Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablaufhemmung nach Verschiebung des Prüfungsbeginns
Leitsatz (redaktionell)
Der Ablauf der Verjährungsfrist für die nach der Prüfungsanordnung zu prüfenden Steuern wird gemäß § 171 Abs. 4 AO gehemmt, wenn der Beginn der Außenprüfung hinausgeschoben wird, weil der Steuerpflichtige die - rechtmäßige - Festlegung des Prüfungsbeginns angefochten und deren Aussetzung der Vollziehung beantragt hat. Dies gilt nicht, wenn die Festlegung des Prüfungsbeginns rechtswidrig ist und der Steuerpflichtige mit einem dagegen gerichteten Einspruch, verbunden mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung tatsächlich eine Verschiebung des Prüfungsbeginns erreicht.
Normenkette
AO 1977 § 197 Abs. 2, § 171 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Land- und Forstwirt. Er betreibt zwei Forstbetriebe, von denen der Betrieb A als Großbetrieb und der Betrieb B als Kleinstbetrieb eingestuft ist.
Nach Lage der Akten gab der Kläger – zusammen mit Personen, die mit ihm zusammen veranlagt werden – die Einkommensteuererklärungen für 1989 und 1990 im Verlaufe des Jahres 1992 ab. Die Vermögensteuererklärung 1990 wurde ebenfalls 1992 abgegeben. Eine Umsatzsteuererklärung für 1989 wurde nicht abgegeben.
Unter dem 26.11.1996 erließ der Beklagte eine Betriebsprüfungsanordnung gemäß § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Ausweislich der Prüfungsanordnung sollten die Einkommen- und Umsatzsteuern für die Veranlagungszeiträume 1989 bis 1994 und die Vermögenssteuern bezüglich der Veranlagungszeiträume 1986 bis 1995 geprüft werden. Zusätzlich wies die Prüfungsanordnung die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft hinsichtlich der Wirtschaftsjahre 1988/1989 bis 1994/1995 als Prüfungsgegenstand aus. Als voraussichtlicher Prüfungsbeginn wurde der 17.12.1996 bezeichnet. Der genaue Prüfungstermin sollte noch telefonisch abgestimmt werden.
Unter dem 12.12.1996, beim Beklagten am 16.12.1996 eingegangen, legte der Kläger Einspruch gegen die Anordnung der Betriebsprüfung für alle aufgeführten Steuerarten und – jahre ein. Der Kläger beantragte die Aufhebung der Betriebsprüfungsanordnung und die Aussetzung der Vollziehung.
In der Begründung wies er darauf hin, dass der Steuerpflichtige Anspruch darauf habe, dass ihm die Prüfungsanordnung angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt gegeben werde. Gemäß § 5 Abs. 4 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) sei bei Großbetrieben in der Regel eine vierwöchige Vorbereitungsfrist angemessen. Dies sei in seinem Fall zu beachten, da sein Unternehmen einen Großbetrieb im Sinne der Regelung darstelle. Im Hinblick auf die Auswirkungen der vorangegangenen Betriebsprüfung, die zu außergewöhnlichen Anforderungen an das Unternehmen des Klägers geführt habe, und die Tatsache, dass die Durchführung einer Betriebsprüfung in den Weihnachtsfeiertagen auf außergewöhnliche Schwierigkeiten stoße, sei im vorliegenden Fall eine zumindest zweimonatige Vorbereitungszeit erforderlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben vom 12.12.1996 Bezug genommen.
Der Beklagte beantwortete das Einspruchsschreiben mit Verfügung vom 18.12.1996. Unter Bezugnahme auf diverse erfolglose Versuche einer telefonischen Kontaktaufnahme zwecks Terminsabsprache wies der Beklagte darauf hin, dass der 17.12.1996 kein festgeschriebenes Datum zum Beginn der Außenprüfung gewesen sei, sondern nur die Absicht des Beklagten dokumentiert habe, zu diesem oder einem anderen noch abzustimmenden Zeitpunkt mit der Prüfung zu beginnen. Im Hinblick auf den zum 31.12.1996 drohenden Eintritt der Festsetzungsverjährung hinsichtlich einzelner Steuerarten und – jahre sei es jedoch geboten gewesen, mit der Prüfung noch 1996 zu beginnen. Eine Terminverlegung auf den 27. oder 30.12.1996 wäre unproblematisch gewesen, wenn der Kläger einen entsprechenden – telefonischen – Antrag gestellt hätte.
In der Folge führte der Beklagte aus:
„Ich bin daher bereit, den Prüfungsbeginn auf den 30.12.1996 zu verschieben, damit die von Ihnen angesprochene angemessene Frist des § 5 Abs. 4 BpO eingehalten wird.”
Sodann legte der Beklagte dar, dass seines Erachtens die – von der Festlegung des Prüfungsbeginns zu trennende – Prüfungsanordnung rechtmäßig sei, auch wenn für die Bestimmung des Prüfungsbeginns keine angemessene Frist im Sinne des § 197 Abs. 1 Nr. 1 AO eingehalten worden sei. Dies bedeute, dass selbst bei unrechtmäßiger Festsetzung des Prüfungsbeginns die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO eingreife. Die angefochtene Prüfungsanordnung sei seines Erachtens damit rechtmäßig.
Im Anschluss daran schrieb der Beklagte:
„Ihren Einspruch in Verbindung mit dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung betrachte ich als Antrag auf Verschiebung des Beginns der Außenprüfung.
Ich verschiebe daher auf Ihren Antrag den Beginn der Betriebsprüfung auch über den oben festgelegten 30.12.1996 auf den 04.02.1997. Gleichzeitig gewähre ich bis zu diesem Termin die Aussetzung der Vollziehung.”
Wegen der weiteren Einzelheiten ...