Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung von durch Schenkungsvertrag erworbenen GmbH-Anteilen
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Veräußerung von GmbH-Anteilen, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen eines Schenkungsvertrags von einem Dritten zugewendet worden sind, sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 EStG als Anschaffungskosten nicht die historischen Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers zu berücksichtigen, wenn das Gericht zu der Überzeugung kommt, dass mit dem Schenkungsvertrag eine in Wahrheit bestehende entgeltliche Übertragung des GmbH-Anteils verdeckt werden sollte (§ 41 Abs. 2 AO).
2. Als Indiz gegen eine unentgeltliche Zuwendung der GmbH-Anteile, für die der Rechtsvorgänger Anschaffungskosten in Millionenhöhe aufgewendet hatte, ist es anzusehen, wenn die Schenkung der GmbH-Anteile zwischen einander nicht nahestehende Personen im vorliegenden wirtschaftlichen und personellen Umfang in extrem hohen Maße ungewöhnlich wäre und sich nicht mit nachvollziehbaren Gründen erklären lässt und aus dem Verhalten des Steuerpflichtigen der Schluss gezogen werden kann, dass er durch Vorspiegelung falscher Tatsachen den wahren Sachverhalt verschleiern möchte. In diesem Fall ist aufgrund der tatsächlichen Vermutung, dass nicht nahestehende Personen einander Leistungen regelmäßig nicht ohne Gegenleistung erbringen, von einer entgeltlichen Anteilsübertragung auszugehen.
3. Rechtsfolge ist, dass die Zuwendung der GmbH-Anteile beim Steuerpflichtigen als Einkünfte aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG zu behandeln ist und als Anschaffungskosten für die GmbH-Anteile bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 EStG der gemeine Wert der zugewendeten GmbH-Anteile anzusetzen ist.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1-2, § 22 Nr. 3, § 8 Abs. 2 S. 1; AO § 41 Abs. 2; BGB § 516
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger einen Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt hat.
Die Kläger wurden im Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war von bis Vorstandsvorsitzender der X AG und erzielte aus dieser Tätigkeit im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständige Arbeit i.H.v. Darüber hinaus erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen. In der Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger darüber hinaus einen Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 2 EStG i.H.v. 11.038.187,83 EUR. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Mit notariellem Vertrag vom 16. Dezember 2010 wurde dem Kläger von Herrn A ein Geschäftsanteil an der A GmbH im Nennbetrag von 30.000 EUR geschenkt und an ihn abgetreten. A war am Stammkapital der A GmbH i.H.v. 500.000 EUR zunächst mit einem Geschäftsanteil im Nennwert von 445.000 EUR beteiligt (89 %). Der auf den Kläger übergegangene Geschäftsanteil entspricht somit einer Beteiligung i.H.v. 6 %. Nach Übertragung von Geschäftsanteilen an den Kläger und weiteren Personen im Streitjahr war A an der A GmbH mit einem Geschäftsanteil von 366.000 EUR (73,2 %) beteiligt. Die historischen Anschaffungskosten von A für den auf den Kläger übergegangenen Geschäftsanteil betragen unstreitig 11.068.187,83 EUR. Der Kläger errichtete mit notarieller Urkunde vom 7. Dezember 2010 die W GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 EUR, welches der Kläger voll einbezahlt und von ihm allein gehalten wurde. Der Kläger verkaufte und übertrug mit notariell beurkundeten Vertrag vom 20. Dezember 2010 seinen Geschäftsanteil an der A GmbH zu einem Kaufpreis von 30.000 EUR an die W GmbH. Aus der Veräußerung des Geschäftsanteils an die W GmbH ermittelte der Kläger den erklärten Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 2 EStG i.H.v. 11.038.187,83 EUR, indem er vom Veräußerungserlös i.H.v. 30.000 EUR die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers i.H.v. 11.068.187,83 EUR in Abzug brachte.
Nach einer bei den Klägern durchgeführten Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt den geltend gemachten Verlust nach § 17 Abs. 2 EStG im Einkommensteuerbescheid 2010 vom 19. Dezember 2013 nicht an. Dies wurde seitens des Finanzamts damit begründet, dass hinsichtlich des vom Kläger erworbenen Geschäftsanteils an der A GmbH nicht von einer Schenkung seitens A ausgegangen werden könne. Nach den Angaben des steuerlichen Beraters des Klägers habe mit der Übertragung des Geschäftsanteils an der A GmbH durch A die qualifizierte Mitarbeit des Klägers in der verlustträchtigen A GmbH erreicht werden sollen.
Wirtschaftlich betrachtet sei die Übertragung des Anteils nicht unentgeltlich erfolgt, vielmehr habe der Kläger seine Mitarbeit in der A GmbH als Gegenleistung an den Schenker erbringen sollen. Da es sich bei den beteiligten Personen um einander nicht nahestehende Personen handele, gelte die Vermutung der Entgeltlichkeit. Als Wert der Gegenleistung des Klägers könne zumindest der bei der Schenkungsteuer erklärte Wert der Anteile i.H.v. 4.009 EUR an...