Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerrecht: Anwendung des Bankenprivilegs d. § 19 GewStDV auf eine Finanzierungsgesellschaft innerhalb einer Unternehmensgruppe
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Gewerbesteuermessbescheid als einem sog. Nullbescheid ist bei Vorliegen eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes eine rechtliche Beschwer gegeben, weil der Messbescheid hinsichtlich der in ihm ausgewiesenen Besteuerungsgrundlagen für den Verlustfeststellungsbescheid grds. wie ein Grundlagenbescheid wirkt.
2. Die Erlaubnis der Aufsichtsbehörde gem. § 32 KWG begründet nicht die Kreditinstitutseigenschaft eines Unternehmens; hierfür ist allein die Erfüllung der Merkmale des § 1 Abs. 1 KWG maßgebend.
3. Das Bankenprivileg des aufgrund des § 35c Nr. 2 lit. e GewStG erlassene § 19 GewStDV erfasst Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG. Auch eine Finanzierungsgesellschaft innerhalb einer Unternehmensgruppe fällt unter die Begünstigungsvorschrift des § 19 Abs. 1 GewStDV, sofern sie die Voraussetzungen i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG erfüllt.
Normenkette
GG Art. 80 Abs. 1, Art. 3; AO §§ 157, 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 2, § 351 Abs. 2; FGO § 40 Abs. 2, § 42; KWG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 32; GewStG §§ 7, 8 Nr. 1 lit. a, § 35c Nr. 2 lit. e; GewStDV § 19
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu Recht die Anwendung des § 19 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung in der für das Streitjahr geltenden Fassung - GewStDV - (sog. Bankenprivileg) versagt hat.
Die Klägerin wurde mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom ... 2008 unter der Firma " A ... Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH gegründet. Mit notariell beurkundetem Anteilsübertragungsvertrag vom ... 2008 wurden die Anteile an der Klägerin vollständig auf die B ... GmbH (im Folgenden: B GmbH) übertragen. Am ... 2008 wurde im Handelsregister (Amtsgericht C HRB ...) die mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom ... 2008 in D ... GmbH geänderte Firma der Klägerin und Herr E als Geschäftsführer der Klägerin eingetragen. Gegenstand des Unternehmens sind ... (verschiedene Tätigkeiten, u. a. Beratung, Controlling, Tätigkeiten im Zusammenhang mit Beteiligungen, Handel).
Die Klägerin ist Teil einer Unternehmensgruppe und hat in dieser die Funktion einer Finanzierungsgesellschaft.
Im Streitjahr hielt die alleinige Gesellschafterin der Klägerin, die B GmbH, je 100 Prozent der Anteile an der F Beteiligungs GmbH (ehemals: G ... GmbH und im Folgenden: F GmbH) und zum Ende des Streitjahres 2011 auch an der H Beteiligungs GmbH (im Folgenden: H GmbH), die durch formwechselnde Umwandlung der H Beteiligungs GmbH & Co. KG (im Folgenden: H KG) nach Maßgabe des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom ... 2011 entstanden war.
Herr E hatte die Kommanditanteile an der H KG zu 100 % gehalten. Nach der formwechselnden Umwandlung der H KG in die H GmbH brachte er mit dinglicher Wirkung zum ... 2011 seine Geschäftsanteile an der H GmbH (insgesamt EUR 25.000,-) in die B GmbH gegen Gewährung eines Geschäftsanteils mit einem Nennbetrag von EUR 900,- ein (Sachkapitalerhöhung).
Weitere Gesellschafterin der B GmbH mit Anteilen in Höhe von insgesamt 99,967 % war zum Ende des Streitjahres 2011 die E GmbH & Co. KG, an der als Komplementärin mit einem Kapitalanteil von EUR 0,- die E Immobilienverwaltung GmbH und als alleiniger Kommanditist Herr E beteiligt war. Dieser war auch alleiniger Gesellschafter der E Immobilienverwaltung GmbH und hielt 0,033 % der Anteile an der B GmbH.
Die F GmbH war im Streitjahr mit 50 Prozent der Kommanditanteile an der J ... GmbH & Co. KG (im Folgenden: J KG) beteiligt. Die H KG und nachfolgend die H GmbH hielt 33 Prozent des Stammkapitals an der K ... GmbH (ehemals: L Immobilien GmbH), die im Streitjahr 75 Prozent der Kommanditanteile an der M Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH & Co. ... KG (im Folgenden: M KG) erwarb und am ... 2012 als Kommanditistin im Handelsregister eingetragen wurde. Weitere 25 Prozent der Kommanditanteile an der M KG wurden im Streitjahr von der H GmbH erworben, die ebenfalls am ... 2012 in das Handelsregister eingetragen wurde.
Wegen der gesellschaftsrechtlichen Struktur der Unternehmensgruppe im Streitjahr wird auf die Organigramme - Anlagen ... - (Bl. ...) Bezug genommen.
Im Jahresabschluss der Klägerin zum 31.12.2011 ist unter den Aktiva ein Anlagevermögen in Höhe von insgesamt EUR 2.978.945,29 ausgewiesen. Davon entfallen EUR 122.324,38 auf jeweils ein an die B GmbH und an die F GmbH ausgereichtes Darlehen. Die sonstigen Ausleihungen von insgesamt EUR 2.856.620,91 betreffen sieben Darlehen an die M KG und zwei Darlehen an die J KG. Nicht benötigte Geldmittel befanden sich i. H. v. EUR 181.552,04 auf dem laufenden Girokonto und in Höhe von EUR 74.282,69 auf dem Festgeldkonto bei der Bank-1. Die Darlehensverträge mit der B GmbH und mit der F GmbH wurden zu einem Zinssatz von je 7,5 Prozent abgeschlossen. Bei den...