Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblichkeit der Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 2 EStG für die Frage des „Überwiegens” der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. v. § 233a Abs. 2 Satz 2 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Frage, ob die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die anderen Einkünfte überwiegen und der Zinslauf nach § 233a Abs. 2 Satz 2 AO deswegen erst 21 Monate nach Ablauf des Jahres der Steuerentstehung beginnt, ist auf die Beträge der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG abzustellen; es kommt nicht darauf an, in welchem Umfang diese Einkünfte nach Anwendung des beschränkten vertikalen Verlustausgleichs gemäß der in den Jahren 1999 bis 2003 geltenden Fassung des § 2 Abs. 3 Sätze 2 bis 8 EStG Eingang in die „Summe der Einkünfte” gefunden haben.
2. Der Zinslauf beginnt daher erst 21 Monate nach Ablauf des Jahres der Steuerentstehung, wenn bei positiven Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft die Summe der übrigen Einkünfte insgesamt negativ ist, trotz der insgesamt rechnerisch negativen Einkünfte aber infolge der Anwendung von § 2 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG 1999 ein positiver Betrag der Einkünfte versteuert worden ist und die im versteuerten Betrag enthaltenen übrigen Einkünfte höher sind als die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
Normenkette
AO § 233a Abs. 2 Sätze 1-2; EStG 1999 § 2 Abs. 2, 3 Sätze 2-8
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die miteinander verheirateten Kläger wurden im Streitjahr (2001) gemäß § 26b Einkommensteuergesetz (EStG) gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.
Am … 2003 gaben die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 ab. Der Beklagte erließ am 14. August 2003 einen Einkommensteuerbescheid, in dem die Einkommensteuer auf 14.811,10 EUR festgesetzt wurde. Die Festsetzung basierte auf folgenden Besteuerungsgrundlagen (sämtliche Beträge gerundet in DM):
Einkunftsart |
Ehemann/Kläger |
Ehefrau/Klägerin |
gesamt |
Land- u. Forstwirtschaft |
+ 14.500 |
|
+ 14.500 |
Gewerbebetrieb |
./. 528.000 |
|
./. 528.000 |
nichtselbständige Arbeit |
|
+ 127.000 |
+ 127.000 |
Kapitalvermögen |
+ 4.000 |
+ 283.000 |
+ 287.000 |
Vermietung und Verpachtung |
+ 85.500 |
./. 18.000 |
+ 67.500 |
Aufgrund der Beschränkung des horizontalen Verlustausgleichs durch § 2 Abs. 3 Sätze 2 bis 8 Einkommensteuergesetz (EStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung konnte nur ein Teilbetrag der negativen Einkünfte der Kläger im Streitjahr genutzt werden; es verblieb deshalb trotz der rein rechnerisch überwiegenden negativen Einkünfte (rechnerischer Saldo: rund ./. 32.000 DM) ein der Besteuerung zugrunde zu legender positiver Betrag (Summe der positiven Einkünfte) in Höhe von rund 157.200 DM (Beträge gerundet und in DM):
|
Ehemann/Kläger |
Ehefrau/Klägerin |
Gesamt |
Summe der positiven Einkünfte aus jeder Einkunftsart |
104.000 |
410.000 |
514.000 |
Ausgleichsfähige negative Summe der Einkünfte |
102.000 |
255.000 |
357.000 |
Anteilige Einkünfte nach Anwendung des Verlustausgleichs: |
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|
Land- u. Forstwirtschaft |
300 |
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Gewerbebetrieb |
./. 189.000 |
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|
Nichtselbständige Arbeit |
|
48.000 |
|
Kapitalvermögen |
100 |
107.000 |
|
Vermietung u. Verpachtung |
1.800 |
|
|
Grundlage für die Besteuerung |
2.200 |
155.000 |
157.200 |
Am … 2003 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid. Er ging nunmehr von negativen Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von rund ./. 538.000 DM (statt rund 528.000 DM) aus. An der der Besteuerung zugrunde gelegten Summe der positiven Einkünfte von rund 157.200 DM änderte sich dadurch nichts.
Ausgehend von der festgesetzten Einkommensteuer von 14.811,10 EUR ergab sich nach Anrechnung bereits gezahlter Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, anrechenbarer Körperschaftsteuer und Vorauszahlungen zur Einkommensteuer für 2001 ein Erstattungsbetrag zugunsten der Kläger in Höhe von 92.722,27 EUR.
Die Kläger beantragten beim Beklagten den Erlass eines Zinsbescheids zu diesem Einkommensteuerguthaben. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom … 2004 ab. Den Einspruch der Kläger vom … 2004 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … 2005 zurück. Hiergegen richtet sich die am … 2005 erhobene Klage.
Die Kläger meinen, ihnen stehe ein Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsbetrags zu, da der Zinslauf gemäß § 233a Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) 15 Monate nach Ablauf des Jahres 2001 – also am 01. April 2003 – und damit vor der am 14. August 2003 erfolgten erstmaligen Festsetzung der Einkommensteuer für 2001 begonnen habe. Die Summe ihrer, der Kläger, der Besteuerung zugrunde gelegten Einkünfte im Streitjahr habe laut dem Bescheid (gerundet) 157.200 DM betragen. Da ihre, der Kläger, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Streitjahr lediglich (gerundet) 14.500 DM betragen hätten, hätten diese die übrigen Einkünfte demnach nicht überwogen.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, einen Zinsbescheid zur Einkommensteuer 2001 über eine...