rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Grundlagenbescheiden und Berichtigung materieller Fehler bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein materieller Fehler i. S. d. § 177 Abs. 3 AO liegt auch dann vor, wenn ein Grundlagenbescheid nicht rechtzeitig innerhalb der zweijährigen Ablaufhemmung ausgewertet worden ist.
2. Grundlagenbescheide für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind sowohl der Verlustfeststellungsbescheid für das Vorjahr als auch der Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt werden soll.
Normenkette
EStG § 10d Abs. 2, 4; AO § 171 Abs. 10, § 177 Abs. 2-3, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2004 vom 04.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.02.2015 wird mit der Maßgabe geändert, dass ein verbleibender Verlustvortrag in Höhe von 120.836 EUR festgestellt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 73,4 % dem Kläger und zu 26,6 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des festzustellenden verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2004.
Nach Eingang der Einkommensteuererklärung für 2004 beim Beklagten am 17.11.2005 (Bl. 61 Einkommensteuer [ESt]-Akte) setzte dieser die Einkommensteuer für den ledigen Kläger im Wege der Einzelveranlagung mit insoweit endgültigem Einkommensteuerbescheid vom 12.12.2005 auf 0 EUR fest, wobei ein Verlustvortrag aus 2003 in Höhe von 22.145 EUR vom Gesamtbetrag der Einkünfte in Abzug gebracht worden war. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden aufgrund von Werbungskostenüberhängen mit insgesamt ./. 31.855 EUR berücksichtigt.
Mit endgültigem Bescheid zum 31.12.2004 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer vom 12.12.2005 (Bl. 60 ESt-Akte) stellte der Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes – EStG – unverändert in Höhe des auf den zum 31.12.2003 festgestellten verbleibenden Verlustvortrags auf 74.414 EUR fest. Hierbei ist es entgegen der gesetzlichen Anordnung des § 10d Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 EStG in der für Streitzeitraum maßgebenden Fassung aus nicht (mehr) nachvollziehbarem Grund unterblieben, den im Einkommensteuerbescheid für 2004 in Abzug gebrachten Verlustvortrag von 22.145 EUR in der zum 31.12.2004 vorzunehmenden Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags mindernd zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 15.03.2010 (Bl. 59 ESt-Akte) ist der Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2003 geändert worden und neben einem Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG) ein verbleibender Verlustvortrag im Sinne des § 10d Abs. 3 EStG i. d. F. vom 16.04.1997 abweichend auf 80.214 EUR festgestellt worden. In einem auf § 172 Abs. 1 Nr. 2a der Abgabenordnung – AO – gestützten geänderten Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2004 vom 27.09.2011 (Bl. 55 ESt-Akte) brachte der Beklagte erstmals den in der Einkommensteuerfestsetzung 2004 berücksichtigten Verlustvortrag mindernd in Abzug und stellte den verbleibenden Verlustvortrag auf 58.069 EUR (bisher: 74.714 EUR ./. 22.145 EUR) fest. Hiergegen wandte sich der Kläger erfolgreich im Wege des Einspruchs (Bl. 58 ESt-Akte), mit dem er geltend machte, der angefochtene Verlustfeststellungsbescheid sei mangels Fehlens einer Korrekturvorschrift sowie wegen eingetretener Feststellungsverjährung nicht korrigierbar. Mit Abhilfebescheid vom 10.12.2013 (Bl. 67 ESt-Akte) stellte der Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag zum 31.12.2004 wieder in ursprünglicher Höhe (74.714 EUR) fest. Zugleich wies er darauf hin, dass im Falle einer (erneuten) Änderung des Verlustfeststellungsbescheides zum 31.12.2003 zugunsten des Klägers eine Anpassung des Verlustfeststellungsbescheides zum 31.12.2004 zu erfolgen habe, in deren Änderungsrahmen der zu Unrecht unterbliebene Verlustabzug im Wege der Fehlersaldierung nach Maßgabe des § 177 Abs. 2 AO mindernd (gegenläufig) in Abzug gebracht werde dürfe.
Durch Einspruchsentscheidung vom 14.03.2014 über einen Einspruch gegen den Verlustfeststellungsbescheid für 2003 stellte der Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31.12.2003 auf 142.981 EUR wie folgt fest:
für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
48.726 EUR |
für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften |
4.786 EUR |
nach § 10d Abs. 3 EStG i.d.F. vom 16.04.1997 auf |
94.255 EUR |
Mit Schreiben vom 18.03.2014 – auf das wegen des weiteren Inhalts ergänzend Bezug genommen wird (Bl...