Entscheidungsstichwort (Thema)
Progressionsvorbehalt auch bei Fehlen der beschränkten/unbeschränkten Steuerpflicht
Leitsatz (redaktionell)
In den USA erzielte Einkünfte unterliegen auch dann dem Progressionsvorbehalt, wenn diese zu einer Zeit erzielt werden, in der der Steuerpflichtige im Inland weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig ist.
Normenkette
EStG § 32b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 1 Nr. 3; DBA USA Art. 23 Abs. 2a; DBA USA Art. 23 Abs. 2a S. 2; EStG § 32b Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, inwieweit die vom Kläger im ersten Halbjahr des Streitjahrs in den Vereinigten Staaten erzielten Einkünfte im Rahmen des sogenannten Progressionsvorbehalts bei der Einkommenbesteuerung der Kläger zu berücksichtigen sind.
Der Kläger wurde im Streitjahre 1997 von seinem Arbeitgeber, der Firma …, zum 01.07.1997 aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland versetzt und zog am 25.06.1997 mit seiner Familie nach Deutschland. Im Zeitraum vom 01.01.1997 bis 30.06.1997 erzielte der Kläger in den Vereinigten Staaten ausländische Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. unstreitig … DM. Er erzielte desweiteren sonstige Einkünfte in Form eines Spekulationsgewinns aus einem Hausverkauf i.H.v. … DM.
Diese Einkünfte, abzüglich geschätzter Werbungskosten i.H.v. 1.000 DM bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit für die Zeit seiner Tätigkeit in den Vereinigten Staaten, unterwarf der Beklagte im Rahmen des Einkommensteuerbescheids für das Streitjahr vom 04.09.1998 dem Progressionsvorbehalt gemäß § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG.
Gegen diesen Einkommensteuerbescheid legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein und machten geltend, dass die vor Beginn der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland erzielten ausländischen Einkünfte i.H.v. insgesamt … DM nicht in die Berechnung des Steuersatzes im Wege des Progressionsvorbehalts mit einbezogen werden dürften.
Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 1999 wurde der Einspruch der Kläger als unbegründet zurückgewiesen.
Im Rahmen ihrer hiergegen erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass es für die Anwendung des Progressionsvorbehalts im Streitfall an dem Anknüpfungspunkt der Ansässigkeit in der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum noch nicht bestehender unbeschränkter Steuerpflicht fehle. In diesem Zeitraum sei der Kläger unstreitig in den USA ansässig gewesen und die betreffenden Einkünfte hätten ebenso ihre Quelle unstreitig in den Vereinigten Staaten. Die Regelung des § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG verstoße insoweit gegen höherrangig zu bewertendes internationales Recht. Gemäß Artikel 23 A Abs. 3 des OECD-Musterabkommens dürften ausschließlich Einkünfte im Ansässigkeitsstaat bei der Bestimmung des Steuersatzes berücksichtigt werden, die nach den Doppelbesteuerungsabkommen von der Besteuerung dort auszunehmen seien, weil das Besteuerungsrecht dem Tätigkeitsstaat zugeordnet werde. Anders ausgedrückt bedeute dies, dass nur dann eine Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt erfolgen dürfe, wenn für die im Zeitraum der Alleinansässigkeit in einem Staat außerhalb Deutschlands erzielten Einkünfte eine materielle Steuernorm eine Steuerpflicht in Deutschland bestimme und erst dadurch eine Konfliktlage geschaffen werde, die über die Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommensnormen zu lösen sei. Dies sei aber gerade nicht der Fall. Die im Zeitraum noch nicht bestehender unbeschränkter Steuerpflicht in Deutschland erzielten ausländischen Einkünfte aus der im Ausland ausgeübten Tätigkeit seien weder unter § 49 EStG zu subsumieren noch sei eine andere Vorschrift ersichtlich, die überhaupt eine Steuerbarkeit in Deutschland begründen könne. Das Besteuerungsrecht für die Einkünfte dieses Zeitraums stehe danach allein dem ausländischen Ansässigkeitsstaat zu.
Stehe somit aber das Besteuerungsrecht allein dem Ansässigkeitsstaat zu, so könnten die Einkünfte nicht in Deutschland dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Denn dem Progressionsvorbehalt im Hinblick auf die hier streitigen ausländischen Einkünfte komme konstitutive Wirkung zu. Deshalb dürften aber ausländische Einkünfte nur unter den vertraglichen Bedingungen des Doppelbesteuerungsabkommens berücksichtigt werden.
Dieses gelte insbesondere dann, wenn man – wie der Bundesfinanzhof – die Rechtsgrundlage für den Progressionsvorbehalt im Abkommen selbst sehe. Würden ausländische Einkünfte der deutschen Besteuerung unterliegen, würden sie sich betragsmäßig beim zu versteuernden Einkommen und beim sogenannten Steuersatzeinkommen auswirken. Würde eine Doppelbesteuerungsabkommensfreistellung mit Progressionsvorbehalt eingreifen, was hier nicht der Fall sei, so würde diese zwar die erste Wirkung (Auswirkung auf das zu versteuernde Einkommen) nicht aber die zweite Wirkung (Auswirkung auf das Steuersatzeinkommen) aufheben. Bei § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG werde zwar ebenfalls die erste Wirkung erzielt, aber zusätzlich das Steuersatzeinkommen um nichtsteuerbar...