Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorbehalt einer Nachprüfung als Grundlage einer Änderung gesonderter Feststellungen im Rahmen einer Steuerfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
- Auf die Änderungsbefugnis aufgrund eines ursprünglich bestehenden Vorbehalts der Nachprüfung kann sich das Finanzamt nach einer Außenprüfung, bei der sich Änderungen für den betroffenen Bescheid nicht ergeben haben und demnach der Vorbehalt gemäß § 164 Abs. 3 Satz 3 AO aufzuheben gewesen wäre, nicht mehr berufen.
- Demgegenüber kann der Vorbehalt der Nachprüfung Grundlage für eine spätere Änderung sein, wenn ein nach Durchführung einer Außenprüfung ergehender bestandskräftiger Änderungsbescheid entgegen § 164 Abs. 3 Satz 3 AO mit einem Vorbehalt der Nachprüfung versehen wird oder der Vorbehalt in einem solchen bestandskräftigen Änderungsbescheid mangels Aufhebung fortwirkt.
- Aus § 173 Abs. 2 AO kann nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass eine Änderung nach § 164 Abs. 2 AO auch dann noch uneingeschränkt möglich sein soll, wenn zwischenzeitlich die Voraussetzungen für die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 Satz 3 AO vorlagen und deshalb eine Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO ergangen ist.
- Der Stpfl. ist nicht darauf angewiesen, den Anspruch auf Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung aus § 164 Abs. 3 Satz 3 AO gesondert geltend zu machen.
Normenkette
AO § 164 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 3, § 173 Abs. 2, § 181 Abs. 1 S. 1, § 202 Abs. 1 S. 3; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 S. 1, Art. 20 Abs. 3
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Das beklagte Finanzamt stellte für die Kläger zunächst mit Bescheid vom 13.10.2003 den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.2001 für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 1.838.735 EUR und für die Einkünfte aus Kapitalvermögen auf 113.406 EUR fest. Dieser Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 28.6.2004 änderte das beklagte Finanzamt den Bescheid vom 13.10.2003. Es stellte nunmehr den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.2001 für die Einkünfte aus Kapitalvermögen auf 57.984 EUR fest – die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beliefen sich weiterhin auf 1.838.735 EUR; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Am 6.9.2004 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung betreffend den Kläger mit einer Betriebsprüfung. Diese erstreckte sich u.a. auf die Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2000 - 2002. Ausweislich des entsprechenden Berichts vom 11.10.2004 ergaben sich nur Änderungen zur „privaten PKW-Nutzung im Hinblick auf die Umsatzsteuer”. Zu Tz. 2.3 „Weitere Feststellungen” heißt es:
„Weitergehende Feststellungen haben sich durch die Betriebsprüfung nicht ergeben. Im Hinblick auf die Verlustvorträge unterbleibt eine bilanzielle Darstellung der Umsatzsteuerverbindlichkeit”.
Der Kläger bat darum, ihm den Bericht vor dessen Auswertung zu übersenden (§ 202 Abs. 2 AO). Eine Schlussbesprechung fand nicht statt, weil der Kläger nach § 201 Abs. 1 AO hierauf verzichtet hatte. Die Prüfungsfeststellungen waren während der Prüfung eingehend und einvernehmlich besprochen worden.
Der Kläger erhielt den Bericht mit Schreiben des beklagten Finanzamts vom 12.11.2004 am 8.12.2004. In diesem Schreiben heißt es u.a.:
„Ich beabsichtige, den Inhalt des Berichts der Besteuerung zugrundezulegen”.
Die Steuerakten enthalten eine Gesprächsnotiz über ein Telefonat, das am 3.8.2007 zwischen dem Prüfer – „A” – und einer Mitarbeiterin des beklagten Finanzamts – „B” stattgefunden hat. Besprechungsgegenstand war die Betriebsprüfung beim Kläger, Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags in 2001 und anteiliger Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen – außerdem: Verbleib der Prüferhandakte. Zum Inhalt des Gesprächs im Wesentlichen:
„"A” wurde…nochmals über die Beanstandungen des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts für Steuern in Münster informiert. Da die Prüferhandakte auch nach neuerlichem Suchen…nicht auffindbar ist und sie Herrn „C”, der sich zurzeit wegen der Anschlussprüfung mit dem Fall beschäftigt, ebenfalls nicht vorliegt, wurde „A” zu dem in Rede stehenden Sachverhalt befragt. Er teilte mit, er wisse zwar, sich mit dem Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) beschäftigt zu haben, weil es für ihn „Neuland” war. Aber daran, ob er den Hinzurechnungsbetrag und den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen mit dem Steuerberater „D” thematisiert habe, könne er sich nicht mehr erinnern. ...”
Mit Schreiben vom 6.8.2007 teilte das beklagte Finanzamt den Prozessvertretern der Kläger Folgendes mit:
„Im Rahmen einer erneuten Überprüfung wurde festgestellt, dass der Hinzurechnungsbetrag gemäß § 4 Abs. 4 a EStG in Höhe von 93.951 DM (96 % von 98.092 DM), also insoweit er auf die Verwendung der Entnahmen für private Festgeldanlagen entfiel, z...