rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungswidrigkeit des Versorgungsfreibetrages
Leitsatz (redaktionell)
Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass nach § 19 Abs. 2 EStG für privatwirtschaftliche Altersrenten ein Versorgungsfreibetrag erst nach Erreichen des 63. Lebensjahres gewährt wird, während für Versorgungsbezüge im öffentlichen Dienst eine solche Altersgrenze nicht gilt.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 2, 2 S. 2 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Der am …19.. geborene Kläger ist seit dem 01.04.1999 im vorzeitigen Ruhestand. Er erhält von diesem Zeitpunkt an Pensionszahlungen von seinem früheren privaten Arbeitgeber …, die im Streitjahr DM 63.893 betrugen.
Im Einkommensteuerbescheid 1999 vom 24.05.2000 wurden die Pensionszahlungen entsprechend der Eintragung auf der Lohnsteuerkarte in vollem Umfang den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugerechnet, ohne dass ein Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG gewährt wurde.
Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde mit Entscheidung vom 06.11.2000 zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen die Nichtgewährung eines Versorgungsfreibetrages. Sie sehen in der Regelung des § 19 Abs. 2 EStG einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG. Die Versteuerung der Pensionszahlungen wie Arbeitseinkommen stehe zwar im Einklang mit dem Gesetz, stelle jedoch eine Benachteiligung gegenüber Beziehern von Versorgungsbezügen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen dar. Nach § 19 Abs. 2 EStG bleibe von den Versorgungsbezügen ein Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Grundsätzlich werde zwar festgestellt, daß Versorgungsbezüge Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen seien, was auch beim Kläger zutreffe. Im § 19 EStG werde dann jedoch differenziert zwischen Versorgungsbezügen nach beamtenrechtlichen und ähnlichen Grundsätzen und anderen Bezügen. Bei Versorgungsbezügen aus dem öffentlichen Dienst werde der Versorgungsfreibetrag unabhängig vom Alter des Beziehers gewährt, während in den anderen Fällen (nicht-öffentlicher Dienst) die Ruhegeldbezüge erst dann zu Versorgungsbezügen würden, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr vollendet habe. Entsprechend werde auch erst dann der Freibetrag gewährt. Hierin liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Bezieher anderer Bezüge. In der heutigen Zeit würden auch Beamte und ähnliche Personen nicht nur bei Erreichen der Altersgrenze bzw. aus Krankheitsgründen in den Ruhestand versetzt. So seien z. b. hunderte Gemeindebeamte aufgrund der Abschaffung des sog. „Doppelkopfes” unter Herabsetzung der Pensionsgrenze auf 45 Jahre zwangspensioniert worden. Die Aufrechterhaltung der Altersgrenze von 63 Jahren in § 19 Abs. 2 Nr. 2 EStG erscheine in diesem Kontext willkürlich.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 24.05.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.11.2000 unter Berücksichtigung eines Versorgungsfreibetrages von 6.000 DM bei den Einkünften aus § 19 EStG zu ändern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist darauf, daß der Einkommensteuerbescheid 1999 geltendem Recht entspreche. Der Versorgungsfreibetrag des § 19 Abs. 2 EStG sei zutreffenderweise nicht gewährt worden, da der Kläger im Streitjahr erst sein … Lebensjahr vollendet habe.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat dem Kläger zu Recht die Gewährung eines Versorgungsfreibetrages nach § 19 Abs. 2 EStG versagt. Diese Norm begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
1. Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG werden die Bezüge des privaten Dienstes als Bezüge aus früheren Dienstverhältnissen voll versteuert. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG bleibt dabei jedoch ein Betrag vom 40 % höchstens 6.000 DM steuerfrei (Versorgungsfreibetrag). Dies gilt nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG bei privatwirtschaftlichen Bezügen nur bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen. Bei der hier allein in Betracht kommenden sogenannten Altersrente ist Voraussetzung, daß der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr vollendet hat. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Dies ist zwischen den Parteien im übrigen auch unstreitig.
2. Die Regelung in § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG begegnet entgegen der Ansicht der Kläger auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht vor.
Der in Art. 3 GG konstituierte Gleichheitsgrundsatz ist nur dann verletzt, wenn der Gesetzgeber versäumt, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Der Gesetzgeber hat hierbei eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Deshalb ist nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, sondern lediglich zu kontrollieren, ob die bes...