rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berufsausbildung bei unzureichenden Lernanstrengungen in einem Fernlehrgang
Leitsatz (redaktionell)
Ein Kind ist nicht in Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG,wenn es sich nicht ernsthaft auf seine Berufsziele vorbereitet. Nimmt ein Kind an einem Fernlehrgang (hier: zur Vorbereitung auf das Abitur) teil, ist von mangelnder Ernsthaftigkeit jedenfalls dann auszugehen, wenn das Kind deutlich weniger als die Hälfte der i. R. d. Regelstudiendauer erforderlichen Aufgaben erledigt. Es kommt weder auf das Vorliegen einer schulischen Mindestorganisation an, noch muss eine Mindeststundenzahl vorliegen.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 S. 2; EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger (Kl) ist der Vater des am ….04.1987 geborenen J. J besuchte zunächst im Jahr 2005 die 11. Klasse des Gymnasiums W. Von 01.08.2005 bis 08.12.2005 besuchte er die 12. Klasse am Gymnasium M. Parallel zur Schulausbildung schloss J im Jahr 2005 die Windsurf-Instruktor Ausbildung erfolgreich ab.
Vom 28.12.2005 bis 03.01.2006 befand sich J wegen chronischer Mandelentzündung in stationärer Behandlung, anschließend wurde J von dem niedergelassenen HNO-Arzt B bis Ende Februar weiterbehandelt. Am 28.11.2006, 12.12.2006 und 19.12.2006 wurde J logopädisch behandelt.
Vom 02.10.2006 bis 04.12.2006 nahm J 10 Abende an einem Gebärdensprachkurs teil.
Im September 2006 begann J beim Institut X mit einem Fernlehrgang zur Vorbereitung auf das Abitur. Der Lehrgang hat eine Regelstudiendauer von 5 Semestern (30 Monate), berechnet auf der Basis einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 – 25 Stunden. Nach Ablauf des Lehrgangs kann die Korrekturleistung für weitere 18 Monate kostenlos, anschließend unbegrenzt gegen Entgelt in Anspruch genommen werden. Dauer und Abstände der Einreichung von Aufgabenlösungen sind nicht vorgeschrieben, sondern liegen im Verantwortungsbereich des Schülers. Zum Abschluss des Fernlehrgangs in der Regelstudiendauer ist die Abgabe von ca. einer Hausaufgabe pro Woche erforderlich. Nach Bestätigung der X vom 10.06.2008 hat J seit Lehrgangsbeginn 22 Aufgaben erfolgreich bearbeitet und zur Korrektur eingesandt. Bei Beibehaltung dieses Arbeitstempos prognostizierte die X mit Schreiben vom 10.07.2008 eine Erreichung des Abiturs in ca. 10 Jahren.
Die laufenden Schulgebühren bezahlte der Kl bis April 2008. Ende November 2007 entschieden sich der Kl und J für einen Abbruch des Fernlehrgangs. Im Dezember 2007 verließ J Deutschland.
Die Beklagte (die Familienkasse – FK –) hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 27.05.2008 ab Januar 2006 auf und forderte das Kindergeld für die Monate Januar 2006 bis November 2007 in Höhe von 3.542 EUR vom Kl zurück. Auf den hiergegen gerichteten Einspruch hob die FK mit Bescheid vom 04.07.2008 den Bescheid vom 27.05.2008 auf. Mit Bescheid vom 24.09.2008 hob die FK die Kindergeldfestsetzung erneut ab Januar 2006 auf und forderte das Kindergeld von Januar 2006 bis November 2007 in Höhe von 3.542 EUR vom Kl zurück. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 04.06.2009 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Der Kindergeldanspruch bestehe, weil J im Zeitraum Januar 2006 bis November 2007 seinen schulischen Verpflichtungen aufgrund einer chronische Erkrankung nur bedingt habe nachkommen können. Die im November 2005 durchgeführte Operation habe nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Deshalb sei eine erneute Behandlung durch den HNO-Arzt B und Ende 2006 durch den weiteren HNO-Arzt K erforderlich gewesen. Die körperlichen Beschwerden hätten J auch psychisch stark belastet. Die schulischen Probleme des J seien dem Kl erst im November 2007 durch die Nachfragen der FK erkennbar geworden. Die psychischen Probleme hätten sich verschlimmert, nachdem J im Dezember 2007 Deutschland verlassen habe. U.a. sei es in X-Land zu einem – von J bestrittenen – Selbstmordversuch gekommen. Die ab September 2005 aufgetretenen Verhaltensänderungen seien als erste Symptome einer jugendlichen Schizophrenie zu werten. Schließlich sei das Kindergeld auch bereits verbraucht.
Der Kl beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 24.09.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.06.2009 insoweit aufzuheben, als hierin die Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar 2006 bis November 2007 aufgehoben und das Kindergeld in Höhe von 3.542 EUR zurückgefordert wurde.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen darauf, dass die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht belegten, in welchem Zeitraum J nicht in der Lage gewesen sei, eine Ausbildung zu absolvieren bzw. ab wann eine Ausbildung wieder aufgenommen werden konnte. Die Teilnahme am X-Lehrgang sei nicht als Ausbildung zu werten, da sie nic...