Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer öffentlichen Zustellung eines Bescheids. Umsatzsteuer 2000
Leitsatz (redaktionell)
Ein öffentlich zugestellter Steuerbescheid ist auch dann wirksam bekannt gegeben worden, wenn der Steuerpflichtige kurz nach Beendigung des öffentlichen Aushangs persönlich im Finanzamt vorgesprochen hat und ihm dabei von der Sachgebietsleiterin der Rechtsbehelfsstelle diverse Einspruchsbescheide übergeben worden sind, er aber nicht auf den streitigen öffentlich zugestellten Bescheid hingewiesen worden ist. Von einem treuwidrigen Verhalten der Sachgebietsleiterin kann nicht ausgegangen werden, wenn sie keine Kenntnis von der öffentlichen Zustellung durch die Veranlagungsstelle des FA hatte (hier: keine Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist).
Normenkette
AO § 122 Abs. 3-4, §§ 355, 110 Abs. 1-3
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger die Einspruchsfrist versäumt hat. Der Beklagte erließ am 24. Juli 2001 gegen den Kläger einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2000. Die Bekanntgabe erfolgte durch öffentliche Zustellung, der Aushang vom 24. Juli 2001 bis zum 7. August 2001. Gegen den Bescheid richtete sich der Einspruch des Klägers vom 23. November 2001. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2001 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass der Bescheid bestandskräftig sei und wies zugleich auf die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hin. Nachdem der Kläger sich hierzu nicht geäußert hatte, verwarf der Beklagte den Einspruch durch Einspruchsbescheid vom 27. November 2002 als unzulässig.
Hiergegen hat der Kläger am 27. November 2002 Klage erhoben. Er meint, der Beklagte könne sich aus folgendem Grund nicht auf die Fristversäumnis berufen: Ihm seien am 9. August 2001 von der Sachgebietsleiterin der Rechtsbehelfsstelle diverse Einspruchsbescheide persönlich übergegeben worden. Die Einspruchsbescheide hätten öffentlich bekannt gegeben werden sollen. Der Aushang sei für den Zeitraum vom 27. Juli 2001 bis 10. August 2001 vorgesehen gewesen, jedoch fehlgeschlagen, da sich am 9. August 2001 kein Aushang an der hierfür vorgesehenen Bekanntgabetafel befunden habe. Vor diesem Hintergrund bestünden erhebliche Zweifel an einer wirksamen öffentlichen Zustellung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides. Zumindest hätte er im Rahmen seines Gesprächs mit der Sachgebietsleiterin der Rechtsbehelfsstelle auf die öffentliche Zustellung auch dieses Bescheides hingewiesen werden müssen.
Der Kläger beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 24. Juli 2001 und den Einspruchsbescheid vom 27. November 2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er weist darauf hin, dass die Sachgebietsleiterin der Rechtsbehelfsstelle keine Kenntnis von den Aushängen des Veranlagungsbereichs gehabt haben dürfte.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen, da die einmonatige Einspruchsfrist (§ 355 Abgabenordnung – AO –) nicht eingehalten wurde.
Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Umsatzsteuerbescheid für 2000 wirksam bekannt gegeben wurde. Nach Aktenlage erfolgte der öffentliche Aushang in der Zeit vom 24. Juli bis 7. August 2001. Der Aushang wurde am 7. August 2001 abgenommen, so dass davon auszugehen ist, dass er sich in der Zwischenzeit ununterbrochen an der hierfür vorgesehenen Bekanntgabetafel befand. Der Umstand, dass der Kläger am 9. August 2001 keinen entsprechenden Aushang vorfand, vermag keine Zweifel an der wirksamen Bekanntgabe zu begründen. Denn zu diesem Zeitpunkt war der hier interessierende Aushang bereits abgenommen.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO liegen nicht vor. Voraussetzung ist, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellt. Dieser Antrag ist gemäß § 110 Abs. 2 AO binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Gemäß § 110 Abs. 3 AO kann die Wiedereinsetzung nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist in Folge höherer Gewalt unmöglich war. Damit scheitert eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bereits daran, dass der Kläger innerhalb der Jahresfrist keine Wiedereinsetzungsgründe vorgetragen hat.
Darin, dass die Sachgebietsleiterin der Rechtsbehelfsstelle nicht auf die öffentliche Bekanntgabe des Umsatzsteuerbescheides hingewiesen hatte, sieht der Senat auch kein treuwidriges Verhalten. Die Bekanntgabe der Steuerfestsetzung fiel nicht in den Zuständigkeitsbereich der Sachgebietsleiterin der Rechtsbehelfss...