Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerpflicht von Organisationsleistungen eines Ortsverbandes der Wohlfahrtspflege (hier: Mitwirkung beim Blutspendedienst)
Leitsatz (redaktionell)
- Die Mitwirkung eines (Orts-)Verbandes der Wohlfahrtspflege bei dem Betrieb eines Blutspendendienstes durch eine gemeinnützige GmbH in Gestalt der Werbung, Gestellung ehrenamtlicher Helfer sowie Abgabe von Lebensmitteln und Getränken, für die er als Auslagenersatz eine pauschalierte Geldzahlung pro Spender erhält, ist ungeachtet der gemeinnützigen Zielsetzung und der nicht vorrangig auf Einnahmeerzielung gerichteten Motivation als umsatzsteuerpflichtige Leistung gegen Entgelt zu beurteilen.
- Diese Umsätze sind nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei, weil sie nicht unmittelbar dem durch die Satzungsaufgabe "Blutspendedienst" begünstigten Personenkreis der Kranken und Unglücksopfer, sondern der mit der Gewinnung und Verarbeitung des Blutes betrauten GmbH zugute kommen.
- Die umsatzsteuerpflichtigen Mitwirkungsleistungen gegenüber dem Blutspendedienst unterliegen indessen dem ermäßigten Steuersatz, da sie dem unmittelbar und selbstlos verfolgten Zweck der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens dienen und - ohne entgegenstehende Sperrwirkung der nur für Maßnahmen der Wohlfahrtspflege geltenden besonderen Anforderungen des § 66 AO - im Rahmen eines Zweckbetriebs verfolgt werden. Das insoweit erhebliche Fehlen einer Wettbewerbssituation ist jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 18, § 12 Abs. 2 Nr. 8a; AO § 52 Abs. 2 Nr. 2, §§ 65-66
Tatbestand
Der Kläger ist als der örtliche (Ideal-)Verein, ...,Mitglied eines Spitzenverbandes der Freien Wohlfahrtspflege X. Sein Tätigkeitsbereich umfasst ... unter anderem 'einen' "Blutspendedienst".'In der Satzung' ist bestimmt, dass der'Verein' selbstlos tätig ist, "nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt" und dass die Mittel des Vereins nur für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden dürfen.
Die Gewinnung von Blutkonserven erfolgt in der Weise, dass die ärztlich und medizinisch verantwortliche Betreuung bzw. Durchführung - von der Untersuchung der Blutspender, der Blutabnahme, der Überprüfung und Verarbeitung des Blutes bis zur Lieferung an Krankenhäuser bzw. sonstige medizinische Einrichtungen - von einer rechtlich selbstständigen Körperschaft, hier der gemeinnützigenY-GmbH, vorgenommen wird. Die Gesellschafter dieserY-GmbH sind die X-LandesverbändeLV 1 undLV 2 je zur Hälfte. Da die Entgelte, die dieY-GmbH‘s in der Bundesrepublik bei der Weitergabe des Blutspendenmaterials an die vorgesehenen Empfänger erzielen, angabegemäß nicht vollständig kostendeckend sind, werden die gemeinnützigen Blutspendendienste desX nach dem Klägervortrag von allen Länderfinanzverwaltungen als Zweckbetriebe i.S. der §§ 65 ff Abgabenordnung - AO - anerkannt. Neben den genannten Tätigkeiten führt die nordrhein-westfälische Y-GmbH auch eine Spenderkartei, lädt die Spender zu den Terminen ein, lässt die Werbeplakate für die Spendetermine drucken und mietet die benötigten Räume an.
Demgegenüber erstreckt sich die Mitwirkung des Klägers als des örtlichenX-Dienstes auf folgende Tätigkeiten:
Verteilung der Plakate, die kostenlos in öffentlichen Gebäuden (Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungsgebäuden etc.) ausgehängt werden;
Bemühungen um kostenlose Veröffentlichung der Blutspendetermine in der lokalen Tagespresse;
Gestellung, Ausbildung und Unterweisung der ehrenamtlichen Helfer für die Durchführung der Blutspendetermine (Vorbereitung der Räume für das Blutspenden und Aufräumarbeiten);
Beschaffung, Herrichtung und Abgabe von Lebensmitteln (belegten Schnitten, Obst), Getränken und von geringwertigen Geschenken an die Spender als Anerkennung für ihre Bereiterklärung;
Nichtmedizinische Betreuung der Spender, die für das gespendete Blut grundsätzlich kein Entgelt erhalten;
Verwaltungs- und Transporttätigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung der Termine.
Im Zuständigkeitsbereich des Klägers wurden auf die Spendetermine im Jahr 1998 2.877 unbezahlte Helferstunden verwandt.
Der Kläger erhielt im Jahr 1998 von derX-GmbH eine pauschalierte Geldzahlung in Höhe von ... DM pro Spender. Bei 3.495 insgesamt im Jahr 1998 erzielten Blutspenden hat demgemäß dieX-GmbH ... DM überwiesen. Der Kläger hat eine entsprechende, monatlich, sowie schon nach Brutto- und Nettobeträgen aufgeschlüsselte Aufstellung zur Gerichtsakte gereicht. Die Blutspende-Aufwendungen des Klägers beliefen sich nach einer ebenfalls vorgelegten Zusammenstellung auf ... DM. Dabei berücksichtigte der Kläger auch anteilige Verwaltungskosten (für Strom, Wasser, Heizung, Miete, Porto und Telefon) von ... DM und anteilige Personalkosten von ... DM.
Aus dem eingereichten Rechtsgutachten von Prof. Dr.B ergibt sich die Angabe - Fußnote 6 -, dass die Zahlungen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ausgestaltet sind. Sie differieren der Höhe nach und knüpfen auch an etwas variierende Parameter an, zum Teil bez...