Entscheidungsstichwort (Thema)
Passivierungsverbot bei Betriebserwerb – Neutralität von Anschaffungsvorgängen
Leitsatz (redaktionell)
- Für im Rahmen eines Betriebserwerbs („asset deal”) übernommene und bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigte Jubiläumsrückstellungen und Rückstellungen für künftige Verpflichtungen gegenüber dem Pensionssicherungsverein, die in der Steuerbilanz des Veräußerers nicht angesetzt werden durften, besteht kein Passivierungsverbot (Anschluss an BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009 I R 102/08, BFHE 227, 478).
- Solche Anschaffungsvorgänge sind erfolgsneutral zu behandeln.
- Das gilt auch, wenn der Erwerber nach § 613 a BGB in die Verpflichtungen des Veräußerers eintritt.
Normenkette
EStG 1990 § 5 Abs. 4, § 6 Abs. 1 Nr. 3, § 52 Abs. 6; BGB § 613 a
Streitjahr(e)
1994
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der „A” KG, die wiederum Rechtsnachfolgerin der „B” GmbH ist. Diese wurde am 13. Juni 1994 unter der Firma „C GmbH” gegründet und änderte zum 01. Juli 1994 ihre Firma in „B GmbH”. Gleichzeitig übernahm sie den Betrieb der bisherigen „D"-Tochter „E GmbH” als Gesamtheit von Wirtschaftsgütern („asset deal”). Mit Ausnahme der Patente, Lizenzen und Handelsmarken sowie des Firmenwerts wurden die Vermögensgegenstände und Schulden in der Eröffnungsbilanz der Klägerin auf den 01. Juli 1994 mit den Buchwerten gemäß der Bilanz der „E GmbH” angesetzt. Der Firmenwert wurde nach Abzug der übernommenen Buchwerte und der bewerteten Vermögensgegenstände mit 3.177.051 DM ermittelt und auf 15 Jahre abgeschrieben.
Im Rahmen dieses Vorgangs wurden u.a. auch Jubiläumsrückstellungen und Rückstellungen für Verpflichtungen gegenüber dem Pensionssicherungsverein (PSV) von der Klägerin übernommen, die bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt wurden. Der Ansatz der Rückstellungen erfolgte in den Handelsbilanzen mit dem Teilwert der Jubiläumsverpflichtungen nach § 5 Abs. 4 EStG und dem Barwert der künftigen Beiträge an den Pensionssicherungsverein. In den Steuerbilanzen wurde der Ansatz der Jubiläumsrückstellungen unter Berücksichtigung der steuerlichen Einschränkung nach § 52 Abs. 6 EStG um den Teilwert der Verpflichtungen zum 31.12.1992 gemindert, da nach dieser Vorschrift Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums nur gebildet werden dürfen, soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31.12.1992 erwirbt. Die Rückstellungen für künftige Beiträge an den Pensionssicherungsverein wurden unverändert in die Steuerbilanz übernommen. Folgende Werte wurden danach von der Klägerin angesetzt:
Jubiläumsrückstellungen |
01.07.1994 |
31.12.1994 |
Handelsbilanz |
924.700 DM |
882.400 DM |
Steuerbilanz |
82.850 DM |
104.902 DM |
Rückstellung PSV |
01.07.1994 |
31.12.1994 |
Handelsbilanz |
132.940 DM |
109.120 DM |
Steuerbilanz |
132.940 DM |
109.120 DM |
Die sich bei den Jubiläumsrückstellungen ergebende Differenz zwischen dem höheren Handelsbilanz- und dem niedrigeren Steuerbilanzwert in Höhe von 841.850 DM wurde von der Klägerin nicht berücksichtigt.
Für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 1997 ergingen zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Körperschaftsteuerbescheide, Verlustfeststellungsbescheide und Bescheide über die gesonderte Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals nach § 47 Abs. 1 KStG entsprechend den eingereichten Steuererklärungen.
Vom 01.02.1999 bis zum 14.04.1999 (Schlussbesprechung) fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung „F” statt. Der Prüfungsbericht datiert auf den 31.01.2000. Dabei wurde die Prüfung des vorgenannten Komplexes der Rückstellungen vom Finanzamt für Konzernbetriebsprüfung „G” vorgenommen (Vermerk vom 23.11.1999, Anlage 6 zum Prüfungsbericht vom 31.01.2000). Dabei vertraten die Prüfer die Auffassung, dass die Differenz zwischen dem höheren Handelsbilanz- und dem niedrigeren Steuerbilanzwert für die Rückstellungen gewinnerhöhend zu berücksichtigen seien. Darüber hinaus sei nicht nur für die Jubiläumsrückstellungen nach § 5 Abs. 4 i.V.m. § 52 Abs. 6 EStG von einem niedrigeren Steuerbilanzwert auszugehen. Für künftige Beiträge an den Pensionssicherungsverein sei die Bildung von Rückstellungen nach dem BFH-Urteil vom 06.12.1995 (BStBl. II 1996, 406) in vollem Umfang nicht zulässig, so dass in 1994 in voller Höhe des in der Handelsbilanz zum 31.12.1994 angesetzten Wertes und in den Folgejahren jeweils in Höhe der zusätzlich eingestellten Beträge eine Gewinnerhöhung vorzunehmen sei.
Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung ergingen am 11.09.2000 jeweils nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Körperschaftssteuerbescheide 1994 bis 1997, Verlustfeststellungsbescheide 31.12.1994 bis 31.12.1997 und Bescheide über die gesonderte Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals nach § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1997.
Den Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom 02.11.2000 als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die si...