Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 bei Erwerb der Beteiligung von der Organtochter kurz vor dem Ausschüttungsstichtag
Leitsatz (redaktionell)
Erwirbt ein Organträger von seinen Organgesellschaften deren gesamte Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft, schüttet die Kapitalgesellschaft den gesamten Gewinn sowie die bestehenden Gewinnrücklagen aus und nimmt der Organträger auf die Beteiligung eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung in gleicher Höhe vor, ist der Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 10 GewStG beim Organträger nicht um die bei den Organgesellschaften realisierten Veräußerungsgewinne zu kürzen.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 2, 2 S. 2, § 8 Nr. 10
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer AG. Gegenstand des Unternehmens ist die Beteiligung an Unternehmen im In- und Ausland.
Im Streitjahr war die Klägerin u.a. unmittelbar und mehrheitlich an der B Lebensversicherung AG (B-AG), der C-Versicherung AG (C-AG), der D-Krankenversicherung AG (D-AG) und der U-Versicherungs-AG (U-AG)
beteiligt.
Die Unternehmen sind Organgesellschaften des gewerbesteuerlichen Organkreises der Klägerin.
Diese Unternehmen waren ihrerseits wieder zu 64,15 v.H. an dem Grundkapital der E-AG beteiligt und zwar
die B-AG zu 41,15 v.H.,
die C-AG zu 13 v.H.,
die D-AG zu 5 v.H. und
die U-AG zu 5 v. H.
Mit Verträgen vom 14./18. und 19.12.1991 erwarb die Klägerin von den Konzerntöchtern B-AG, C-AG, D-AG und U-AG deren gesamten Beteiligungen (= 64,15 v.H. bzw. nominal 19.245.000,– DM) an der E mit Wirkung vom 31.12.1991, 24.00 Uhr zum Kaufpreis von insgesamt 187.000.000,– DM.
Zusätzlich hat die Klägerin zum 06.12.1991 4 v.H. der Anteile am Grundkapital der E von der außerhalb des Konzerns stehenden Schutzgemeinschaft S mit Dividendenberechtigung ab dem 01.01.1991 zum Kaufpreis von 10.160.640,– DM erworben.
Die E hatte vorgesehen – neben dem im Jahre 1991 erwirtschafteten Gewinn – weitere Gewinnrücklagen aus den Vorjahren in Höhe von insgesamt 86.200.000,– DM auszuschütten. Der auf die Klägerin entfallende Gewinnanspruch (64,15 v.H. und 4 v.H. von 150.000.000,– DM zzgl. Körperschaftssteuergutschrift) in Höhe von 159.726.562,50 DM erfaßte die Klägerin in ihrem Jahresabschluß zum 31.12.1991. Dieser Beteiligungsertrag bedingte aber gleichzeitig eine gleich hohe ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf den Buchwert der Anteile an der E.
Durch die Veräußerung ihrer jeweiligen Beteiligungen an der E erzielten die veräußernden Organgesellschaften B-AG, C-AG, D-AG und U-AG insgesamt einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 122.567.083,– DM. Dieser Veräußerungsgewinn unterlag in voller Höhe der Körperschaft- und der Gewerbeertragsteuer.
In der Gewerbesteuererklärung 1991 kürzte die Klägerin den Gewerbeertrag um den Gewinnanspruch aus der E – Beteiligung in Höhe von 159.726.562,– DM gem. § 9 Nr. 2 a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Den Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 10 GewStG setzte sie hierin nicht in Höhe von 159.726.562 DM an, sondern kürzte diesen um die bei den Organgesellschaften realisierten Veräußerungsgewinne aus der E – Beteiligung in Höhe von insgesamt 122.567.083,– DM auf 37.159.479,– DM.
Dem folgte der Beklagte nicht und erließ am 22.2.1993 einen Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991. Darin sind 159.726.562,– DM dem Gewerbeertrag wieder hinzugerechnet worden.
Dieser Bescheid – gegen den sich die Klägerin mit Einspruch wehrte – ist in der Folgezeit noch mehrfach – aus anderen Gründen – geändert worden, zuletzt vor der Einspruchsentscheidung mit Bescheid vom 09.05.1997.
Hiergegen wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG sei nur in Höhe von 37.159.479,– DM (=159.726.562 DM abzüglich 122.567.083,– DM) vorzunehmen. Die von der Klägerin begehrte Kürzung des Gewerbeertrages gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG sei gerechtfertigt, da es andernfalls zu einer Doppelerfassung im Organkreis kommen würde. Die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG zu korrigierende Doppelerfassung trete dadurch ein, dass das auf Seiten der E vorhandene Ertragspotenzial, welches die in Rede stehenden Veräußerungsgewinne ausmache, zugleich, nämlich auch in 1991, der Klägerin in Form von Gewinnausschüttungen buchmäßig zugerechnet worden sei und bereits hierüber den der Klägerin – als Organträger – zuzurechnenden Gewerbeertrag (des Organkreises) gemehrt habe. Dass eine Kürzung des Gewerbeertrages um 122.567.083,00 DM erfolgen müsse, werde deutlich, wenn man Folgendes berücksichtige: Wären die Gewinnrücklagen und das Jahresergebnis 1991 der E zunächst an die Organgesellschaften und von diesen an die Klägerin ausgeschüttet worden und hätten die Organgesellschaften dann ihre bereits um das Ertragspotenzial „entleerten” E-Anteile an die Klägerin veräußert – zu dem entsprechend verringerte...