Entscheidungsstichwort (Thema)
Firmen-Pkw; Fahrtenbuch
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus der Schätzung der Privatnutzung eines Fahrzeuges nach der 1%-Regelung kann nicht darauf geschlossen werden, dass der private Nutzungsanteil in diesen Fällen weniger als 10% beträgt.
2. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG normiert keine grundsätzliche Regelung dahingehend, dass ein Steuerpflichtiger bei Inanspruchnahme der KfZ-Besteuerung nach der 1%-Regelung vom Nachweis der in § 7 g Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b EStG genannten Voraussetzungen entbunden sein soll und nicht mehr vom Finanzamt zur Vorlage von Nachweismitteln aufgefordert werden darf.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 7g Abs. 2 Nrn. 2, 3 Buchst. b
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2002 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus seiner Praxis für Physiotherapie. Hierfür erwarb er im April 2002 zum Kaufpreis von 22.846,00 Euro einen PKW, für den er in seiner Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG eine Sonderabschreibung gemäß § 7 g Abs. 1 und 2 EStG in Höhe von 4.569,00 Euro (20%) in Ansatz brachte. Außerdem ermittelte er den Privatanteil des Fahrzeuges nach der sogenannten 1 % Regelung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.
Bei der Einkommensteuerveranlagung legte der Beklagte den vom Kläger erklärten Praxisgewinn von 106.437,00 Euro zugrunde. Den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 22.09.2004 stellte der Beklagte unter den Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. Nach Erlass des Bescheides forderte der Beklagte den Kläger auf, die ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Fahrzeuges durch Vorlage eines Fahrtenbuchs nachzuweisen. Nachdem der Kläger den Beklagten davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass er betreffend das Fahrzeug die 1% Regelung angewandt und kein Fahrtenbuch geführt habe, erließ der Beklagte unter dem Datum vom 02.02.2005 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2002. Hierin ließ er die Sonderabschreibung nicht mehr als Betriebsausgabe zum Abzug zu. Mit ihrem gegen den Änderungsbescheid eingelegten Einspruch machten die Kläger geltend, dass es keine Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs gäbe, um die ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung im Sinne des § 7 g Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG nachzuweisen. In seiner ablehnenden Einspruchsentscheidung vom 10.03.2005 führte der Beklagte folgendes aus: Der Kläger sei der ihm gemäß § 90 Abs. 1 AO obliegenden Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, nicht nachgekommen. Das an den Kläger gerichtete Verlangen, die betriebliche Nutzung des Fahrzeugs nachzuweisen, stütze sich auf § 97 Abs. 2 AO, da der Kläger eine steuerliche Vergünstigung geltend mache. Gleichwohl habe er keinerlei Unterlagen vorgelegt. Der Umfang einer betrieblichen Nutzung ergäbe sich regelmäßig aus einem Fahrtenbuch. Entsprechende Aufzeichnungen hätte der Kläger führen müssen. Aufgrund der insoweit fehlenden Mitwirkung habe das Finanzamt davon ausgehen dürfen, dass eine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung nicht vorgelegen habe. Auch sei davon auszugehen, dass der Kläger die Ermittlung der privaten Fahrzeugnutzung nach der 1% Regelung „sicherlich” nicht in Kauf genommen hätte, wenn er das Fahrzeug ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich nutzen würde.
Mit der Klage vertiefen die Kläger ihr Vorbringen, es sei keine gesetzliche Grundlage ersichtlich, die das Führen eines Fahrtenbuchs vorschreibe, um in den Genuss der Sonderabschreibung gemäß § 7 g EStG zu kommen. Der Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG die Möglichkeiten eröffnet, für Kraftfahrzeuge die 1% Regelung anzuwenden und hiervon eine Ausnahme zugelassen, wenn ein Fahrtenbuch geführt werde. Die 1% Regelung sei hier als grundsätzliche Vorgehensweise normiert worden. Dies gelte unabhängig von der tatsächlichen Nutzung des Fahrzeuges. Eine davon abweichende Regelung für die Sonderabschreibung gemäß § 7 g EStG sei im Gesetz nicht ersichtlich. Eine dahingehende Intension des Gesetzgebers, von der grundsätzlichen Anwendung der 1% Regelung abzuweichen, hätte im Rahmen der Gesetzgebung des § 7 g EStG erfolgen können. Eine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung im Sinne des § 7 g Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG sei von der Rechtsprechung dahingehend konkretisiert worden, dass eine nicht mehr als 10 %tige außerbetriebliche Nutzung vorliegen dürfe. Diese Grenze sei vom Kläger nicht überschritten worden. Der Kläger habe gerade aus praktischen Erwägungen auf die gesetzlich vorgegebene Vereinfachungsregel zurückgegriffen und könne deshalb ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch nicht vorlegen. Der Beklagte hätte in Betracht ziehen müssen, die private Nutzung des Wirtschaftsgutes im Wege der Schätzung zu ermitteln, und den Kläger auffordern müssen, Grundlagen für eine Schätzung anzugeben. Im übrigen könne keinesfalls die ...