Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessen der Familienkasse hinsichtlich der Abzweigung des Kindergeldes. Unterhaltsleistungen des Kindergeldberechtigten. keine Abzweigung bei Aufnahme des Kindes in den Haushalt des Berechtigten
Leitsatz (redaktionell)
1. Trägt der Kindergeldberechtigte überhaupt keine Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes, ist allein die Auszahlung des Kindergeldes an das Kind ermessensgerecht.
2. Eine Abzweigung kommt nicht in Betracht, wenn der Kindergeldberechtigte regelmäßig Unterhaltsleistungen erbringt, die den Betrag des anteiligen Kindergeldes übersteigen. Davon ist grundsätzlich auszugehen, wenn das Kind in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen worden ist.
Normenkette
EStG § 74 Abs. 1; AO § 5
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Ablehnung der vom Kläger beantragten Abzweigung des Kindergeldes an ihn i. S. von § 74 Abs. 1 EStG durch die Familienkasse rechtmäßig ist oder nicht.
Der am 8. März 1995 geborene Kläger ist der leibliche Sohn von Rechtsanwalt B. aus C.. Nach Beendigung seiner Schulausbildung nahm der Kläger zu Beginn des Wintersemesters 2013/14 ein Studium am College C. auf. Die Studiengebühren hierfür betragen monatlich 700,00 EUR (vgl. „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” des Klägers vom 31. Dezember 2013).
Sein Vater, der bislang das Kindergeld für den Kläger erhielt, weil der Kläger in der väterlichen Wohnung wohnte, reichte am 18. Juni 2013 eine von ihm unterschriebene „Erklärung zu weiteren Berücksichtigungstatbeständen nach Beendigung der Schulausbildung” bei der o. g. Familienkasse ein, in der er erklärte, dass der Kläger weiterhin im väterlichen Haushalt wohne und ein Studium aufnehme wolle.
Am 10. Oktober 2013 ging bei der Familienkasse ein Antrag des Klägers ein, das Kindergeld unmittelbar an ihn auszuzahlen. In dem Formular gab er u. a. an, dass seine in D. wohnhafte Mutter monatlichen Barunterhalt in Höhe von 304,00 EUR erbringe. Außerdem reichte der Kläger eine „Vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts” des Jobcenters C. vom 15. Mai 2013 betr. seinen Vater ein, wonach diesem und den mit ihm „in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen” Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2013 in folgender Höhe vorläufig bewilligt wurden:
Monatlicher Gesamtbetrag für den Monat Mai 2013: |
1.006,60 EUR |
Vater des Klägers |
für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts |
396,66 EUR |
Vater des Klägers |
Bedarf für Unterkunft und Heizung |
232,04 EUR |
Kläger selbst |
Bedarf für Unterkunft und Heizung |
76,26 EUR |
|
Zuschuss nach § 26 SGB II zur |
|
Vater des Klägers |
Krankenversicherung |
157,40 EUR |
|
Pflegeversicherung |
25,01 EUR |
Kläger selbst |
Krankenversicherung |
93,90 EUR |
Bruder des Klägers |
Krankenversicherung |
25,33 EUR |
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2013 lehnte die o. g. Familienkasse eine Abzweigung des Kindergeldes an den Antragsteller i. S. von § 74 Abs. 1 EStG ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers blieb erfolglos und wurde von der Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 13. November 2013 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass eine Abzweigung im vorliegenden Fall nicht in Betracht komme, weil der Kläger im Haushalt seines Vaters lebe und dieser seine Unterhaltspflicht zumindest in Höhe des monatlichen Kindergeldbetrages durch Naturalleistungen wie z. B. Unterkunftsgewährung etc. erfülle.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2014 hob die o. g. Familienkasse die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Vater des Klägers gemäß § 70 Abs. 2 EStG rückwirkend ab Oktober 2013 wieder auf. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger nach seinen eigenen Erklärungen im hiesigen Klageverfahren nicht als in den Haushalt seines Vaters aufgenommen anzusehen sei. Den Einspruch des Klägers hiergegen wies die Familienkasse mittels Einspruchsentscheidung vom 11. August 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Kläger weder in den Haushalt seines Vaters noch in denjenigen seiner Mutter aufgenommen worden sei. Nach seiner eigenen Aussage müsse der Kläger einen nicht unerheblichen Anteil an den Gesamthaushaltskosten seines Vaters selbst tragen, sodass er so zu behandeln sei als wenn er einen eigenen Haushalt betreiben würde. Für die Kindergeldbezugsberechtigung sei somit ausschlaggebend, welcher Elternteil den höheren Barunterhalt leiste. Dies sei im vorliegenden Fall die Kindesmutter. Sie schließe daher den Vater des Klägers von der Kindergeldzahlung aus.
Gegen den Aufhebungsbescheid hat der Vater des Klägers fristgerecht Klage zum FG erhoben, die noch anhängig ist (Az.: 9 K 15144/14).
Im Rahmen seiner Klage im hiesigen Verfahren macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass vorliegend ein Fall des § 7...