Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustrealisierung bei Einziehung eines GmbH-Anteils. Abzugsfähigkeit nachträglicher Aufwendungen im Anwendungsbereich des § 17 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Für den kündigenden Gesellschafter, dessen Anteil gemäß § 34 GmbHG eingezogen wird, wird die Einziehung mit Zugang der Einziehungserklärung wirksam. Ein möglicher Verlust nach § 17 EStG wäre somit in diesem Veranlagungszeitraum entstanden und anzusetzen.
2. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob § 24 Nr. 2 EStG bei nachträglichen Aufwendungen im Anwendungsbereich des § 17 EStG von der besonderen Regelung zur Gewinnermittlung in § 17 Abs. 2 EStG verdrängt wird.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1-2, 4, §§ 9, 24 Nr. 2; GmbHG §§ 30-31, 43
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten darum, ob sich im Streitjahr 2008 ein Verlust nach § 17 EStG realisierte sowie ob damit zusammenhängend bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nachträgliche Werbungskosten angefallen sind.
Die Klägerin hatte im Jahr 1988 an der … GmbH (GmbH) einen Anteil von 50 % des Stammkapitals (50.000 DM, d.h. 25.000 DM) zum Kaufpreis von 53.400 DM erworben. Ihr damaliger Ehemann verfügte ebenfalls über einen Anteil von 50 %. In der Folgezeit (1998) fand eine Kapitalerhöhung auf 250.000 DM statt. Die Klägerin übernahm dabei neben ihrem damaligen Ehemann eine zusätzliche Stammeinlage von 100.000 DM. Die Kapitalerhöhung finanzierte die Klägerin aus dem Erlös eines Hausverkaufes. Die Klägerin war bis 22. Dezember 2000 (Amtsniederlegung) auch Geschäftsführerin der GmbH. Die Ehe der Klägerin wurde am 20. November 2003 geschieden. Im Scheidungsurteil vom selben Tag (Az.: …) wurde im Rahmen der Ermittlung des Versorgungsausgleichs der 31. Juli 2000 als Ende der Ehezeit zugrunde gelegt.
Nach Kündigung der Gesellschaft zum 31. Dezember 2002 durch die Klägerin wurde im März 2004 durch Gesellschafterbeschluss der Geschäftsanteil der Klägerin an der GmbH mit Wirkung auf den 31.12.2002 eingezogen (Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 31. März 2004). In der Folgezeit machte die GmbH Rückforderungsansprüche nach §§ 30, 31, 43 GmbHG (Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften) gegenüber der Klägerin geltend. Diese Klage hatte Erfolg (Urteil des Landgerichts …). Die Klägerin wurde im Jahr 2007 zur Zahlung von 165.993,48 EUR zuzüglich Zinsen seit 6. September 2004 verurteilt. Das Gericht behandelte nicht nur die Zahlungen auf Konten der Klägerin am 20. Juli 1999 und 1. Dezember 2000, sondern auch die Tilgung von Bankverbindlichkeiten der GmbH am 21. Dezember 2000, durch die die Klägerin von ihren Verpflichtungen aus Sicherungsgrundschulden befreit wurde, als verbotene Einlagenrückgewähr. Die hiergegen eingelegte Berufung wurde im Jahr 2008 zurückgewiesen (Beschluss des Oberlandesgerichts …).
Die Klägerin gab im Juni 2010 ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 ab. Auf dem Erklärungsvordruck war das Feld „Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags” nicht angekreuzt. Gegen den daraufhin ergangenen Einkommensteuerbescheid legte die Klägerin Einspruch ein, dem mit Bescheid vom 4. August 2010 abgeholfen wurde. Hiergegen legte die Klägerin erneut Einspruch ein und machte erstmals einen noch nicht endgültig bezifferbaren Verlust nach § 17 EStG geltend. In diesem Zusammenhang begehrte sie ferner die Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks. Mit Einspruchsentscheidung vom 23. Januar 2013 wurde der Einspruch, der nicht weiter begründet wurde, als unbegründet zurückgewiesen.
Im Laufe des Klageverfahren machte die Klägerin durch die Gerichtsverfahren verursachte Rechts- und Beratungskosten (14.763,10 EUR) sowie Darlehenszinsen/Gebühren (1.091,31 EUR) und Geldbeschaffungskosten (697,68 EUR), da zur Finanzierung der Rückzahlungsverpflichtungen Darlehen aufgenommen werden mussten, bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten geltend. Auch die aus den gerichtlichen Entscheidungen resultierenden Prozesszinsen (49.965,80 EUR) begehrt sie als Werbungskosten im Zusammenhang mit § 20 EStG anzusetzen.
Die Klägerin macht geltend, dass eine Verlustrealisierung frühestens mit der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Einziehung des GmbH-Anteils erfolgen könne. Eine spätere Realisierung sei nach der Rechtsprechung des BFH aber nicht ausgeschlossen. Vorliegend sei der tatsächliche Verlust erst im Jahr 2008 nach jahrelangem Rechtsstreit entstanden. Erst zu diesem Zeitpunkt habe die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten festgestanden. Die Schuldzinsen seien als nachträgliche Werbungskosten zu berücksichtigen, da ein Veräußerungserlös nicht zur Tilgung des bei Anschaffung der Beteiligung aufgenommenen Darlehens ausgereicht habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 4. August 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2013 einen Verlust nach § 17 EStG i.H.v. 259.098 EUR und weitere Werbungskost...