Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Steuerbescheides wegen widerstreitender Steuerfestsetzung / Zuordnung eines landwirtschaftlichen Betriebsaufgabe- / Betriebsveräußerungsgewinns
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO sind erfüllt, wenn ein Steuerpflichtiger beantragt, den in einem Steuerbescheid erfassten Betriebsaufgabegewinn zu mindern, das Finanzamt daraufhin den gesamten Betriebsaufgabegewinn des betreffenden Veranlagungszeitraums unberücksichtigt lässt und diesen in einem nach § 174 Abs. 4 AO geänderten Steuerbescheid des folgenden Veranlagungszeitraums erfasst.
2. Zur zeitlichen Zuordnung eines landwirtschaftlichen Betriebsaufgabe / Betriebsveräußerungsgewinns, wenn die Betriebsaufgabe zum 31. 12. des Jahres - unter Überführung des Betriebsgrundstückes in das Privatvermögen - erklärt wurde, aber bereits zu diesem Zeitpunkt ein Vertrag über den Verkauf des Grundstücks geschlossen war, der einen späteren Übergang vorsah.
Normenkette
AO § 174 Abs. 4, § 367 Abs. 2 S. 2; EStG §§ 14, 16 Abs. 2-3, §§ 11, 24
Nachgehend
Tatbestand
Bis Ende 1991 betrieb der gemeinsam mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagte Kläger auf einem ... qm großen Grundstück, das im wesentlichen aus Ackerland bestand und das auf einem ... qm großen Teilstück mit einem selbstgenutzten Zweifamilienhaus bebaut war, eine Gärtnerei und erzielte hierdurch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er gemäß §§ 4 Abs. 1, 4a Einkommensteuergesetz (EStG) in jeweils vom 1. Juli bis zum 30. Juni dauernden Wirtschaftsjahren bilanzierte.
Zum 1. 7. 1989 überführte der Kläger das auf dem Betriebsgrundstück gelegene und von ihm und seiner Familie bewohnte Wohnhaus sowie die hierzu gehörende Grundstücksfläche von ... qm zu den damaligen Buchwerten von 26.008,00 DM (Wohnhaus) und 39.540,00 DM (Grund und Boden) steuerfrei in sein Privatvermögen.
In der Folgezeit entschloss sich der Kläger, das Grundstück zu veräußern und beauftragte zu diesem Zweck einen Rechtsanwalt, der die Möglichkeit eines Verkaufs der landwirtschaftlichen Fläche als Bau- bzw. Bauerwartungsland prüfen und sämtliche hiermit zusammenhängenden Schritte "diskret und rechtlich abgesichert" in die Wege leiten sollte. Nachdem der beauftragte Rechtsanwalt in entsprechender Weise in der Zeit von August 1989 bis Mai 1990 tätig geworden war, aber selbst keine Käufer gefunden hatte, verkaufte der Kläger durch notariellen Vertrag vom 6. 6. 1990 das gesamte Grundstück einschließlich der auf dem Betriebgrundstück stehenden Gebäude zu einem Gesamtkaufpreis von ... DM an die Fa. IG-GmbH, die auf dem Grundstück Mietwohnungen errichten wollte. Als Übergabetermin war zunächst der 1. 7. 1991 vorgesehen. In zwei notariellen Änderungsverträgen vom 22. 3. 1991 und vom 23. 9. 1991 wurde dieser Kaufvertrag später jedoch dahingehend modifiziert, dass als Zahlungs- und Übergabezeitpunkt schließlich der 31. 3. 1992 vorgesehen war, wobei der Kläger berechtigt sein sollte, die von ihm und seiner Familie bewohnten Wohnhäuser bis zum 31. 12. 1992 weiterzunutzen. Ferner beinhaltete der Kaufvertrag ein bis zum 31. 3. 1992 befristetes Rücktrittsrecht des Erwerbers, für das der Kläger bereits im Juni 1990 eine nicht auf den Kaufpreis anzurechnende Stillhalteprämie in Höhe von 100.000,00 DM vereinnahmt hatte. Zudem wurde auch die ursprünglich getroffene Kaufpreisvereinbarung in der Weise geändert, dass nunmehr auf Grundlage der Grundstücksfläche von ... qm und eines Quadratmeterfestpreises von 380,00 DM ein Kaufpreis von insgesamt ... DM vereinbart wurde.
Im Dezember 1991 entließ der Kläger seine Arbeitnehmer, legte die bis zu diesem Zeitpunkt als Gärtnerei genutzten Flächen still, verkaufte seinen Marktstand auf dem Großmarkt und zeigte dem Beklagten noch im Dezember 1991 die Stilllegung seines Betriebes zum 31. 12. 1991 schriftlich an. In einem weiteren Schreiben vom 30. 3. 1992 teilte der Kläger dem Beklagten als "Nachtrag zum Schreiben vom 23. 12. 1991" mit, dass der Betrieb mit Wirkung vom 31. 12. 1991 "endgültig" eingestellt worden sei und fügte diesem Schreiben eine vom Beklagten zuvor angeforderte steuerliche Abmeldungserklärung bei.
Im März 1992 hinterlegte der Erwerber des Grundstücks den vereinbarten Kaufpreis, wodurch gem. § 6 des notariellen Kaufvertrages der Nutzen-Lasten-Wechsel eintrat.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1991 erklärten die Kläger neben dem gesamten im Kalenderjahr 1991 erzielten laufenden Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft (= ... DM) auch einen Aufgabegewinn in Höhe von ... DM, der im Wesentlichen aus den durch die Betriebsaufgabe aufgedeckten stillen Reserven bestand, die - nach Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf den zum Betriebsvermögen gehörenden Grund und Boden und das seit 1989 im Privatvermögen gehaltene Wohngrundstück rechnerisch auf das Betriebsvermögen entfielen. Hierfür setzten die Kläger einen geschätzten Gebäudewert von 950.000,00 DM an, den sie als steuerfreien Verkaufse...