Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1991
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger, zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute, hatten im Streitjahr (1991) zwei minderjährige Kinder, für die sie den Sockelbetrag von 120 DM Kindergeld erhielten. Der Beklagte (das Finanzamt) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 1991 Kinderfreibeträge in Höhe von 6.048 DM und setzte die Einkommensteuer auf 21.129 DM fest. Der Bescheid erging nach § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) u. a. hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge vorläufig. Der Einspruch, mit dem die Kläger u. a. die Anwendung des sogenannten Familiensplittings begehrten, blieb erfolglos.
Mit der Klage begehren die Kläger weiterhin, aus verfassungsrechtlichen Gründen einen Splittingtarif für die Familie einschließlich der beiden Kinder anzuwenden.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuer für 1991 um 5.000 DM herabzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid entspricht – wie auch die Kläger einräumen – dem Einkommensteuergesetz (EStG). Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG), § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. Gesetz über das BVerfG ist nicht geboten. Der Senat hält die gesetzlichen Vorschriften über den Familienleistungsausgleich für das Streitjahr bei zwei Kindern auch in Fällen, in denen wie im Streitfall nur der Sockelbetrag des Kindergelds von 120 DM gezahlt wird, nicht für verfassungswidrig.
1. Die Klage ist zulässig.
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, daß die Einkommensteuer für 1991 u. a. hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge vorläufig festgesetzt wurde. Soweit dem Senat bekannt ist, war bei Erhebung der Klage die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Familienleistungsausgleichs bei Sachverhalten wie im Streitfall weder beim Bundesfinanzhof (BFH) noch beim BVerfG anhängig und ist es auch heute nicht. Unter diesen Umständen kann es den Klägern nicht verwehrt werden, die Klage mit dem Ziel einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen zu betreiben (vgl. BFH-Beschluß vom 26. Oktober 1994 III B 19/93, BFHE 176, 367, BStBl II 1995, 373).
2. Der Senat hält die maßgebenden gesetzlichen Vorschriften nicht für verfassungswidrig.
a) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber den Familienleistungsausgleich durch Gewährung von Kinderfreibeträgen sowie Kindergeld und nicht durch Einführung eines Familiensplittings gestaltet hat. Dem Gesetzgeber steht Gestaltungsfreiheit bei der Entscheidung darüber zu, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will. Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen lassen sich aus dem Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht herleiten. Dieses geht insbesondere nicht so weit, daß der Staat gehalten wäre, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen (BVerfG-Beschluß vom 29. Mai 1990 1 BvL 20/84, u. a., BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C II. 2. b).
b) Die sich aus Kinderfreibetrag und Sockelbeträgen des Kindergeldes für 1991 bei zwei Kindern ergebende Entlastungswirkung entspricht noch den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Der BFH hat die Verfassungsmäßigkeit des Kinderlastenausgleichs 1991 für Eltern mit zwei Kindern bei ungekürztem Kindergeld im Beschluß vom 28. Juli 1994 III B 22/94 (BFH/NV 1995, 201) bejaht und darauf hingewiesen, daß verfassungsrechtliche Bedenken für 1991 nur bestehen, soweit Steuerpflichtigen nur das auf die sogenannten Sockelbeträge des § 10 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz gekürzte Kindergeld gewährt wird, wie es im Streitfall zutrifft.
Auch für den zuletzt genannten Fall vermag sich der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der maßgebenden gesetzlichen Vorschriften zu überzeugen. Der Senat teilt insoweit nicht die in der Literatur vertretenen Auffassungen (Herden, DStZ 1994, 385; Schmidt/Glanegger, EStG, Kommentar, 14. Auflage, § 32 Rz. 3; Anm. o.V. HFR 1994, 471).
Der Senat läßt sich dabei von folgenden verfassungsrechtlichen Erwägungen leiten:
Bei der Nachprüfung, ob die gesetzlichen Vorschriften über den Familienleistungsausgleich den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen gerecht werden, beschränkt sich das BVerfG auf eine Evidenz-Kontrolle. Wie auch in anderen Fällen, in denen die Erfüllung grundrechtlicher Pflichten des Gesetzgebers von der Beurteilung tatsächlicher Verhältnisse abhängt, kann es die gesetzliche Regelung nur beanstanden, wenn der Gesetzgeber die maßgeblichen Pflichten entweder überhaupt außer acht gelassen oder ihnen offensichtlich nicht genügt hat (BVerfG-Beschluß in BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C III. 4.).
Der Betrag des zur Deckung des verfassungsrechtlichen Existenzminimums minderjähriger Kinder objektiv erford...