Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerpflicht bei Übertragung sämtlicher Anteile einer Kapitalanlagegesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Die Übertragung sämtlicher Anteile an einer Kapitalanlagegesellschaft, die die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke in das Sondervermögen eingebracht hat, ist ungeachtet der Verfügungsbeschränkungen der §§ 30 Abs.2, 31 Abs. 2 KAGG grunderwerbsteuerpflichtig.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2, 3 Nr. 3; KAGG §§ 26, 30 Abs. 2, § 31 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an einer Kapitalanlagegesellschaft den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) erfüllt.
Die Klägerin, die damals unter der Bezeichnung "D GmbH" firmierte, erwarb mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 28.12.1994 (Urkundenrolle 1994/232 des Notars) von der A-Bank sämtliche Anteile an der Grundstücks Investment GmbH (nachfolgend B-GmbH). Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die in den Grunderwerbsteuerakten enthaltene Ablichtung des Übertragungsvertrages Bezug genommen.
Die B-GmbH ist eine Kapitalanlagegesellschaft i.S. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG), die im Jahre 1989 unter der Bezeichnung "B-GmbH 1" einen offenen Immobilienfond aufgelegt hatte. Zum Grundstückssondervermögen gem. § 26 ff. KAGG gehörten am 31.12.1994 34 in der Bundesrepublik Deutschland belegene Grundstücke mit einem Buchwert in Höhe von insgesamt ca. 971 Mio DM. Diese Grundstücke hatte die B-GmbH im eigenen Namen angekauft. Sie wurde jeweils als Grundstückseigentümerin in den Grundbüchern eingetragen.
Mit Schreiben vom 14.8.1995 zeigte die Klägerin den Erwerb der Anteile durch Übersendung des Übertragungsvertrages vom 28.12.1994 dem Beklagten an. Zugleich bat sie um Erteilung einer verbindlichen Auskunft darüber, ob die Anzeige eine ordnungsgemäße im Sinne des § 16 Abs. 5 GrEStG sei, da sie beabsichtige, die Anteile im September 1995 auf die Veräußerin zurückzuübertragen. Ferner bat sie um Auskunft darüber, ob die Grundstücke der B-GmbH grunderwerbsteuerlich zuzuordnen seien.
Der Beklagte verneinte die erste Frage und erließ am 22.7.1996 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gem. § 17 GrEStG. Darin unterwarf er die Übertragung der Anteile an der B-GmbH gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer. In der Anlage zu dem Bescheid führte er die im Inland belegenen Grundstücke der B-GmbH mit dem 1,4-fachen ihrer Einheitswerte auf. Wegen der einzelnen Wertfeststellungen wird auf die in den Grunderwerbsteuerakten abgeheftete Durchschrift des Bescheides nebst Anlagen Bezug genommen.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 6.8.1996 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18.11.1997 als unbegründet zurückwies. Die Klägerin hat am 5.12.1997 Klage erhoben.
Zur Begründung führt sie aus:
Richtig sei zwar, dass sämtliche Anteile an der B-GmbH auf sie übergegangen seien. Gleichwohl unterliege der Vorgang nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrESt der Grunderwerbsteuer, denn der B-GmbH seien die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke grunderwerbsteuerlich nicht zuzurechnen. Diese Grundstücke seien Grundstücks-Sondervermögen gem. § 26 ff. KAGG. Sie stünden zwar im Eigentum der B-GmbH, weil das Sondervermögen an sich nicht rechtsfähig sei. Es handele sich aber um eine vom eigenen Vermögen der B-GmbH getrennt zu haltende Vermögensmasse, die wirtschaftlich den Anteilsinhabern gehöre. Dies komme nicht nur buchungstechnisch zum Ausdruck, sondern auch dadurch, dass in den Grundbüchern unter Abteilung 2 jeweils ein Vermerk über die Verfügungsbeschränkung aufgenommen worden sei. Die B-GmbH könne nämlich nach § 31 Abs. 2 KAGG nur mit Zustimmung der Depotbank über die Grundstücke verfügen. Die Anteilsinhaber im Wege einer Miteigentumslösung selbst als Eigentümer einzutragen, wäre bei dem häufigen Wechsel der Anteilsinhaber nicht praktikabel und sei nach § 30 KAGG auch nicht vorgesehen. Andererseits verschaffe die strikte Trennung gem. § 6 KAGG zwischen dem gesellschaftseigenen Vermögen einerseits und dem Sondervermögen andererseits dem Anteilsinhaber eine quasidingliche Inhaberschaft am Treugut.
Es handele sich um ein Treuhandverhältnis "sui generis", auf das auch die Grundsätze des "Treuhanderlasses" der Finanzverwaltung keine Anwendung finden könnten. Im Übrigen widerspreche es dem Willen des Gesetzgebers und wäre sachlich unbillig, wenn man den Erwerb sämtlicher Anteile an einer Kapitalanlagesellschaft gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterwerfen würde, denn derjenige, der alle Anteile in einer Hand halte, erlange wegen der Besonderheiten des KAGG keine Verfügungsmacht über die im Sondervermögen der Gesellschaft gehaltenen Grundstücke.
Der Beklagte hat den Feststellungsbescheid am 24.8.1999 geändert. Die Klägerin hat gem. § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO...