH mit einem Stammkapital von 20.000 DM. Auf den Inhalt der Gesellschaftsverträge vom 23. Januar 1987 und 14. März 1990 wird Bezug genommen. Nach deren § 8 wurde ein aus drei Personen bestehender Beirat gebildet.
Durch Vertrag vom 31. Oktober 2000 schied die A & Co. GmbH mit Ablauf des 31. Dezember 2000 aus der Firma A GmbH & Co. Deutschland aus. Dadurch wurde die OHG aufgelöst und im Handelsregister gelöscht. Die A GmbH blieb bestehen, der Gesellschaftsanteil der ausscheidenden Firma A & Co. GmbH wuchs der verbleibenden Gesellschafterin gegen eine Abfindung von 308.000 DM an. Auf den Inhalt des Vertrages vom 31. Oktober 2000 wird verwiesen.
Nach den Gesellschafter- sowie Kauf- und Abtretungsverträgen der Firma AS GmbH vom 22. August 1949, 21. März 1990, 13. und 25. März 1997 und vom 19. August 1999, auf deren Inhalt verwiesen wird, hielten vom Stammkapital der Gesellschaft i.H.v. 9,5 Millionen DM im Streitjahr die Firma A Holding AG 9,1 Millionen DM und Su A 0,4 Millionen DM.
Der Konzern hatte im Wesentlichen zwei unterschiedliche Geschäftsfelder, nämlich einerseits die Herstellung und den Vertrieb von Tabakwaren und andererseits die Herstellung der Marke X und deren Vertrieb. Bezüglich des Konzernaufbaus im Übrigen wird auf das Organigramm (FG-Abl. 220) Bezug genommen.
Neben der A Holding AG bestand in O in der Schweiz die produzierende Firma A AG (Stammhaus) mit einem Stammkapital von 1,5 Millionen Sfr. Dort wurden ebenfalls Tabakwaren hergestellt, Leistungen für den Konzern erbracht und die Vertriebs und Marketingaktivitäten koordiniert. Organisatorisch wurde der Konzern ab 1. Juli 2000 als Spartenkonzern geführt. Dabei waren der Verwaltungsrat der A AG und der A Holding AG einerseits sowie der Beirat der A GmbH Deutschland andererseits personenidentisch besetzt. Die Konzernleitung war in eine Spartenleitung Tabak, eine Spartenleitung X sowie die Spartenleitung Administration gegliedert. Wegen der gesellschaftsrechtlichen Entwicklung und der Beteiligungsverhältnisse der Firmen A AG und A Holding AG im Einzelnen wird auf den Inhalt der Auszüge aus dem Schweizer Handelsregister (FG-Akten Bl. 246 – 251) vollinhaltlich Bezug genommen.
Ab Juli 2000 suchte die A Gruppe über eine Unternehmensberatung Y & Partner GmbH einen Delegierten des Verwaltungsrates für die Schweizer Zentrale und gleichzeitig einen Geschäftsführer für die von Deutschland ausgehenden Aktivitäten. Nach mehreren Vorgesprächen schloss die A GmbH in M mit dem Beigeladenen Hu einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 27. Oktober 2000. Die Bestellung des Beigeladenen zum Geschäftsführer erfolgte dur...