Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Betriebsausgabenabzug einer Ärzte-Personengesellschaft für die Kosten der letztendlich gescheiterten Gründung einer Arztpraxis in den Vereinigten Arabischen Emiraten, sondern lediglich Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts
Leitsatz (redaktionell)
1. Will eine in Deutschland freiberuflich tätige Ärzte-Personengesellschaft eine zusätzliche Arztpraxis in Dubai eröffnen, so wird spätestens mit der der Erteilung der „Certificate Of Good Standing” durch den zuständigen Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales deutlich, dass die Gesellschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine – in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 und 2 DBA-VAE 1996 fallende – „feste Einrichtung” begründen will.
2. „Vorbereitende Aufwendungen” wie Vorlauf- und Gründungkosten für die Errichtung einer festen Einrichtung, für die einem anderen Staat das Besteuerungsrecht zusteht, sind in Deutschland nach § 3c EStG nicht abziehbar, wenn die Gründung der „festen Einrichtung” letztendlich scheitert (Übertragung der zu gewerblichen Einkünften ergangenen BFH-Urteile v. 28.4.1983, IV R 122/79, sowie v. 1.12.1987, IX R 104/83 auch auf den Bereich der freiberuflichen Einkünfte; im Streitfall: Verwirklichung der Praxisgründung in Dubai durch eine andere, nur teilweise personenidentische Personengesellschaft). Das Veranlassungsprinzip auf Betriebsausgaben in Form von vorbereitenden Aufwendungen ist nicht nur dann anzuwenden, wenn die Betriebsstätte tatsächlich später errichtet wird, sondern auch bei einer gescheiterten Errichtung.
3. Die gescheiterten Gründungskosten der Ärzte-Personengesellschaft werden nach Art. 24 Abs. 1 Buchts. a DBA-VAE 1996 von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen (Freistellungsmethode). Da die von der Personengesellschaft für Dubai ins Auge gefasste ärztliche Tätigkeit ausschließlich „aktiv” ist, ist die Anwendung der Freistellungsmethode nicht nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. c DBA-VAE 1996 ausgeschlossen.
4. Eine Feststellung des im Streit befindlichen Gewinns gem. § 2 Abs. 1 AIG (Auslandsinves-titionsgesetz) scheidet im Streitfall aus. § 2 Abs. 1 AIG bezieht sich ausschließlich auf gewerbliche Einkünfte und ist daher auf selbstständige Einkünfte nicht anwendbar.
5. Die Kosten für die gescheiterte Gründung der Arztpraxis in Dubai fallen auch nicht in den Anwendungsbereich von § 2a Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 bis 7 EStG und sind daher nicht nach § 2a Abs. 1 S. 5 EStG gesondert festzustellen. Dass die Betriebsasgaben in Deutschland nur über den negativen Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen sind, verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht.
Normenkette
EStG 2002 § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 4, §§ 18, 32b Abs. 1 Nr. 3, § 2a Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 7, S. 5, § 3c; DBA Vereinigte Arabische Emirate 1996 Art. 14 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, Art. 24 Abs. 1 Buchst. a, c; AO § 180 Abs. 5 Nr. 1; AIG § 2 Abs. 1; AEUV Art. 49, 63
Nachgehend
Tenor
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht erledigt ist, wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 75 % und der Beklagte 25 %.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Anerkennung von Vorlauf- und Gründungskosten im Hinblick auf das Engagement der Klägerin in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) im Streitjahr 2004.
Die Gesellschafter der Klägerin übten ihre ärztliche und kassenärztliche Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis mit dem Schwerpunkt Kardiologie im Streitjahr in der Form der Partnerschaftsgesellschaft gem. Partnerschaftsvertrag vom aus.
Für die Zukunft strebte die Klägerin an, sich auf dem Gebiet der Kardiologie in Dubai in den VAE zu engagieren und dort eine entsprechende Praxis aufzubauen. In dem Zeitraum ab 2002 bis 2005 unterstützten alle Gesellschafter dieses Vorhaben.
Am 2004 erteilte der Senator für Arbeit, Gesundheit, Frauen, Jugend und Soziales für die Klägerin ein „Certificate of good standing”.
Mit dem 2005 zog sich ein Gesellschafter aus dem Projekt zurück. Im August 2005 wurde die Gesellschaft B-GmbH & Co. KG, (im Folgenden: KG) gegründet. Gesellschaftszweck war die „Ausübung ärztlicher Tätigkeit im Ausland”. Diese Gesellschaft führte die Aktivitäten zum Aufbau einer kardiologischen Praxis in Dubai weiter.
In der Gewinnermittlung für 2004, die gem. § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfolgte, waren die im Zusammenhang mit dem Projekt in Dubai entstandenen Aufwendungen als Betriebsausgaben verbucht worden.
Mit Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom ...