rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsrente nach § 47 SGB VI unterliegt mit dem Besteuerungsanteil der Einkommensteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Zufluss an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit durch Bezug einer Erziehungsrente nach § 47 SGB VI stellt sich nicht als Familienleistung, sondern als vereinnahmtes Markteinkommen (aus einer Hinterbliebenenrente) dar.
2. Die Erziehungsrente unterliegt mit dem für das Kalenderjahr des Rentenbeginns maßgeblichen Besteuerungsanteil der Einkommensteuer. Dem steht nicht entgegen, dass Unterhaltsersatz- oder Schadensersatzrenten nach § 844 Abs. 2 BGB nach der Rechtsprechung des BFH nicht steuerbar sind.
3. Verfassungsrechtliche Zweifel an der Besteuerung der Erziehungsrente dem Grunde nach bestehen nicht.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 2 Abs. 1; SGB VI § 47; BGB § 844 Abs. 2; GG Art. 14
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Besteuerung einer Erziehungsrente nach § 47 SGB VI.
Die Klägerin ist die Mutter der Söhne B (* XX.XX.1991) und C (* XX.XX.1992). Nachdem der frühere Ehemann der Klägerin und Vater von B und C im Jahr 2007 verstorben war, floss der Klägerin im Streitjahr 2008 eine Rente i.H. von X.XXX Euro zu (Bl. 9 ESt). Der Beklagte erfasste im Einkommensteuerbescheid 2008 vom 8. Mai 2009 einen Teilbetrag der Rente i.H. von X.XXX Euro als sonstige Einkünfte.
Den Einspruch der Klägerin vom 13. Mai 2009 (Bl. 2 Rbh) wies der Beklagte am 28. Oktober 2009 als unbegründet zurück (Bl. 12).
Am 10. November 2009 hat die Klägerin Klage erhoben (Bl. 1).
Sie beantragt sinngemäß (Bl. 8, 29),
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 8. Mai 2009 in Form der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2009 insoweit zu ändern, als die Rente insgesamt steuerlich nicht erfasst wird.
Es handele sich bei der Rente um den Ersatz von Unterhalt, der nur deshalb zum Tragen gekommen sei, weil der Vater der Kinder verstorben sei. Die Rente ende mit Erreichen des 18. Lebensjahres der Kinder und sei mit einer Altersrente nicht vergleichbar.
Der Beklagte beantragt sinngemäß (Bl. 26),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Es handele sich bei der Rentenleistung nicht um entgangenen Unterhalt, sondern um eine steuerbare und (teilweise) steuerpflichtige Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch die Besteuerung nur mit dem Ertragsanteil scheide aus. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit bestünden nach der Rechtsprechung des BFH nicht.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die Erziehungsrente (§ 47 SGB VI) mit einem Anteil von 50 v. H. der Besteuerung unterworfen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) aa) EStG).
a) Sonstige Einkünfte sind nach § 22 Nr. 1 a) aa) EStG Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b EStG erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente. Der der Besteuerung unterliegende Anteil ist nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Prozentsatz aus der in § 22 Nr. 1 EStG ausgewiesenen Tabelle zu entnehmen.
b) Bei der von der Klägerin erzielten Erziehungsrente handelt es sich um eine Rente i.S. von § 22 Nr. 1 a) aa) EStG.
aa) Die Rente wird aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Nach § 47 SGB VI Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Erziehungsrente, wenn ihre Ehe nach dem 30. Juni 1977 geschieden und ihr geschiedener Ehegatte gestorben ist, sie ein eigenes Kind oder ein Kind des geschiedenen Ehegatten erziehen (§ 46 Abs. 2 SGB VI), sie nicht wieder geheiratet haben und sie bis zum Tod des geschiedenen Ehegatten die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Geschiedenen Ehegatten stehen Ehegatten gleich, deren Ehe für nichtig erklärt oder aufgehoben ist.
bb) Der Bezug der Rente mag sich für die Klägerin wirtschaftlich betrachtet – trotz bestehender Unterscheidungen etwa hinsichtlich der Dauer der Verpflichtung – als Fortsetzung familiärer Unterhaltszahlungen darstellen. Der Zufluss an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit stellt sich indes nicht als Familienleistung, sondern als vereinnahmtes Markteinkommen (aus einer Hinterbliebenenrente) dar (FG Baden-Württemberg vom 18. September 2007 10 K 244/06, juris). Denn Leistender ist nicht der verstorbene frühere Ehemann der Klägerin. Die Rente wird vielmehr aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Klägerin gezahlt.
Dem steht nicht entgegen, dass Unterhaltsersatz- oder Schaden...