rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Halten einer Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Mitunternehmerschaft keine kürzungsschädliche Tätigkeit i.S. des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Halten einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Grundstücks-GbR durch eine gewerblich geprägte KG schließt bei unentgeltlicher Übernahme der Geschäftsführung der GbR und der Nichtausübung sonstiger schädlicher Nebentätigkeiten die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht aus. Für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ist nicht auf das zivilrechtliche Eigentum an den Grundstücken, sondern auf die ertragsteuerliche Zurechnung der Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen der KG abzustellen. Ein Gesellschaftsanteil an einer mitunternehmerischen Personengesellschaft stellt kein eigenständiges Wirtschaftsgut dar (entgegen BFH v. 19.10.2010, I R 67/09, BFHE 232, 194, BStBl II 2011, 367).
2. Da die erweiterte Kürzung auf Erträge abstellt, ist nicht eine weitere Tätigkeit als solche kürzungsschädlich, sondern nur etwaige Erträge aus dieser weiteren Tätigkeit.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1; AO § 39 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
Die Bescheide über
- • den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2007, zuletzt geändert am 11. September 2012,
- • den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2008, zuletzt geändert am 12. Mai 2011,
- • den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2009, zuletzt geändert am 12. Mai 2011,
- • den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2010, zuletzt geändert am 28. Juni 2012,
- • den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2011 vom 6. August 2012 und
- • den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2012, zuletzt geändert am 6. Dezember 2013,
alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2012, werden dahingehend geändert, dass nach Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff GewStG die Gewerbesteuermessbeträge jeweils in Höhe von 0,– EUR festgesetzt werden.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. des Gewerbesteuergesetzes – GewStG –.
Die Klägerin, eine Familiengesellschaft, wurde im Dezember 2006 im Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sind nach dem Gesellschaftsvertrag vom 20. Dezember 2006 die Entwicklung und Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere Immobilienvermögens, und das Halten von Beteiligungen an Immobiliengesellschaften.
Komplementärin der Klägerin ist die am Vermögen nicht beteiligte B. GmbH. Gründungskommanditist war Herr C., der seine Einlage auf seine Kinder Frau D. (Beteiligung am Kapital der Klägerin: 60 %) und Frau E. (Beteiligung am Kapital der Klägerin: 40 %) übertrug. Zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin ist allein die Komplementärin befugt, die ihrerseits durch Herrn C. und Frau D. vertreten wird.
Herr C. brachte mit notarieller Urkunde vom 21. Dezember 2006 Beteiligungen an vier Immobiliengesellschaften in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR – in die Klägerin ein. Es handelte sich um folgende Gesellschaften:
Schriftliche Gesellschaftsverträge liegen für die GbR nach Auskunft der Klägerin nicht vor. Die anteiligen Einheitswerte der Grundstücke betrugen:
Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnungen der Klägerin bezog sie in den Streitjahren ihre Erträge nahezu ausschließlich aus diesen Beteiligungen sowie – in geringem Umfang – aus Zinsen. Die GbR erzielten ihrerseits Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG, die von den zuständigen Finanzämtern einheitlich und gesondert festgestellt wurden. Die auf die Klägerin entfallenden Einkünfte der GbR wurden auf Ebene der Klägerin in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert.
In ihren Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2007 bis 2009 machte die Klägerin die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG geltend, und der Beklagte setzte den Gewerbesteuermessbetrag zunächst unter Berücksichtigung der erweiterten Kürzung mit jeweils 0,– EUR fest. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung – AO –.
Am 12. Mai 2011 erließ der Beklagte geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2007 bis 2009, in denen er nunmehr die erweiterte Kürzung versagte (Gewerbesteuermessbetrag 2008: 38.300,– EUR; Gewerbesteuermessbetrag 2009: 48.692,– EUR). Auch di...