Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfteerzielungsabsicht bei privater Rentenversicherung
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer privaten Rentenversicherung mit einer nicht garantierten Bonusrente, die gegen Zahlung eines kreditfinanzierten Einmalbetrages abgeschlossen wurde, kann ein hoher Zinsbetrag als Werbungskosten von den Einkünften aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG bzw. § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG abgezogen werden, wenn die Kreditzinsen nicht die voraussichtlichen Renteneinnahmen übersteigen. Bei der Ermittlung des zu erwartenden Totalgewinns kann die nicht garantierte Bonusrente als wiederkehrender Bezug nicht nur mit dem Ertragsanteil, sondern in voller Höhe in Ansatz gebracht werden, bemessen an der statistischen Lebenserwartung des Versicherten.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 Sätze 3a, 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger beim Abschluss einer privaten, kreditfinanzierten Rentenversicherung gegen Einmal-Beitrag mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 1992 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der am 8.8.1942 geborene Kläger erzielte im Streitjahr 1992 Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Arzt, die Klägerin war als Lehrerin nichtselbständig tätig.
Der zu diesem Zeitpunkt 50 Jahre alte Kläger schloss auf Vermittlung der Unternehmensberatung Q in der Stadt E (Unternehmensberater) zum 1.12.1992 als Versicherungsnehmer mit der O-AG (Versicherung) einen Vertrag über eine sofort beginnende Rente gegen Zahlung eines Einmalbeitrags in Höhe von 200.000 DM. Die Versicherung verpflichtete sich, beginnend ab dem 1.1.1993 monatlich 874,75 DM zuzüglich einer nicht garantierten Bonusrente aus der Überschussbeteiligung in Höhe von anfänglich monatlich 436,92 DM an den Kläger zu zahlen. Es war eine Rentengarantiezeit von 20 Jahren vereinbart. Sollte der Kläger vor Ablauf der 20 Jahre versterben, sollte die Rente bis zum Ablauf der Garantiezeit an diejenige Ehefrau des Klägers gezahlt werden, mit der er zum Zeitpunkt seines Ablebens verheiratet war.
Der Kläger finanzierte den Einmalbeitrag in voller Höhe durch ein Darlehn der Bank W (Vertrag vom 18.12.1992), das mit 9 % zu verzinsen und am 17.12.2004 in voller Höhe zurückgezahlt werden sollte (Darlehen I). Die Zinsen für die gesamte Zinsfestschreibungsdauer entrichtete der Kläger bereits im Voraus. Zur Finanzierung dieser Zinsvorauszahlung nahm er mit Vertrag vom selben Tage bei der Bank W ein weiteres Darlehen über 139.235,01 DM auf, bei dem die Zinsen (nominal 8,75 %) vierteljährlich nachträglich zu entrichten waren (Darlehen II). Das Darlehn II war in voller Höhe am 17.12.1998 zurückzuzahlen. Sondertilgungen waren jederzeit zulässig, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen sollte. Für die beiden Darlehen waren über die gesamte Laufzeit berechnete Kontoführungsgebühren in Höhe von 1.440 DM (Darlehn I) bzw. 720 DM (Darlehn II) sofort zu entrichten. Sie wurden bei der Auszahlung der Darlehnssummen einbehalten.
Für die Entwicklung des Rentenkonzeptes und der Finanzierung hatte der Kläger an die Unternehmensberatung eine sog. Konzeptgebühr von 11.400 DM zu zahlen.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1992 machten die Kläger bei den Einkünften aus Leibrenten Werbungskosten in Höhe von 143.662 DM geltend.
Der Beklagte lehnte eine Berücksichtigung des Werbungskosten-Überschusses zunächst mangels Nachweis der geltend gemachten Werbungskosten ab. Nach Einspruch und Vorlage der Darlehns- und Versicherungsurkunden sowie verschiedener Berechnungen von Überschussprognosen vertrat er die Auffassung, es fehle an der erforderlichen Einkünfteerzielungsabsicht. Angesichts der tatsächlichen Verhältnisse habe auf die gesamte Laufzeit der Rente ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten nicht erwirtschaftet werden können. Insbesondere seien auch die Zinsen für das Darlehen II für dessen gesamte vereinbarte Laufzeit in die Prognose mit einzubeziehen.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen vor, die Absicht, einen Totalüberschuss zu erzielen, habe von Anfang an bestanden. Der Kläger habe es darauf abgesehen, eine zusätzliche Altersversorgung zu erwerben. Über Einzelheiten habe er sich keine Gedanken gemacht. Er habe auf das Konzept der Unternehmensberater vertraut und sei davon ausgegangen, „dass sich die Anlage rechne”. Er habe beabsichtigt, zur Minderung der Zinszahlungen auf das Darlehn II Sondertilgungen zu entrichten. Dies sei ihm wegen einer schweren Erkrankung nur unzureichend gelungen, so dass das Darlehn am 31.12.1998 noch mit dem Betrag von 106.765,01 DM valutierte.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 18.3.1994 die Einkommensteuer 1992 herabzusetzen und dabei einen Verlust von 143.235 DM (Schuldzinsen Darlehn I: 139.235 DM; Konzeptgebühr anteilig 2 % von 200.000 DM: 4.000 DM DM) bei den Renteneinkünften des Klägers zu berücksichtigen
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen...