rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung mit dem Ziel der Auszahlung von Umsatzsteuerguthaben aus Umsatzsteuervoranmeldungen bei Verdacht auf Vorliegen von Karussellgeschäften
Leitsatz (amtlich)
Es hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab, welche Frist für die Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO oder eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 167 Abs. 1 AO bei einer monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung noch angemessen ist. Die Entscheidungsfrist ist jedenfalls nach zwei Monaten noch nicht überschritten, wenn der aufzuklärende Sachverhalt umfangreich ist und die bisherigen Ermittlungen zu dem Ergebnis geführt haben, dass jedenfalls ein Teil der als innergemeinschaftliche Lieferungen angemeldeten Umsätze nicht in das EU-Ausland verbracht worden sind.
Normenkette
AO §§ 167-168; UStG § 6a Abs. 1, 4; UStDV § 17a ff.
Nachgehend
Tatbestand
I. Die Antragstellerin ist eine Kommanditgesellschaft deren Komplementärin A und deren Kommanditistin B ist. Die Antragstellerin war in der Vergangenheit im Schiffsausrüstungsgewerbe und im Handel mit Maschinen, insbesondere Schiffsmotoren, tätig. Inzwischen betreibt sie überwiegend einen Großhandel mit Getränken, vorwiegend Getränkedosen der Marke M.
Die Getränke werden bei der Firma G GmbH, X-Straße in F eingekauft. Diese bezieht die Ware bei der Firma C GmbH in H, die bei der Firma N GmbH & Co. in L die Getränke abfüllen lässt. Die N GmbH & Co. liefert die Ware unmittelbar in das Warenlager der Antragstellerin Y-Weg in Hamburg. Nach Angaben der Antragstellerin werden die Getränke vorwiegend in verschiedene europäische Länder, wie Frankreich, Schweden, Luxemburg und die Niederlande weiterverkauft, zu einem kleinen Teil werden auch inländische Abnehmer beliefert. Die Ware werde von Spediteuren aus dem Lager in Hamburg abgeholt. Der jeweilige Fahrer quittiere auf dem Frachtbrief, die Ware in Empfang genommen zu haben. Die Frachtbriefe (CMR) dienten regelmäßig als Nachweis dafür, dass die Ware in das europäische Ausland geliefert worden sei. Die Bezahlung erfolgt zum Teil in bar - die Gelder werden nach Angaben der Antragstellerin in diesen Fällen von den Fahrern der abholenden Speditionen mitgebracht -, zum Teil per Scheck oder Banküberweisung.
Mit Umsatzsteuer-Voranmeldung für April 2005 vom 5.4.2005, berichtigt durch Anmeldung vom 7.6.2005, meldete die Antragstellerin überwiegend innergemeinschaftliche Lieferungen an Abnehmer mit USt-IdNr. an und machte ein Umsatzsteuerguthaben von 312.337,53 EUR geltend. Mit Umsatzsteuer-Voranmeldung für Mai 2005 vom 7.6.2005 meldete die Antragstellerin ein Umsatzsteuerguthaben von 72.663,18 EUR und mit Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2005 vom 5.7.2005 ein Umsatzsteuerguthaben in Höhe von 198.452,71 EUR an. Am 13.5.2005 übersandte die Antragstellerin eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2005 und machte nunmehr ein Umsatzsteuerguthaben in Höhe von 227.233,32 EUR geltend. Auf die vorangegangene Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2005 hatte der Antragsgegner einen Betrag von 164.373,28 EUR gezahlt, sodass ein Differenzbetrag von 62.086,04 EUR noch offen ist.
Ab dem 17.5.2005 führte der Antragsgegner für die Voranmeldungszeiträume Januar bis April 2005 eine Umsatzsteuersonderprüfung bei der Antragstellerin durch. Ab dem 30.5.2005 wurden die Ermittlungen für diese Voranmeldungszeiträume sowie für Mai 2005 von der Steuerfahndungsstelle Hamburg übernommen. Gleichzeitig wurde ein Ermittlungsverfahren gegen die Komplementärin als formelle Geschäftsführerin und deren Ehemann A als faktischen Geschäftsführer eingeleitet. Im Rahmen dieser Ermittlungen fand am 8.6.2005 eine Durchsuchung statt, bei der Geschäftsunterlagen der Antragstellerin beschlagnahmt wurden.
Aus den sichergestellten Unterlagen ergibt sich u.a., dass die Antragstellerin durch ausdrückliche Mitteilungen oder auf andere Weise Kenntnis davon erhalten hat, dass bei einem Teil der Lieferungen der tatsächliche Lieferort für an die Firmen O, Frankreich, AS P, Frankreich, R Finance Ltd, Luxemburg und Food Ltd, Niederlande, verkaufte und als innergemeinschaftliche Lieferung in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen erfasste Waren in Deutschland lag. Im Einzelnen wird auf die Vermerke der Steuerfahndungsstelle vom 13.6.2005 (Blatt 159 ff. der Akte "Kopie Akte Frau und Herr A etc, S KG"), vom 20.6.2005 (Blatt 218 ff. der Akte "Kopie Akte Frau und Herr A etc, S KG") und vom 30.6.2005 (Blatt 273 ff. der Akte "Kopie Akte Frau und Herr A etc, S KG") sowie die beigefügten Einzelnachweise Bezug genommen.
Mit Bescheiden vom 14.6.2005 und 17.6.2005 lehnte der Antragsgegner es ab, der Umsatzsteuer-Voranmeldung für April 2005 und Mai 2005 sowie der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2005 zuzustimmen, solange der Sachverhalt durch die Steuerfahndungsstelle geprüft werde. Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin am 17.6.2005 Einspruch ein und beantragte den Erlass von Umsatzsteuervorauszahlungsbes...