Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebseinnahmen bei Seniorenheim als Erbe einer Heimbewohnerin. Aktivierungszeitpunkt einer zum Betriebsvermögen gehörenden, von anderen Personen angefochtenen Erbschaft. Feststellungsbescheide 1996, 1997 und 1998
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine allein auf dem Testament einer verstorbenen Heimbewohnerin beruhende, für die Altenarbeit bestimmte und entsprechend einer Verfügung des Testamentsvollstreckers tatsächlich für den Einbau eines Aufzugs in das Seniorenheim eingesetzte Erbschaft führt nicht zu Betriebseinnahmen eines Seniorenheims, wenn das Heim ansonsten keinerlei Forderungen mehr gegen die Erblasserin, z. B. wegen der Heimunterbringung, hatte.
2. Führt eine eine auf Testament beruhende, von den gesetzlichen Erben bestrittene Erbschaft zu Betriebseinnahmen eines bilanzierenden Erben, so muss dieser die betriebliche Forderung wegen der Erbschaft erst zu dem Zeitpunkt aktivieren, zu dem über seinen Anspruch rechtskräftig entschieden wird bzw. eine Einigung mit den das Testament anfechtenden Personen zustande kommt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 3, § 5 Abs. 1; BGB §§ 1940, 2194; EStG § 2 Abs. 1, § 12
Nachgehend
Tenor
1. Die Feststellungsbescheide für die Jahre 1996 bis 1998 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.12.2001 werden dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1996 mit DM 158.266,–, für 1997 mit DM 174.942,– und für das Jahr 1998 mit DM 347.524,– festgesetzt werden.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Streitig ist der Ansatz einer Erbschaft und daraus resultierender Zinserträge als Betriebseinnahmen.
Die Klägerin (Kl.) betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ein Seniorenheim in … Sie erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ermittelt ihren Gewinn durch Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Sie ist nicht als gemeinnützig anerkannt, allerdings von der Gewerbe- und Umsatzsteuer befreit, da die Bewohner Sozialhilfeleistungen beziehen. Gesellschafter sind Frau … (M.) und Herr … (H.). Die Aufteilung der Einkünfte erfolgt zu 90 % auf M. und zu 10 % auf H., nachdem das Seniorenheim zunächst als Einzelunternehmen von Frau M. betrieben worden war (1971 bis 1982) und dann in die neugegründete BGB-Gesellschaft eingebracht wurde. Geschäftsführung und Vertretung stehen nur beiden Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.
Nachdem am 09. September 1996 die Heimbewohnerin … verstorben war, wurde am 19. November 1996 vor dem Nachlassgericht … das notarielle einseitige Testament der Verstorbenen vom 2. Dezember 1991 eröffnet. Nach dem Testament war – neben dem C. verband für e.V. und der Gemeinde – das Seniorenheim für die Altenarbeit zu einem Drittel als Erbe eingesetzt. Gleichzeitig wurde Testamentvollstreckung angeordnet. Der Reinwert des Nachlasses, der sich aus Sparguthaben, Bundesschatzbriefen und Wertpapieren zusammensetzte, betrug laut Erbschaftsteuererklärung DM 843.315,80. Durch Beschluss des Nachlassgerichts vom 12. Februar 1997 wurde ein Erbschein auf den C. Verband für, e.V., die Gemeinde sowie auf Frau M. ausgestellt. Aufgrund von Prozessen von Nichten und Neffen der Verstorbenen gegen die erfolgten Erbeinsetzungen kam es erst im Jahr 1998 zur Auszahlung des Erbteils.
Durch Erbschaftsteuerbescheid vom 28. April 1998 wurde gegen M. und H. als Erben zu je 1/6. ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von DM 140.552,–, Erbschaftsteuer in Höhe von jeweils DM 30.015,– bestandskräftig festgesetzt.
Die Erbschaft sollte nach einem Schreiben des Testamentvollstreckers vom 13. Februar 1998 zum Einbau eines Aufzugs verwendet werden.
Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 (vgl. Bericht über die Außenprüfung vom 29.12.2000) kam der Betriebsprüfer u. a. zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Erbschaft und den daraus resultierenden Zinseinnahmen um Betriebseinnahmen der Kl. handele und aktivierte gewinnwirksam auf den 31.12.1996 eine Forderung der Verstorbenen in Höhe des Erbschaftsanteils von DM 281.105,– sowie eine Zinsforderung auf den 31.12.1997 in Höhe von DM 13.814,– wegen angefallener Zinsen aus der Erbschaft. Zur Vermeidung einer Übermaßbesteuerung wegen der gleichzeitigen Belastung der Erbschaft mit Erbschaft- und Einkommensteuer minderte er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahr 1996 um DM 75.500,–, um eine gewollte Einkommensteuerminderung von DM 40.000,– zu erreichen (abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Abgabenordnung – AO –). Der Beklagte (Bekl.) folgte...